Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
Vom Netzwerk:
und sonst niemand«, gab van Werth zurück. »Hast du etwa schon daran gedacht zu desertieren? Das würde ich dir nicht raten, mein Freund!«
    »Nein, daran habe ich nicht gedacht«, antwortete Jakob halb der Wahrheit gemäß. »Der Krieg zieht sich nur so endlos lange hin, es gab so viele Verluste, und ich sehe nicht, dass wir irgendwo wirklich Land gewonnen hätten.«
    »Haben wir nicht in der Schlacht von Nördlingen gesiegt?«, rief van Werth aus. »Haben wir nicht danach alle Städte und Dörfer in unsere Gewalt gebracht, immer wieder glänzende Beute gemacht?«
    »Ja, ja, du hast ja recht«, meinte Jakob. »Was wir einmal angefangen haben, können wir nicht so schnell zu Ende führen.«
    »Deshalb sind wir doch hier«, meinte van Werth, nun wieder besänftigt. »Wir müssen die Franzosen zurückdrängen, sonst holen sie sich alles zurück, was wir gewonnen haben.«
    Und die Schweden ebenfalls, dachte Jakob. Aber war es nicht eigentlich gleich, ob es Schweden, Franzosen, Italiener, Kroaten oder Niederländer waren?
    »Ich rechne noch einen Monat, vielleicht auch sechs Wochen«, meinte van Werth. »Das Weihnachtsfest werden wir hier am Rhein verbringen, im Januar dann marschieren wir auf Speyer.«
    Auf Schloss Moran hatte sich eine beklemmende Stille breitgemacht. Dieser Brief konnte nichts Gutes verheißen! Der Kardinal brach das Siegel und las im Schein der Kerze. Dabei wurde er noch um eine Spur bleicher. Er ließ den Brief sinken.
    »Ich soll zum Erzbischof von Speyer kommen, möglichst bis Weihnachten«, sagte er. »Ihm sei zu Ohren gekommen, dass ich mich mit ketzerischem Gedankengut befasse. Deshalb soll ich zu ihm kommen und schwören, dass nichts an diesen Gerüchten dran sei. Wenn er herausfinden sollte, dass doch etwasdran ist, dann müsste er mich notfalls der peinlichen Befragung unterziehen.«
    Elisabeths Herz klopfte heftig. Wie kam der Erzbischof darauf, dass der Kardinal ein Ketzer sein könnte? Hatten irgendwelche Dienstboten oder vermeintliche Freunde ihn angeschwärzt? Aber sie konnte sich niemanden vorstellen, der zu so etwas fähig gewesen wäre. Oder waren die beiden Mönche auf eine Spur gestoßen? Elisabeth erinnerte sich daran, dass sie die Bücher die ganze Zeit in ihrem Rucksack bei sich getragen hatte. Ihr wurde es ganz flau im Magen. Auf der anderen Seite wusste sie, dass Jakob sich in der Nähe von Speyer befand. Wenn sie nun den Kardinal dorthin begleiten würde? Womit ließe sich das begründen? Natürlich, sie musste für sein leibliches Wohl sorgen! Und Agnes konnte sie natürlich nicht allein zurücklassen.
    »Ich möchte mit Euch gehen, Herr Weltlin!«, sagte sie deshalb. »Schließlich muss jemand an Eurer Seite sein, der für Euch sorgt.«
    »Das ehrt mich und freut mich sehr«, meinte der Kardinal. »Doch ich brauche noch ein wenig Bedenkzeit.«
    Es ging inzwischen schon auf Dezember zu. Von Westen, von Frankreich her, kam ein großer Sturm, der tagelang wütete. Bleigraue Wolken schossen über den Himmel, gefolgt von immer neuen Wolken, Regen und Schnee. Der Sturm heulte und seufzte in den Kaminen, er brauste, tobte und wimmerte, riss Büsche aus dem Boden, entwurzelte Bäume und deckte Dächer ab. Keiner konnte mehr das Schloss verlassen. So lebten sie auf dichtem Raum miteinander und mussten von dem leben, was Keller und Vorratsräume hergaben. Elisabeth lernte schnell, ihren Kochkünsten eine französische Note zu verleihen. Allerdings war nicht an frisches Gemüse heranzukommen. Sie sichtete zusammen mit der Hausköchin den Keller. Da waren Rüben, Lauch, Winterrettiche, Karotten, Petersilienwurzeln und Sellerie gelagert, alle in Sand kühl eingebettet. Sogar eine Lagemit Zitronen sah Elisabeth. Aus diesen Zutaten zauberte sie mit der Köchin Suppen, herzhafte Kuchen, Aufläufe, Pasteten und Terrinen, zusammen mit dem eingelegten Fleisch, das in den Kühlkammern aufbewahrt wurde. Sie vergaß auch nicht, sich um Agnes zu kümmern, aber die wurde von Tag zu Tag verdrießlicher. Elisabeth versuchte gar nicht mehr, in sie zu dringen, sie wusste, wo der Hase im Pfeffer lag. Wenn Agnes sich wenigstens auf irgendeine Weise beschäftigt hätte! Aber nein, sie saß von morgens bis abends im Salon, ließ sich rund um die Uhr bedienen und fieberte den Mahlzeiten entgegen, weil es hier einfach zu langweilig sei, wie sie sagte. Nach drei Tagen nahm der Sturm an Gewalt ab, man konnte wieder zur Tagesordnung übergehen und das Haus verlassen.
    »Wie habt Ihr Euch denn nun

Weitere Kostenlose Bücher