Die Knopfmacherin
nur meine Wunde an. Ich werde Euch auf der Streckbank nicht von Nutzen sein.«
Der Anführer malmte kurz mit den Backenzähnen, dann zog er sein Messer. »Du magst recht haben. Deshalb werden wir uns auch nicht weiter mit dir abschleppen.«
Blitzschnell stieß er dem Mann die Klinge in die Brust.
5. Kapitel
Nie zuvor hatte Joß Fritz derart große Angst verspürt. Die Nähe der Soldaten erschien ihm wie das geifernde Maul eines tollwütigen Hundes, das jeden Augenblick zuschnappen konnte. In diesem Augenblick erinnerte er sich an seine Kinderzeit, in der er solch einem Tier um Haaresbreite entgangen war. Wie damals meinte er, den Atem seines Verfolgers an den Waden zu spüren.
Doch was ihm nun drohte, war weitaus gefährlicher.
In den vergangenen Monaten hatte er stets höchste Vorsicht walten lassen, nie war ihm entgangen, wenn seine Häscher näher kamen. Und nun überraschten sie ihn zum zweiten Mal.
Die Frage, wie die Bischofsleute sie im Haus des Knopfmachers hatten aufspüren können, marterte ihn, während er sich aus dem Strohhaufen wühlte, in den er von der Dachbodenluke aus gesprungen war.
Welcher Teufel hat ihnen gesagt, dass wir gerade hier sind?
Joß blickte zu den Nachbarhäusern hinüber, deren Fensterläden allesamt geschlossen waren. Einer von ihnen war es, mutmaßte er. Sie haben hinter den Fenstern gelauert und dem Bischof Bescheid gegeben.
Zeit, um darüber nachzudenken, hatte er aber nicht. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass keiner der Soldaten draußen Wache hielt, hastete er über den Hof. Sein Herz raste und nahm ihm beinahe den Atem. Außerdem biss ihn das schlechte Gewissen. Andere für sich selbst büßen zu lassen, war eine Sünde. Wenn die Soldaten Friedrich fanden, würden sie ihm sicher den Garaus machen.
Dennoch hatte er nicht vor, sich zu stellen. All das, wofür wir in den vergangenen Wochen gekämpft haben, wäre vergebens, überlegte er. Vielleicht lassen sie den Knopfmacher und seine Familie in Frieden, wenn sie erst mal eingesehen haben, dass ich nicht da bin.
Rasch versteckte er sich im Schatten neben einer Hausecke und spähte dann hinüber zu den Pferden. Eines von denen würde mich in Windeseile nach Bruchsal bringen, mutmaßte er weiter. Meine Verbündeten dort wissen noch nichts von dem Angriff. Sie werden mir sicher Asyl gewähren.
Trotzdem hielt ihn etwas zurück. Wenn ich eines der Pferde stehle, werden sie wissen, dass ich hier war, folgerte er. Und um diese Uhrzeit komme ich nicht durchs Tor. Ich muss mir also ein Versteck suchen, in dem ich den Anbruch des Morgens abwarten kann.
Nachdem er sich kurz umgesehen hatte, verließ er sein Versteck wieder und kletterte über den Zaun an der Rückseite des Hauses. Von dort aus huschte er in eine schlecht beleuchtete Gasse.
Ein Schrei gellte hinter ihm, und Joß zuckte zusammen. Er wusste, was das bedeutete.
Gott, bitte vergib mir, dass ich diese armen Menschen in Gefahr gebracht habe, flehte er leise, während er weiter in Richtung Kirchhof lief. Vergib mir auch, dass ich meinen Kameraden im Stich gelassen habe.
Als die Reiter kamen, hatte Friedrich von ihm gefordert, dass er fliehen sollte. Diesmal hatte er sich nicht geweigert. Ich werde dich rächen, mein Freund, sagte er zu sich. Eines Tages werden wir die Pfaffen und den Adel vertreiben und dafür sorgen, dass es den Menschen wieder bessergeht.
Nun blieb ihm allerdings nichts anderes übrig, als sich in eine Nische an der Kirchenmauer zu verkriechen. Im Gotteshaus selbst Asyl zu suchen, wagte er nicht. In seinem Versteck machte er sich so klein, wie es nur ging, während er gleichzeitig die Straße vor der Kirche so gut wie möglich im Auge behielt.
Nachdem seine Soldaten noch einmal gründlich das Haus abgesucht hatten – für den Fall, dass Berbaum log –, war der Anführer drauf und dran, die Geduld zu verlieren. Natürlich konnten seine Männer nicht fliegen, doch der Gedanke, dass Joß ihm knapp entkommen würde, machte ihn wahnsinnig.
Er überlegte. Offenbar wussten die Frau und ihr Mann wirklich nicht, dass sie Joß Fritz Einlass gewährt hatten. Der Knopfmacher hätte nicht sterben müssen, wenn er sie mir gleich ausgeliefert hätte, dachte er. Wegen des Mordes an ihrem Mann würde die Frau ihn verantwortlich machen können. Der Graf hatte ihnen zwar befohlen, mit Härte gegen jene vorzugehen, die sich an dem Aufstand beteiligten. Aber was, wenn es nun genau so war, wie der Mann behauptete?
»Tötet sie!«, sagte er zu den
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