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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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Häschern, die daraufhin ein Messer zogen.
    Maries Schrei ebbte ab, als die Klinge durch ihre Kehle fuhr. Röchelnd sank sie zu Boden.
    »Was ist mit dem Mädchen?«, wollte einer der Vermummten wissen. »Wir könnten sie doch …«
    »Ihr werdet gar nichts mit ihr tun!«, fauchte der Anführer ihn an. »Wir nehmen sie mit, und unterwegs überlege ich mir, was wir mit ihr tun. So lange werdet ihr eure Pfoten von ihr lassen, habt ihr verstanden?«
    »Ja, Hauptmann«, antwortete der Soldat widerwillig, dann neigte er den Kopf.
    »Holt das Mädchen und lasst uns verschwinden«, beschloss der Anführer, nachdem er noch einmal auf die Leichen des Mannes und der Frau geblickt hatte.
    »Was ist mit den anderen?«
    »Wir werden uns mit ihnen in der Stadt zusammenschließen. Vielleicht haben sie den Aufrührer ja bereits.«
    Damit wandte er sich um und verließ das Haus.
    Melisande war nur noch wenige Gassen von ihrem Elternhaus entfernt, als vor ihr Hufschlag ertönte. Hin und wieder kam es vor, dass zu dieser Stunde noch Reiter in der Stadt unterwegs waren. Aber diese Männer schienen es besonders eilig zu haben. Während sie ihren Weg fortsetzte, ohne weiter über den Grund nachzudenken, tauchten die Männer plötzlich vor ihr auf. Das Mädchen erstarrte, als es die vermummten Gestalten erblickte. Um in den nächstbesten Schatten zu flüchten, hatte sie keine Zeit mehr.
    Kurz vor ihr brachten die Reiter ihre Pferde zum Stehen. Eines der Tiere bäumte sich auf und verfehlte nur knapp Melisandes Kopf. Panik überflutete sie wie eine Welle. Alles in ihr schrie, dass sie fliehen sollte, aber sie war wie gelähmt.
    »He, Mädchen!«, rief einer der Männer auch schon. »Hast du einen Mann hier vorbeikommen sehen?«
    Sie schüttelte verängstigt den Kopf.
    Der Reiter stieß einen ärgerlichen Laut aus, dann preschten die drei davon. Melisandes Herz raste. Wen könnten die Vermummten suchen?
    Auf einmal brannte es in ihrem Innern. Waren das eben vielleicht die Räuber, von denen der blonde Mann gesprochen hatte?
    Wie von einem Peitschenhieb getroffen rannte sie los. Im Takt ihrer Schritte kreisten die Gedanken in ihrem Kopf. Was, wenn die Männer nicht die Wahrheit gesagt hatten? Wenn sie Verbrecher waren, die von der Obrigkeit gesucht wurden? Ich muss Vater unbedingt Bescheid sagen, dachte sie besorgt.
    Kurz vor ihrem Elternhaus blieb Melisande stehen. Vier Pferde standen davor. Waren das weitere Vermummte? Was wollten diese Männer gerade hier?
    Melisandes Beunruhigung wuchs.
    Etwas stimmte da nicht.
    Anstatt zum Haus zu laufen, zog sich das Mädchen hinter das Nachbarhaus zurück. Mit rasendem Herzen spähte sie um die Ecke. In ihren Eingeweiden brannte es noch schlimmer als zuvor.
    Ich sollte nachsehen, was los ist, ging es ihr durch den Kopf. Aber sie konnte sich nicht von der Stelle rühren. Es war wie damals, als sie am Rand des vereisten Sees gestanden hatte, auf dem ihr Vater einzubrechen drohte. »Bleib da! Komm nicht näher!«, hatte er damals gerufen, und Melisande war nichts anderes übriggeblieben, als für seine unbeschadete Rückkehr zu beten. Damals hatte das Eis unter seinen Füßen gerade noch gehalten …
    Ein Schrei gellte aus dem Haus.
    Alina!
    Melisande stürmte hinter der Hausecke hervor. Just in dem Augenblick kamen ein paar schwarzgekleidete Männer aus dem Haus. Einer von ihnen trug ihre Schwester über der Schulter. Obwohl sie zappelte und um sich trat, warf der Häscher sie über den Rücken eines der Pferde.
    »Bindet sie fest, damit wir sie unterwegs nicht verlieren«, rief einer, worauf die anderen in Gelächter ausbrachen.
    Ich muss ihr helfen! Melisande sah sich verzweifelt nach einer Waffe um, die sie gegen die Männer einsetzen konnte. Doch es gab weit und breit keine Forke oder einen Dreschflegel. Warum helfen die Nachbarn Alina nicht?, fragte sie sich, während ihr das Weinen und Flehen ihrer Schwester fast die Seele zerriss. Als sie sich endlich von ihrem Platz losreißen konnte, war es zu spät. Die Reiter preschten mit ihrer Beute in die Nacht davon.
    Melisande stolperte und fiel in den Dreck. Der Salbentiegel zerbrach.
    »Alina!«, rief sie in die Dunkelheit, obwohl ihre Schwester es nicht mehr hören konnte. Als das Hufgetrappel verklungen war, rappelte sie sich auf und schleppte sich zur Tür. Obwohl grausame Gewissheit sie erfasste, rief sie »Vater? Mutter? Alina!«, als sie durch die Haustür stürmte.
    Niemand antwortete. Nicht einmal das Feuer prasselte mehr im Kamin. Nur ein

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