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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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Belagerung so lange dauert«, meinte Jakob.
    »Na ja, wir können immer noch Nachschub beschaffen«, versetzte von Reinach.
    »Morgen schicke ich einen Trupp ins Elsass, die sollen Korn einholen. Jakob, wie wäre es, wenn du den Trupp befehligen würdest? Aber keine krummen Dinger drehen!«
    »Was könnte ich schon für krumme Dinge drehen«, gab Jakob zurück. »Wir müssen froh sein, wenn wir hier überhaupt raus- und wieder reinkommen und wenn uns das Korn nicht gleich wieder abgenommen wird.«
    »Also, dann bereite dich darauf vor«, sagte von Reinach. »Und ihr«, der Kommandant wandte sich an die umstehenden Offiziere, »lauft jetzt mal schnell los und greift euch die Soldaten, die das hier angerichtet haben.«
    »Was willst du mit ihnen machen?«, fragte Jakob.
    »Na, aufknüpfen natürlich, und zwar an einer Stelle, an der alle sie sehen können. Damit kein anderer auf dumme Gedanken kommt.«
    »An deiner Stelle würde ich das nicht tun, Hans Heinrich«, brachte Jakob gelassen hervor.
    »Und warum nicht, in drei Teufels Namen?«
    »Wegen des Bildes, das wir in der Öffentlichkeit abgeben.«
    »Welche Öffentlichkeit? Es ist doch wohl klar wie Hechtsuppe, dass wir Bernhard in die Knie zwingen werden. Die sollen ja jetzt schon genauso Hunger leiden wie wir.«
    »Egal, wie es ausgeht, Hans Heinrich, wir werden immer an unseren Taten gemessen. Und die eigenen Soldaten aufzuhängen, nur, weil sie ihren Hunger stillen wollten, würde kein gutes Licht auf dich werfen.«
    »Also gut«, knurrte der Kommandant. »Dann bringt sie mir her und verabreicht jedem zwanzig Stockhiebe.«
    Jakob zuckte mit den Schultern und wandte sich zum Gehen. Die Hiebe galten als durchaus angemessen bei Ungehorsam und Diebstahl. Er schlenderte hinüber zu den Ställen. Dort stand sein Rappe Ferdl, der leider schon lange nicht mehr zumEinsatz gekommen war. Jakob bewegte ihn jeden Tag im Burghof oder ritt mit ihm in die Stadt hinunter. Als er den Stall betrat, schlugen ihm warme Luft und der Geruch nach Stroh und Pferdedung entgegen. Täglich wurden die Grasflächen der Stadt gemäht, um die Tiere, auch die Kühe, Schweine, Schafe und Hühner zu versorgen.
    Ferdl lag auf der Seite im Stroh, sein Atem ging flach, die Beine zuckten im Schlaf. Das Fell sah glänzend aus, weil der Stallbursche es immer bürstete. Jakob vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war. Er trat dicht an Ferdl heran und strich sanft über dessen Kopf. Ferdl spitzte die Ohren, öffnete kurz die Augen, und als er seinen Herrn erkannte, schloss er sie wieder und streckte sich mit einem wohligen Seufzer aus.
    »Ferdl«, flüsterte Jakob. »Ich werde jetzt ein paar Tage nicht da sein. Aber ich komme wieder, hörst du. Wir gehen morgen ins Elsass, um Beute zu machen. Da kann ich dann irgendeinem Menschen draußen eine Botschaft für Elisabeth geben.«
    Ferdl schnaubte leise.
    »Du fragst, warum ich nicht fliehe? Meinen Dienst bei diesem Grobian nicht quittiere? Es ist nicht seinetwegen, sondern wegen der Hunderte von Schweden, die hier bei den Belagerern sind und sich in Freiburg aufhalten. Ich kann den Eid, den ich mir selbst geschworen habe, nicht brechen. Was würde meine Mutter sagen, wenn ich Seite an Seite mit den Schweden kämpfen würde? Was mein Vater, meine Geschwister, die Knechte und Mägde?«
    Ferdl blähte die Nüstern auf und schlief weiter. Jakob war es, als hätte er ein Geräusch von der Tür her gehört. Ein Schatten verschwand gerade hinter der Mauer. Mit einem Sprung war Jakob draußen. Es war nichts zu sehen. Vielleicht sah er schon Gespenster, kein Wunder bei diesem entbehrungsreichen Leben hier in der Festung! Jakob ging über den Hof zurück in die Burg. Die letzten Offiziere kamen von der Suche nach den Missetätern zurück. Offenbar hatte man sie noch nicht gefunden.Über die Treppe gelangte Jakob in sein Gemach. Er setzte sich an sein Pult, holte Papier und Feder heraus und schrieb eine Nachricht an Elisabeth. Er könne nicht nach Freiburg kommen, schrieb er, weil er mit einem Auftrag im Elsass betraut sei. Und sie dürfe auch nicht in die Festung hineinkommen, weil es viel zu gefährlich sei. Die Vorräte gingen langsam zur Neige, auch wenn sie noch einiges an Vieh hätten. Trotzdem sei er sich sicher, dass die Belagerung bald zu Ende sein werde und sie sich dann wiedersehen könnten. Ich liebe dich, schrieb er an den Schluss des Briefes, faltete ihn zusammen und versiegelte ihn. In diesem Augenblick klopfte es. Jakob schreckte zusammen und

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