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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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weideten, drehten die Köpfe kurz nach ihr um, steckten die Mäuler aber gleich wieder ins Gras.
    Schließlich erreichte Melisande den Rhein. Auf den brackigen Fluten hüpften zahlreiche Lichtpunkte, als die Sonne durch die Wolken brach. Ein Lastkahn trieb flussabwärts auf dem breiten Strom.
    Melisande erinnerte sich noch gut an das letzte Mal, als sie mit ihrem Vater nach Speyer gereist war, um dort Materialien für die Knöpfe einzukaufen. Die Anlegestelle musste hier irgendwo sein.
    Sie beschirmte die Augen mit der Hand und entdeckte schließlich den Steg.
    Was für ein Glück!, dachte sie, als sie das Floß auf dieser Seite des Flusses entdeckte. Rasch eilte sie durch das Gras zum Flößerhaus. Davor saß der Fährmann und reparierte gerade ein paar morsche Seile. Als er die Schritte des Mädchens vernahm, hielt er inne und wandte sich um.
    Mit seinem schwarzen Haar, dem schwarzen Vollbart und der gebräunten Haut wirkte er wie ein Maure. Melisande hatte vor einiger Zeit einen Händler belauscht, der von diesen Menschen berichtet hatte. Einen großen Teil Spaniens sollten sie eingenommen und über lange Zeit beherrscht haben, bevor sie von den Kastiliern besiegt und vertrieben worden waren.
    Melisande hatte keine Ahnung, wo Spanien lag und was Kastilier waren, aber die Geschichte hatte sie beeindruckt.
    Vor dem Flößer hatte sie beinahe etwas Angst, obwohl er keinen Krummsäbel an der Seite trug und es nicht das erste Mal war, dass sie ihm begegnete.
    »Gott zum Gruße!«, rief sie ihm zaghaft zu.
    »Gott zum Gruße! Wenn das nicht die Tochter des Knopfmachers Bruckner ist. Was führt dich her, Mädchen?« Offenbar erinnerte er sich noch an sie.
    »Ich … ich wollte Euch bitten, mich überzusetzen.«
    »Ist dein Vater auch in der Nähe?«
    Melisande schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin allein.«
    »Bist doch wohl nicht ausgerissen, oder? Siehst so aus, als wolltest du möglichst weit weg von Udenheim.«
    »Ich versichere Euch, dass ich nicht ausgerissen bin.« Melisande senkte verlegen den Kopf.
    Der Fährmann musterte sie eine Weile, dann sagte er: »Kannst du das Übersetzen denn bezahlen?«
    »Ja sicher. Ich habe ein paar Taler.«
    »Gut, dann steig auf. Ich mache die Leinen los.«
    Das Schaukeln des Floßes ließ Melisandes Magen kribbeln. Ein wenig ängstlich blickte sie auf den breiten Fluss, der recht schnell an der Anlegestelle vorbeifloss. Da sie nicht über den Rand des Floßes geworfen werden wollte, kniete sie sich auf die grob behauenen Bohlen. Dass dabei ihre Knie nass wurden, war ihr lieber, als auf dem schaukelnden Floß balancieren zu müssen.
    Der Fährmann lächelte über ihre Vorsicht, dann trat er selbst auf das Floß.
    »Wo soll es denn hingehen, Mädchen?«, fragte er, als er sich mit der Stake vom Ufer abstieß.
    »Nach Speyer«, antwortete Melisande. »Ich will mir dort einen Lehrherrn suchen.«
    »Einen Lehrherrn?«, wunderte sich der Fährmann. »Dein Vater hatte dich doch in der Werkstatt angestellt.«
    Er wusste wirklich fast alles von ihr!
    »Mein Vater ist … gestorben.«
    »Gestorben?« Der Fährmann wirkte aufrichtig erstaunt. »Aber er war doch in der Blüte seines Lebens!«
    »Er ist überfallen worden. Er und meine Mutter …« Melisandes Stimme versagte.
    »Sie sind beide tot?«
    »Ja. Ich will nun das Handwerk weiterführen, aber dazu muss ich erst noch einiges lernen.«
    Melisande war froh, dass ihre Schwester damals nicht dabei gewesen war, so konnte er wenigstens nicht nach Alina fragen. Plötzlich kam ihr ein Gedanke.
    »Sagt, Fährmann, habt Ihr vor ein paar Tagen ein paar Männer übergesetzt?«, fragte sie.
    »Ich setze immer irgendwen über, auch Männer. Warum willst du das wissen?«
    »Habt Ihr vielleicht auch Reiter übergesetzt, die ein Mädchen bei sich hatten?«
    Der Fährmann runzelte die Stirn. »Wenn ich mich recht entsinne … Ja, das habe ich. Als ich mich nach dem Mädchen erkundigte, sagten sie mir, dass sie es vor Aufständischen gerettet hätten.«
    Die Worte fuhren Melisande wie ein Dolch in die Eingeweide. Unwillkürlich ballte sie die Fäuste, unterdrückte aber eine Entgegnung.
    Dem Fährmann war ihre Aufgewühltheit nicht entgangen. »Kennst du diese Leute?«
    »Ich habe sie bei uns in der Stadt gesehen«, sagte Melisande rasch. »Es geht das Gerücht, dass einige Aufständische festgenommen worden sind.«
    »Du weißt aber gut Bescheid. Tatsächlich sind Aufständische festgenommen worden, just vor einer Woche hat man die ersten nach

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