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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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übernommen hat.«
    Bernhard wurde noch blasser. »Sie hat es also immer noch vor. Hat sie auch gesagt, dass sie mich heiraten will?«
    »Nein, davon war nicht die Rede.«
    »Zum Glück!« Bernhard schickte einen Stoßseufzer gen Himmel. »Was Katharina angeht, solltest du ab sofort vorsichtig sein. Sie wird versuchen, dir zu schaden, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.«
    Melisande senkte den Kopf. »Ich wünschte, ich hätte mich beherrschen können.«
    Bernhard legte ihr versöhnlich einen Arm um die Schultern. »Wer beherrscht sich schon, wenn ihm so etwas an den Kopf geworfen wird. Nach einer Weile wird sie es schon wieder vergessen, da bin ich mir sicher. Mach dir nicht zu viele Gedanken, so oft sind die beiden ja nicht hier.«
    Melisande wollte Bernhards Worten gern Glauben schenken, doch irgendwie hatte sie das Gefühl, dass er unrecht hatte. Was, wenn Marga dem Meister längst wegen der Übernahme der Werkstatt in den Ohren lag?
    »Wenn sie das nächste Mal hier auftauchen, werden wir einfach im Stall verschwinden. Dann kann Katharina sehen, mit wem sie streitet.«
    »Was habt ihr beide hier drin zu suchen?«, donnerte Meister Ringhands Stimme über ihre Köpfe hinweg.
    Melisande und Bernhard erschraken, denn sie hatten ihn nicht kommen gehört.
    »Ich wollte Bernhard nur zurück in die Werkstatt holen«, antwortete Melisande schnell und zerrte den Jungen am Ärmel mit sich.
    Ringhand blickte ihnen kopfschüttelnd nach, dann schloss er sich ihnen an.

18. Kapitel
    Krähenkrächzen tönte über den Kopf von Joß Fritz hinweg, als er an den Kreuzweg trat. Der Wind, der an seinem Mantel zerrte, war noch kälter als vor ein paar Wochen, und statt Zuversicht verspürte er nichts weiter als Niedergeschlagenheit und Zorn.
    Eigentlich hätte er längst in Richtung Süden unterwegs sein sollen, aber sein Gewissen hatte ihm keine Ruhe gelassen. Kaum schloss er zu Nachtzeiten die Augen, hörte er wieder die Schreie des Knopfmachers und seiner Frau. Er hörte das unbarmherzige Trampeln der Stiefel über die Dielen und das Klirren der Schwerter, die diesen Menschen das Leben genommen hatten. Und er hörte das Geschrei des armen Mädchens, das die Männer mit sich gezerrt hatten.
    Bei Tage verfolgten ihn die traurigen Augen der ältesten Tochter des Knopfmachers. In dem Regen, der auf ihn niederging, meinte er ihre Tränen zu erkennen. Das Gefühl ihrer Hände an seinem Wams spürte er immer dann, wenn er zur Rast stehen blieb.
    Nein, ich darf sie nicht im Stich lassen. Ich muss ihr wenigstens helfen, ihre Schwester zu finden, sagte er sich. Dieser Gedanke hatte ihn noch vor Freiburg umkehren lassen. Nun stand er hier, wenige Meilen von Speyer entfernt. Ob sie meinen Ratschlag angenommen hat und dort hingegangen ist?
    Seufzend blickte er in die Richtung, aus der er gekommen war. Eines Tages werde ich mein Ziel erreichen, dachte er, dann schulterte er sein mageres Bündel und schritt gen Norden.
    Es dauerte nicht lange, bis er vor sich einen großen Krähenschwarm auffliegen sah. Die schwarzen Vögel, die ihn ein gutes Stück begleitet hatten, kreisten eine Weile in der Luft, dann ließen sie sich nieder. Je näher er der Stelle kam, desto klarer wurde Joß, dass etwas am Wegrand die Krähen magisch anzuziehen schien.
    Joß ignorierte das unheilvolle Gefühl in seiner Magengrube und schritt jetzt schneller aus. Nur wenige Augenblicke später erblickte er einige hölzerne Pfähle, die unweit des Weges in den Boden gerammt worden waren. Wieder flatterten die Krähen auf. Ihr Flügelschlag mischte sich mit dem Hämmern seines Herzens, das sämtliche Geräusche um ihn herum in den Hintergrund treten ließ.
    »Gütige Mutter Gottes«, murmelte Fritz entsetzt, dann bekreuzigte er sich und schloss die Augen. Aber das Bild der Köpfe, die auf die Pfähle gespießt waren, hatte sich ihm in Sekundenschnelle eingebrannt, so dass er sie trotzdem vor sich hatte.
    Die Gesichtszüge der Toten waren zwar von den durchlittenen Qualen entstellt, doch er konnte noch immer den Bäcker aus Untergrombach sowie einige andere langjährige Kameraden erkennen. Als er die Lider wieder aufschlug, meinte er einen vorwurfsvollen Ausdruck in den erloschenen Augen der Männer zu sehen.
    Hass ballte sich in seinem Innern zusammen. Mein Vorhaben grenzt an Wahnsinn, ging es ihm durch den Kopf, während er noch immer die Schädel anstarrte. Obwohl: In Speyer kennt mich niemand, und meine alten Kameraden sind tot.
    Seufzend ließ er sich auf die

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