Die Knopfmacherin
drückte. »Ich werde dich in meine Gebete einschließen.«
»Habt Dank, Frau Meisterin. Einen guten Tag wünsche ich Euch!«
Während Melisande die vertrauten Straßen von Udenheim durchquerte, krallte sich Wehmut um ihr Herz. Noch vor wenigen Tagen hatte sie geglaubt, dass es immer so weitergehen würde. Dass sich ihr Leben nie ändern würde. Ein Moment, eine falsche Entscheidung hatte gereicht, um ihr Leben völlig aus den Angeln zu heben.
Als Hufgetrappel die Straße hinauf ertönte, blieb Melisande unwillkürlich stehen. Wieder hatte sie vor sich, wie Alina entführt wurde, und ihr wurde angst und bange. Doch dann erkannte sie, dass die Reiter blaue und grüne Wämser trugen. Vermutlich handelte es sich um die Eskorte eines Kaufmanns, der in die Stadt gekommen war.
»He, Mädchen, steh hier nicht rum und halt Maulaffen feil!«, schnarrte eine Stimme hinter ihr.
Melisande fuhr herum. Ein Lastträger mit einem schweren Korb auf dem Rücken starrte sie grimmig an.
»Verzeiht«, sagte sie und trat zurück.
Der Mann brummte etwas, das sie nicht verstand, dann stapfte er an ihr vorbei. Die Reiter waren mittlerweile an ihr vorüber.
Ein Pferd, dachte sie. Wie schön wäre es, ein Pferd zu haben. Doch den Gedanken verwarf sie sogleich wieder und stapfte in Richtung Stadttor.
Normalerweise drängten sich um die Zeit die Reisenden und Fuhrwerke durch das enge Geviert, doch an diesem Morgen war noch alles ruhig. Nachdem sie ein letztes Mal auf den Kirchturm der Stadt zurückgeblickt hatte, durchschritt sie das Tor. Die beiden Wächter nahmen ebenso wenig Notiz von ihr wie der Lenker des Wagens, der ihr entgegenkam.
Vielleicht finde ich unterwegs ein Fuhrwerk, das mich mitnimmt?, dachte sie, dann schob sie das Bündel auf der Schulter zurecht und folgte dem Weg in Richtung Norden.
Heller Sonnenschein fiel auf Straßburg, als die Kutsche durch die Straßen ratterte. Tauben flatterten gurrend über die Dächer hinweg, während Schweine quiekend das Weite suchten. Überall blieben Leute stehen und blickten dem Gefährt nach. Von dessen Insassen sahen sie nicht viel, denn die Vorhänge vor den Fenstern waren zugezogen.
Lux Rapp beobachtete träge, wie der Staub in den Lichtstrahlen flirrte, die dennoch in die Kutsche drangen. Nach drei Tagen Ruhe und Reise fühlte er sich schon etwas besser. Der Bischof hatte ihn gut umsorgen und seine Wunden verbinden lassen. Auch neue Kleider hatte er erhalten, damit er vor den kaiserlichen Räten einen guten Eindruck machte. Der Begleiter des Grafen von Lichtenfels war ihm seither nicht von der Seite gewichen. Mittlerweile wusste Rapp, dass sein Begleiter den Namen Maximilian Rächer trug. Einst war der Mann ein Soldat wie er selbst gewesen, doch der Graf hatte erkannt, dass sein Verstand der Kraft seines Schwertarms in nichts nachstand. Also hatte er ihn zu seiner rechten Hand gemacht.
Während der Reise hatte Lux darüber nachgedacht, ob ihm die Flucht gelingen könnte, doch immer dann, wenn er Rächer ins Gesicht blickte, wusste er, dass er nicht weit kommen würde.
Was erwartete ihn hier?
Ihm kamen wieder die Worte des Kirchenfürsten in den Sinn. Wenn wir von deiner Aussage überzeugt sind …
Was wollten sie von ihm hören? Er konnte ihnen zwar den Anführer beschreiben, aber von den Namen hatte er zu wenig mitbekommen.
»Wann werde ich den Richtern vorgeführt?«, fragte er, während Wachen auf den noch fahrenden Wagen zueilten, um den Kutschenschlag zu öffnen.
»Ihr werdet nicht den Richtern vorgeführt«, entgegnete Rächer. »Ihr sollt lediglich gegenüber den kaiserlichen Räten aussagen.«
»Warum hier und nicht in Speyer?«
»Unser Bischof ist sehr gut mit dem Bischof von Straßburg bekannt. Dort soll es ebenfalls zu Aufruhr gekommen sein, es geht die Rede, dass Joß Fritz ebenfalls der Urheber ist. Ihr könnt verstehen, dass der Bischof großes Interesse daran hat, zu erfahren, wie der Mann aussieht, der ihm so viel Kummer bereitet.«
Dann stoppte der Wagen. Stimmen wurden laut. Der Landsknecht schreckte aus seinen Gedanken hoch. Im nächsten Augenblick wurde die Tür aufgerissen und Licht flutete den schweren dunklen Wagen. Zwei Soldaten bauten sich vor ihm auf.
»Nun denn, auf die Beine!«, sagte Rächer. »Je eher Ihr hier fertig seid, desto eher können wir unsere Arbeit fortsetzen.«
Und was passiert dann mit mir?, fragte sich Lux Rapp, während er aus der Kutsche stieg. Seine Gliedmaßen schmerzten vom reglosen Herumsitzen schlimmer als nach der
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