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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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deshalb habe ich es nicht über mich gebracht, sie liegen zu lassen … Sag es ihm.«
    Der Mann atmete tief durch, dann sah er Adam unverwandt an. »Mein Name ist Joß Fritz, und das hier ist Friedrich Berbaum. Ja, wir sind Anhänger des Bundschuhs. Unsere Versammlung ist verraten worden, Truppen des Bischofs haben uns überfallen. Einige unserer Männer wurden niedergemetzelt, viele gefangen genommen. Wir gehören zu den wenigen, die entkommen konnten.«
    Bruckner warf dem Fremden die Fahne vor die Füße. »Ihr wisst hoffentlich, in welche Gefahr Ihr uns bringt! Schwere Strafen drohen all jenen, die Aufständische beherbergen.«
    »Ich hätte gewiss nicht an Eure Tür geklopft, wenn es mir die Not nicht befohlen hätte«, antwortete Fritz flehend. »Ihr hättet doch sicher auch keinen Freund zurückgelassen, wenn er schwer verletzt gewesen wäre.«
    »Das ist etwas anderes! Immerhin gehöre ich nicht zu denjenigen, die sich gegen den Bischof auflehnen.« Adam presste die Lippen zusammen. Aus dem Zorn in seiner Brust wurde Angst. »Warum seid Ihr gerade hierhergekommen? Ihr wisst doch wohl, dass Udenheim die Residenzstadt des Speyerer Bischofs ist.«
    »Ja, das wusste ich. Aber es war unserem Treffpunkt am nächsten. Und wo versteckt man sich besser als im Schatten des Wolfes?«
    Bruckner hatte keinen Sinn für solche Redensarten. Sein Herz raste voll Panik. »Ihr hättet gefasst werden können!«
    »Es gibt gewisse Wege in die Stadt«, entgegnete Joß. »Außerdem wissen die Wächter nicht, wer wir sind. Niemand kennt unsere Gesichter, wir sind nur Namen für die Fürsten. In unseren Kleidern wirken wir wie jeder andere Bauer auch.«
    »Und Euer Freund? Er ist sichtbar verletzt.«
    »Ich habe den Wächtern erzählt, dass er von einem Wolf angefallen worden sei. Dabei habe ich mich noch nicht einmal versündigt, denn der Adel ist ein Wolf mit vielen Köpfen. Und ihr Oberhaupt, die schwarze Krähe …«
    Der Knopfmacher brachte ihn mit einer unwirschen Handbewegung zum Schweigen. »Genug! Schwingt solche Reden gefälligst nicht in meinem Haus! Wie leicht trägt der Wind Worte aus dem Fenster und durch die Gassen. Wir haben Euch aufgenommen, wie es Christenpflicht ist, dafür tut uns den Gefallen und schweigt.«
    »Aber seht Ihr denn nicht, dass es Unrecht ist, was die Obrigkeit mit den Bauern tut?«, hob Fritz erneut an. »Sie pressen ihnen das Mark aus den Knochen, nehmen ihnen alles, was sie besitzen.«
    »Schweigt!«, fuhr Bruckner ihn an. »Kümmert Euch lieber um Euren Freund. Meine Tochter müsste mit der Arznei bald zurück sein. Sobald es ihm bessergeht, werdet ihr auf der Stelle verschwinden.« Damit wandte er sich um und kehrte zur Stiege zurück.
    Dort blickte er in das besorgte Gesicht seiner Frau. Sie hatte alles mit angehört. »Es sind also Aufständische«, flüsterte sie, als er wieder unten war.
    Adam zog Marie mit sich in die Schlafkammer und verschloss die Tür. »Sie gehören dem Bundschuh an.«
    »Jenen Männern, nach denen der Bischof suchen lässt?« Marie wurde schneeweiß im Gesicht. »Wir müssen sie wegschicken.«
    »Mitten in der Nacht? Mit einem Verletzten?«
    »Wenn die Soldaten des Bischofs sie hier finden, werden wir unseres Lebens nicht mehr froh.«
    »Trotzdem wäre es unchristlich, sie zu dieser Stunde wegzuschicken.«
    »Dann solltest du sie melden. Jedem, der einen Aufständischen meldet, wird Straffreiheit gewährt.«
    Adam zögerte. Wegschicken war eine Sache, jemanden verraten eine andere.
    »Ich werde sie nicht dem Henker ausliefern«, sagte er schließlich. »Mag die Obrigkeit es sehen, wie sie will, die beiden Männer dort oben haben nichts anderes getan, als nach Gerechtigkeit zu streben.«
    Marie starrte ihren Mann entsetzt an. »Haben sie dich mit ihren Ideen etwa schon angesteckt?« Adam presste die Lippen zusammen, worauf seine Frau die Hand vor den Mund schlug. »Du siehst es also ebenso wie sie?«
    »Ich sehe es so, dass kein Mensch hungern sollte. Wir in der Stadt wissen doch gar nichts von der Not der Bauern da draußen.«
    »Dir sind also die Ideen von Aufständischen lieber als das Leben deiner Familie!«
    Adam schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Trotzdem werde ich diese Männer nicht anzeigen. Ich bin kein Judas!«
    Damit wandte er sich um und verließ die Schlafkammer.

4. Kapitel
    So schnell sie konnte, lief Melisande durch die Straßen Udenheims. Nur noch wenige Fenster waren beleuchtet, denn Kerzen waren teuer. Die meisten Menschen gingen zu Bett,

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