Die Köchin und der Kardinal
Herr Pfarrer«, antwortete der Mann. »Da müssten schon vier Gulden rausspringen. Für einen Gulden kriege ich ja nicht mal ein Pfund Butter!«
»Das ist nicht zu viel verlangt«, stimmte Jakob zu. »Hier hast du schon mal einen, damit du siehst, dass ich dich nicht betrügen will.«
Der Fischer machte das Boot los. Jakob stieg ein, es wackelte bedenklich.
»Ist es auch fahrtüchtig?«, wollte er wissen.
»Vertraut nur auf mich, Herr Pfarrer«, sagte der Mann. Dann stieg er selber ein und stieß das Boot vom Ufer ab. Er setzte sich auf die Vorderbank und tauchte die Ruder ins Wasser. Der Rhein war an dieser Stelle schon sehr breit. Träge und grünlich zog das Wasser dahin. Im Ufergebüsch schwirrten blaue Libellen, ab und zu sprang ein Fisch aus dem Wasser, um Mücken zu fangen. Sie umrundeten eine der zahlreichen Rheininseln, die mit Schilf und Silberweiden bewachsen war. Auf der anderen Seite konnte Jakob die Wälle und Schanzen der Kaiserlichen erkennen. Nach etwa einer halben Stunde hatten sie das andere Ufer erreicht. Jakob zog das Schreiben an Elisabeth hervor und übergab es dem Fischer, zusammen mit einem weiteren Gulden.
»Schau zu, dass dieses Schreiben nach Freiburg gelangt, zu Elisabeth Weber.«
»Wo finde ich die ehrenwerte Dame?«, wollte der Mann wissen.
»Im Haus des Bernhard von Sachsen-Weimar«, antwortete Jakob. »Oder frag einfach nach Kardinal Weltlin, der wird auf jeden Fall wissen, wo sie sich aufhält. Aber niemand anderes als Elisabeth selbst soll dieses Schreiben bekommen!«
»Wird gemacht, Herr Priester«, sagte der Fischer. »Ich schicke jemanden aus meinem Dorf. Soll ich dann hier auf Euch warten?«
»Ein Stück weiter flussabwärts«, wies Jakob ihn an. »Ich weiß noch nicht, wie meine Mission ausgehen wird.«
»Ich hoffe doch, das Ihr eine Menge der Soldaten bekehren könnt, Herr Pfarrer«, meinte der Mann. »Besonders die Franzosen.«
Jakob wandte sich nach Süden, dort, wo er die Zelte der Regimenter aus der Ebene aufragen sah. Er wurde, nachdem er sich zu erkennen gegeben hatte, vor den befehlshabenden Offizier geführt.
»In der Festung ist es zu einem Zwischenfall gekommen«, berichtete Jakob ihm.
»Ja, wir haben die Detonation letzte Nacht gehört«, meinte der Offizier. »War es ein großer Schaden?«
»Vierzig Häuser sind abgebrannt, das ganze Mehl und einiges an Pulver wurden vernichtet«, entgegnete Jakob. »Ich habe Befehl, Euch zu bitten, Korn zu besorgen und es in die Festung zu bringen.«
Der Offizier wiegte den Kopf hin und her. »Ein schwieriges Unterfangen«, meinte er. »Aber ich werde meine Männer gleich losschicken. Kommt Ihr ebenfalls mit?«
Dazu hatte Jakob zwar nicht den ausdrücklichen Befehl erhalten, aber es lockte ihn doch sehr, nach den Wochen der Gefangenschaft einmal wieder auf einem Pferd zu sitzen und in die Welt hineinzureiten.
»Ja, ich begleite Euch«, sagte er.
In Windeseile wurden Männer, Pferde, Wagen, Säcke und Körbe herbeigeschafft. Jakob bestieg einen Braunen, den er zugewiesen bekommen hatte. Es war ein leichtgängiger Araberhengst, der gut zu führen war. Sie verließen das Lager und ritten auf staubigen Wegen dem Kamm der Vogesen zu. Felder und Äcker waren verwüstet und geplündert, aber der Offizier wusste offensichtlich eine Stelle, an der noch Korn zu holen war. Jakob genoss das Gefühl der Freiheit und ließ sich den Wind um die Nase wehen. Wie wäre es, wenn er ein wenig zurückfallen würde? Alle Augen waren nach vorn gerichtet, zur möglichen Beute hin, und es würde sicher niemandem auffallen,wenn er nicht mehr dabei wäre. Doch was würde aus ihm werden, wenn er floh? Das Elsass gehörte Bernhard von Sachsen-Weimar, König Ludwig XIII. und Kardinal Richelieu hatten es ihm versprochen. Jakob würde überlaufen oder als Veteran sein Leben fristen müssen. Lange würde sein Sold, den er bei sich trug, nicht reichen. Und bei Elisabeth und dem Kardinal Weltlin betteln gehen? Niemals! Jakob richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Beutezug. Nahe einem Dorf unterhalb der Vogesen befahl der Offizier, Halt zu machen. Goldgelb wogte das Korn. Mit ihren Schwertern machten es die Männer nieder und füllten die bereitstehenden Säcke und Körbe. Nach etwa zwei Stunden war diese Arbeit beendet. Im Schatten der Bäume wurde Mittagsrast gehalten. Dann beluden sie Pferde und Wagen und traten den Rückweg an. Im Lager hatte sich das Heer bereits gesammelt. Der Angriff auf die Brücke stand unmittelbar bevor. Ein Herold
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