Die Köchin und der Kardinal
die Gräfin und schob sich ein mariniertes Artischockenherz in den Mund. »Wir bauen die Artischocken zusammen mit Kürbissen, Karotten und Lauch im Garten an. Für den Winter werden sie eingelegt, sie halten monatelang.«
»Das kennen wir bei uns im Schwarzwald nicht«, warf Elisabeth ein. »Gemüse servieren wir eigentlich nur als Brei, weniger als eigenständiges Gericht oder als Beilage.«
»Ihr scheint etwas vom Kochen zu verstehen«, sagte die Gräfin und schaute sie wohlwollend an.
»Meine Mutter hat es mir beigebracht, und auch aus dem Kochbuch der Anna Wecker habe ich viel gelernt und einiges probiert.«
»Das kenne ich ebenfalls«, meinte die Gräfin, »und es gefällt mir genauso gut wie das von Varenne, der eine neue Note in die französische Küche gebracht hat.«
Die anderen hörten gespannt zu. Als nächster Gang wurde eine Kürbis-Lauch-Suppe mit Sahnehäubchen aufgetischt.
»Wer war denn dieser Varenne?«, wollte Elisabeth wissen.Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Agnes heftig ihren Löffel in die Suppe tunkte.
»François-Pierre de La Varenne«, ergriff nun der Graf das Wort, »wurde im Jahre 1618 in Dijon geboren. Eines seiner berühmtesten Kochbücher heißt Le Cuisinier François. Er kochte unter anderem für Maria von Medici. Eine Truite en bleu , Forelle blau, zum Beispiel, wird in einem Gemüse-Kräuter-Weißweinsud gar gezogen, dadurch färbt sich die Haut blau wie Metall.«
»Das kenne ich auch aus dem Kochbuch der Anna Wecker«, fiel Elisabeth ein.
»Ihr solltet einmal Elisabeths Forelle in Kräuterrahm probieren«, versetzte der Kardinal.
»Ihr werdet Eure eigenen Kochkünste bei uns gewiss trefflich ergänzen können, Frau Elisabeth«, meinte der Graf. »Im Unterschied zur herkömmlichen Küche empfiehlt Varenne den sparsamen Umgang mit Gewürzen und die tägliche Beigabe von Gemüse zu den Mahlzeiten.«
»Das stärkt den Menschen schon im Kindesalter«, wusste seine Frau zu berichten. »Und sie sind widerstandsfähiger gegen Krankheiten.«
»Aber ob die armen Leute auch Gemüse bekommen?«, ließ sich nun Agnes vernehmen.
»Im Sommer, wenn wir Überschüsse im Garten und auf den Feldern haben, bekommen die Dorfbewohner alles, was sie begehren«, sagte die Gräfin. »Wir lehren sie auch, das Gemüse haltbar zu machen. So haben sie doch ein wenig Abwechslung bei ihren kargen Mahlzeiten.«
»Das bekanntlich vor allem aus Getreidebrei, Speck und dunklem Brot besteht«, fügte der Graf hinzu.
»Doch nun genug der Gespräche über das Kulinarische«, sagte der Kardinal. Er trank einen Schluck Edelzwicker.
»Ihr möchtet sicher wissen, was mit dem Heer des Bernhard von Sachsen-Weimar ist«, ergriff wiederum der Graf das Wort.»Richelieu und der König haben ihm die Truppen, die Waffen und das Geld nicht bewilligt.«
»Wahrscheinlich ist der Staatssäckel leer«, antwortete der Kardinal mit einem leichten Zwinkern seines linken Auges.
»Bernhard geht halt nicht so rücksichtslos gegen die Bevölkerung vor wie Jan van Werth«, meinte der Graf.
»Wisst Ihr, wo das Heer van Werths liegt?« Elisabeth versuchte, möglichst viel Gleichgültigkeit in ihre Stimme zu legen.
»Das sollte Euch als Frau und begnadete Köchin doch gar nicht kümmern«, sagte der Kardinal mit tadelndem Blick.
»O doch, das kümmert mich und meine Schwester sehr«, gab Elisabeth rasch zur Antwort. Sie blickte zu Agnes hinüber, die stumm nickte.
»Johann von Werth hat uns im September in Calw überfallen und die Bevölkerung in grausamster Weise misshandelt, viele gefoltert, verstümmelt und ermordet! Wir wissen bis heute nicht, wo unsere Eltern, unser Bruder und unsere Tante geblieben sind.«
»Haben sie Eure Angehörigen denn als Geisel mitgenommen?«
Daran hatte Elisabeth noch gar nicht gedacht.
»Ich weiß es nicht«, brachte sie hervor. »Aber wenn es so gewesen wäre, ist es umso wichtiger zu wissen, wo sich dieser van Werth befindet!«
»Soweit mir bekannt ist, lagert er immer noch in den Rheinauen, bereit, auf Heidelberg oder Speyer zu marschieren«, erzählte der Graf. »Das ist gar nicht so weit von hier entfernt.«
Der nächste Gang wurde gebracht, Terrine de Foie de Volaille, Geflügelleberterrine.
Elisabeth aß immer nur kleine Portionen von jedem Gang, während Agnes ordentlich zugriff.
»Das wird bei dem Bischof von Speyer und Trier aber übel ankommen, wenn sein Sitz von den Kaiserlichen eingenommen wird«, bemerkte der Kardinal.
»Wie steht denn Papst Urban VIII. zu diesen
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