Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
Vom Netzwerk:
jedoch keine Antwort. Unten folgten sie einem Gang, dessen Wände mit Bildern und Gobelins geschmückt waren. Von weiter vorn hörte Elisabeth das Lärmen einer größeren Gesellschaft. Was die wohl mit ihr vorhatten? Wo war Agnes? Wurde sie ebenfalls hierhergebracht und zu welchem Zweck? Wollte man über sie zu Gericht sitzen? Sie betraten einen großen, dunkel getäfelten Raum mit einem Kamin. An den Wänden waren Schwerter und Geweihe angebracht, der Boden war mit Heu bestreut. An einem langen Tisch saßen viele Männer, in edle Stoffe gekleidet. Einige trugen Federhüte auf dem Kopf. Stark geschminkte Frauen mit tiefen Ausschnitten hatten sich daruntergemischt. Elisabeth konnte Jakob nirgends entdecken. War er auf einem Erkundungsritt? Elisabeth sah, was sich auf dem Tisch darbot: Taubenpasteten, eingemachtes Kalbfleisch, geröstete Hühnerbrüste, Mandelmilch in Gläsern, am Spieß gebratene Leber, Kirschen, kleine, gebratene Krammetsvögel, schwarzer gesottener Hecht, Schneckenpasteten, dunkles und helles Brot, Wein in Krügen, kleine Rettiche, zu Spiralen geschnitten, sowieTopfen mit Kirschkompott. Die beiden Wachsoldaten führten Elisabeth zu einem feisten Mann, dessen Gesicht vom Weingenuss gerötet war. Neben ihm saßen eine Frau mit rundem Gesicht und zwei pausbäckige Kinder. Der Mann ließ seinen Blick über Elisabeths Körper gleiten.
    »So, Ihr seid also die Köchin, die wir gefangen haben«, dröhnte er. »Was sagt Ihr zu den Speisen, die unser Burgkoch uns hier aufgetischt hat?«
    »Sie sehen köstlich aus«, antwortete Elisabeth in ruhigem Ton, obwohl sie sich innerlich wand.
    »Dann lasst Euch nieder und esst, was Euer Herz begehrt«, meinte von Reinach gönnerhaft. Er wandte sich an die beiden Wachsoldaten.
    »Und jetzt bringt auch noch die andere her, aber schnell. Ich will sehen, was die Mädels aus dem Schwarzwald so zu bieten haben.«
    Woher wusste er, dass sie aus dem Schwarzwald kamen? Hatte womöglich Jakob es ihm erzählt?
    »Es hat sich schon herumgesprochen, wer Ihr und Eure Schwester seid«, fuhr von Reinach fort. »Lange werdet Ihr ja leider nicht mehr unter uns weilen.«
    Um Gottes willen, was hatte das wieder zu bedeuten? Sollten sie wegen der Diebstähle hingerichtet werden? Als hätte von Reinach ihren ängstlichen Blick bemerkt, fügte er hinzu: »Keine Sorge, so schlimm wird es schon nicht werden! Ihr müsst nur ein wenig freundlich zu mir sein.«
    »Was du auch immer unter ›freundlich sein‹ verstehst«, bemerkte die Frau mit den Pausbacken, die an seiner Seite saß. Sie verzog angewidert ihr Gesicht …
    »Kümmere du dich lieber um die Kinder, und stecke deine Nase nicht in Dinge, die dich nichts angehen«, versetzte von Reinach. Die Frau wurde puterrot, stand auf, nahm die beiden Kinder an die Hand und rauschte aus dem Saal.
    »Ja, so ist sie halt«, sagte von Reinach und lachte. »MeineMaria Martha Böckel, Tochter von Hans Ludwig Böckel aus Hüttenheim!«
    »Wo ist Euer Hauptmann Jakob Gruber?«, fragte Elisabeth.
    »Was ist mit dem?«, wollte von Reinach wissen. »Ist das Euer Buhle?«
    »Nein, ich wollte ihm einen Gruß ausrichten, von jemandem, den er gut kennt.«
    Der Kommandant grinste.
    »Der wird mit einem von den Weibsbildern in deren Zimmer sein«, meinte er genüsslich schmatzend. Das war bestimmt gelogen. Aber Elisabeth wollte die Angelegenheit nicht vertiefen, vor allem nicht, weil sie nicht wusste, was weiter mit ihnen geschehen würde. Sie nahm sich einen Teller, eine Scheibe Weißbrot und lud sich auf: ein wenig Taubenpastete, ein Stück geröstete Hühnerbrust, Leber und Kirschen, einen Krammetsvogel, zwei gebackenen Krebse. Während sie mit gutem Appetit aß, lauschte sie den Reden der Tischgesellschaft. Ein Diener kam und schenkte ihr goldenen Weißwein in einen Becher.
    »Der Weimarer bildet sich ein, uns in die Knie zwingen zu können«, sagte von Reinach, hob seinen Becher und prostete allen zu. »Aber wir lassen uns nicht aushungern, nicht wahr, meine Herren?«
    »Trinkt, solang der Becher winkt«, grölte einer der Offiziere.
    »Genießet eure Tage«, fiel ein anderer ein. »Ob’s droben was zu trinken gibt, das ist die große Frage!«
    In diesem Augenblick war ein Klacken von der Tür her zu hören. Elisabeth fuhr herum und verschluckte sich fast an ihrer Pastete. Flankiert von den beiden Wachsoldaten, schritt ihre Schwester Agnes herein. Sie war schmutzig, die Haare hingen ihr strähnig ins Gesicht. Ihr Kleid war geflickt, ihre Schuhe hatten

Weitere Kostenlose Bücher