Die Knopfmacherin
unten. Marie, die schon zuvor in die Küche zurückgekehrt war, stellte ihm gerade eine Schüssel Wasser hin, damit er sich die Hände säubern konnte.
Bedauernd blickte Adam auf das Festmahl, das mittlerweile kalt geworden war. Dass der glückliche Abend eine derartige Wendung nehmen würde, hatte er nicht vorhersehen können. Vielleicht konnte Marie einiges davon morgen noch einmal aufwärmen.
»Ist Melisande schon losgelaufen?«, fragte er, worauf seine Frau nickte.
»Wahrscheinlich wird es eine Weile dauern, bis der Apotheker das Mittel bereitet hat.«
»Ich hätte besser allein gehen sollen«, sinnierte Adam, während er die Hemdsärmel aufkrempelte.
»Glaubst du etwa, du könntest ihn schneller überreden?«
»Nein, aber wer weiß, wer sich noch so alles in der Stadt herumtreibt.«
»Willst du damit sagen, die Männer haben nicht die Wahrheit gesprochen?«, fragte sie, während sie ein paar Holzscheite in die Esse warf und dann begann, den Tisch abzuräumen.
»Nach allem, was ich weiß, könnte ihre Geschichte stimmen. Es gibt zahlreiches Gesindel in den Wäldern. Meister Fassbender hat von Aufständischen gesprochen, die die Gegend unsicher machen.«
»Aber die überfallen doch keine harmlosen Wanderer!« Im nächsten Augenblick presste Marie die Lippen zusammen.
Adam zog verwundert die Augenbrauen hoch. »Woher weißt du von diesen Männern?«
»Auf dem Marktplatz wird viel geredet. Die Bauern, die dort ihre Ware feilbieten, sind sich uneins, wie sie zu den Aufständischen stehen sollen. Die einen halten deren Tun für Gotteslästerung, andere wiederum meinen, dass es rechtens sei, gegen die Geistlichen und den Adel vorzugehen, die sie mit Abgaben über Gebühr belasten.«
Adam erbleichte. »Ich hoffe, du hast nichts dazu gesagt!«
Marie schüttelte den Kopf. »Keine Sorge, ich weiß um das Verbot des Bischofs, Aufständischen zu helfen. Dennoch habe ich genau hingehört, und wenn du mich fragst, finde ich, dass das Volk nicht so sehr ausgeblutet werden sollte.«
Adam, der die Hände schon im Wasser hatte, bekreuzigte sich hastig. Wasserflecken breiteten sich auf seinem Hemd aus. »So etwas solltest du nicht mal hier laut sagen.«
»Warum denn nicht? Habe ich vor dem Altar etwa nicht geschworen, alles mit dir zu teilen, Adam? Warum sollte ich aus meinem Herzen eine Mördergrube machen?«
Beschämt senkte der Knopfmacher den Kopf und wusch sich das Blut von den Händen. Sie hat ja recht, dachte er und beobachtete, wie sich die Schlieren im Wasser auflösten. Kein Mensch sollte Hunger leiden, wenn er mit ehrlicher Arbeit sein Brot verdient.
Während Marie die Reste des Mahls in die Speisekammer brachte, trocknete sich Adam die Hände ab. Dabei fiel sein Blick auf das Wams, das am Boden lag. Ich sollte es den beiden Männern nach oben bringen.
Als er es aufhob, fiel ihm ein Stück Stoff entgegen. Es handelte sich um einen schlecht blau gefärbten Wimpel, auf den ungelenk ein Bundschuh aufgestickt war.
War es möglich? Schockiert ließ er sich auf einen Schemel sinken, während er die Fahne betrachtete. Sein Magen krampfte sich zusammen. Offenbar hatten sie mit dem Gerede über die Aufständischen den Teufel in ihr Haus geholt. Zunächst wollte Adam nach seiner Frau rufen, doch dann besann er sich anders.
Wütend erhob er sich, griff nach der Fahne und stieg dann die Leiter zum Dachboden hinauf.
Im Kerzenschein saß der Fremde neben dem Lager seines Freundes und tupfte ihm die Stirn ab. Als Bruckner in der Luke erschien, zuckte er kurz zusammen. »Ihr seid es, Meister.«
Adam blickte ihn mit ernster Miene an und zeigte ihm dann das Fahnentuch. »Das hier scheinen Euch die Räuber nicht abgenommen zu haben.«
Jensen erbleichte. Verwirrt blickte er zu seinem Kameraden, der den Knopfmacher aus glasigen Augen musterte.
»Ich glaube, Ihr habt mir was zu erklären«, setzte Adam mit anschwellender Stirnader hinzu. Es kostete ihn große Mühe, seinen Zorn im Zaum zu halten und nicht so laut zu schimpfen, dass es die Nachbarn aus dem Bett riss.
»Bitte versteht mich …«
»Was soll ich verstehen? Dass Ihr mich belogen habt?« Bruckner riss die Fahne hoch. »Wer seid Ihr wirklich? Und wie seid Ihr hierzu gekommen?«
Jensen presste die trockenen Lippen zusammen, sah dann erneut zu seinem Freund hinüber.
Der schien genau zu wissen, was er sagen wollte. »Bitte verzeih, ich hätte sie nicht mitnehmen sollen«, flüsterte er mit klappernden Zähnen. »Mir war klar, wie viel dir daran liegt,
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