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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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zusammen und wirbelte herum.
    »Das ist nur ein Reh«, sagte Bernhard beruhigend.
    Jetzt entdeckte Melisande das Tier auch. Es verharrte einen Moment zitternd im Unterholz, dann machte es kehrt und sprang davon. Ein wenig Reif rieselte von den kahlen Zweigen, dann verlor sich das Rascheln in der Ferne. Damit war auch der seltsame Zauber zwischen Bernhard und Melisande gebrochen.
    Das schien der Geselle ebenfalls einzusehen, denn er senkte resigniert den Kopf. »In Ordnung, gehen wir«, sagte er. »Wir wollten doch noch das Bildnis deiner Schwester herumzeigen.«
    Schweigend kehrten sie in die Stadt zurück, den Kopf voller Gedanken. Immer wieder blickte Melisande verstohlen zu Bernhard hinüber und fragte sich, was das zwischen ihnen gewesen war. Konnte es sein, dass …
    Nein, das war unmöglich. Am liebsten hätte sie jetzt mit Alina darüber gesprochen, die gewiss ihre eigene Meinung dazu gehabt hätte. Doch diesen Gedanken vertrieb sie schnell wieder, denn er stach ihr wie ein Messer ins Herz.
    Als sie das Altpörtel durchquerten, zog Bernhard das Pergament mit der Zeichnung aus der Tasche. Sie war zwar schon ein wenig verwischt, doch Alinas Züge waren noch gut zu erkennen.
    »Verzeiht, habt Ihr vielleicht dieses Mädchen gesehen?«, sprach er wenig später eine Frau an, die wie eine gutmütige Bäuerin wirkte.
    Sie starrte ihn entgeistert an. »Ich habe niemanden gesehen. Und jetzt verschwinde, bei mir kannst du nichts stehlen.«
    Melisande war entsetzt. »Seit wann sehen wir aus wie Diebe?«, fragte sie.
    Beim nächsten Versuch hatten sie auch kein Glück. Die Leute hielten sie zwar nicht für Langfinger, ihre Schwester hatten sie jedoch auch nicht gesehen. Ein alter Mann murmelte eine seltsame Verwünschung, als sie ihnen das Bildnis unter die Nase hielten.
    Seufzend ließ sich Melisande gegen Bernhards Arm sinken. »Es ist zwecklos.«
    »Noch geben wir nicht auf!«, sagte er und wandte sich den nächsten Passanten zu.
    Nachdem ihm einer der Männer eine Tracht Prügel angedroht hatte, drehte er sich zum Tor um. Hufgetrappel tönte durch das Gemurmel der Leute.
    »Da kommen Reiter«, raunte Bernhard Melisande zu und deutete auf den Trupp, der aus drei Männern bestand. »Sie sehen aus, als kämen sie von weit her. Bei ihnen werde ich ebenfalls mein Glück versuchen.«
    Melisande wollte einwenden, dass es sicher nichts bringen würde, doch da lief er auch schon los.
    Beim Anblick des Altpörtels von Speyer überlief Lux Rapp ein eisiger Schauer und er dachte an die vielen Gefangenen, die hinter den dicken Mauern zwischen Stroh und Ratten vor sich hin dämmerten. Die Worte seines Begleiters hatten ihn nicht im Geringsten beruhigen können, denn seine Zeit lief ab. Sobald der Bischof Speyer erreichte, war sein Schicksal besiegelt.
    Flucht wäre die einzige Möglichkeit gewesen, dem zu entrinnen. Doch wenn er sein Pferd jetzt abrupt wendete und losgaloppierte, musste er damit rechnen, dass ihn ein Bolzen im Rücken traf.
    Mit gesenkten Köpfen trabten die Pferde die Straße hinauf, die um diese Tageszeit recht voll war. Das frostige Wetter hielt die Leute offenbar nicht davon ab, Verwandte zu besuchen oder etwas außerhalb der Stadt zu erledigen.
    Hin und wieder vernahm Lux ein helles Lachen, und plötzlich wurde ihm bewusst, wie lange er schon keiner Frau mehr beigelegen hatte. Wie gerne würde er jetzt neben einem warmen, schlanken Leib ruhen und zärtliche Berührungen spüren! Stattdessen bissen ihn die Flöhe und der Schweiß klebte unangenehm kalt am Körper.
    »Verzeiht, meine Herren!«, ertönte unvermittelt eine Stimme von der Seite.
    Die Reiter brachten ihre Pferde zum Stehen, als ein junger Mann vor ihnen auftauchte. Er war nicht älter als zwanzig Lenze und hielt ein Pergament in der Hand.
    »Was gibt es, Bursche?«, fragte Maximilian Rächer, während er sein Pferd beruhigte.
    »Ihr seid sicher weit herumgekommen.« Der Jüngling streckte ihnen das Blatt entgegen. »Habt Ihr unterwegs vielleicht dieses Mädchen hier gesehen?«
    Rächer nahm das Blatt an sich, betrachtete es kurz und zeigte es Lux Rapp.
    »Ein hübsches Ding«, bemerkte dieser und wandte sich wieder ab.
    »In der Tat, eine wunderbare Zeichnung. Wer hat sie angefertigt?«
    Der Junge presste die Lippen zusammen, deutete dann aber auf das blonde Mädchen, das ein wenig verloren auf der Straße stand und wartete.
    Das war Rächer Antwort genug. »Hol die Jungfer doch einmal her, mein Junge.«
    Der Bursche wandte sich verwirrt um und ging

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