Die Köchin und der Kardinal
Machenschaften?«, wollte der Graf wissen.
»Er gibt Kaiser Ferdinand, dem Habsburger, kein Geld mehr«, entgegnete der Kardinal. »Urban steht auf der Seite der Franzosen. Aber wie die Habsburger ist er auch sehr gegen die Häretiker. Beim Brand von Magdeburg 1631 soll er gesagt haben, er freue sich über die Vernichtung der verdammten Ketzer!«
»Dagegen hat er Galileo Galilei immer sehr geschätzt und geschützt«, meinte der Graf. »Wahrscheinlich hat der Gelehrte es dem Papst zu verdanken, dass er nicht auf dem Scheiterhaufen gelandet ist.«
»Aber er musste schließlich gegen ihn vorgehen«, sagte der Kardinal. »Die Inquisition hat ihn so sehr unter Druck gesetzt, dass er nun überall seine Schergen eingesetzt hat, um verkappte Ketzer aufzuspüren.«
Der vierte Gang wurde aufgetragen, Blanquette de Veau , Kalbsblankett mit Rahmsoße und Karotten. Trotz des ernsten Themas griff der Kardinal genüsslich zu.
»Papst Urban täte gut daran, sich deutlicher auf die Seite Frankreichs zu stellen«, meinte er, nachdem er noch einen Schluck Wein getrunken hatte. »Stattdessen versucht er, als neutraler Pontifex in Rom zu glänzen.«
»Ja, dieser Glanz ist ihm ganz eigen«, versetzte der Graf mit einem mokanten Lächeln.
»Er versteht sich als Fürst der Künste und Wissenschaften, baut wie ein Tollwütiger und hält sich einen Stall voller Mätressen.«
Agnes hob den Kopf. »Darf der denn das als Papst?«, fragte sie.
»Der lässt niemanden in seine Geschäfte hineinreden«, gab der Graf zur Antwort.
»Päpste sind unfehlbar, nicht wahr, Herr Kardinal?«
In den Augen Weltlins blitzte es. »Was für eine Antwort erwartet Ihr von mir, Herr Moran? Ich bin vom Papst und seinerKurie eingesetzt, den Kardinalshut darf nur tragen, wer seinem Oberhirten treu ergeben ist.«
Das Hauptgericht wurde abgetragen, eine Platte mit verschiedenen Käsesorten, Obst und eine leichte Süßspeise wurden hereingebracht. Elisabeth nahm sich ein paar Trauben.
»Am Hof König Ludwigs XIII. wird gemunkelt, dass Ihr, nun«, der Graf stockte kurz, »nicht immer dieselben Ziele verfolgt wie Papst Urban. Mir persönlich ist das gleichgültig, ich bin ein Humanist und Freigeist.«
»Das weiß ich, lieber Moran«, versetzte der Kardinal. »Ich will mir nur nicht in meinen Privatangelegenheiten herumschnüffeln lassen.«
»Recht so, lieber Herr Weltlin«, meint der Graf. »Ich hatte noch vergessen, Euch etwas zu sagen. Heute, vor Eurem Eintreffen, kam ein Bote aus Straßburg, der einen Brief für Euch gebracht hat.«
Der Kardinal erbleichte. Elisabeth schaute ihn betroffen an.
»Vom wem ist er?«, fragte der Kardinal.
»Dem Siegel nach von Philipp von Sötern, dem Erzbischof von Speyer.«
2. BUCH
November 1634 –Winter 1636
Speyer, Elsass, Kloster Lichtenthal
10.
Jakob schaute zum nächtlichen Himmel, an dem kalt die Sterne glänzten. Er hatte dieses Leben allmählich satt bis obenhin. Es erschien ihm wie eine Ewigkeit, seit er auf diesem Platz am Rhein angekommen war. Seitdem gab es fast täglich Streifzüge in die Umgebung, um Nahrung, Waffen und Kleider zu besorgen. Manchmal war er mit Jan van Werth in Streit geraten, wenn dessen Männer zu brutal mit der Bevölkerung umgingen. Es sei gegen das Kriegsrecht, hatte er immer wieder gesagt, unschuldige Frauen, Kinder und Greise zu foltern und zu töten. Aber bei van Werth stieß er auf taube Ohren. Es war Jakob, als wolle der General als besonders grausamer Kriegsherr in die Geschichte eingehen. Manchmal hatte er schon daran gedacht, seinen Dienst zu quittieren. Aber erstens fürchtete er, dafür erschossen zu werden, und außerdem: Wohin sollte er gehen? Im ganzen Land waren Freund und Feind bunt verstreut. Schließlich und endlich hatte er sich selbst den Auftrag gegeben, den Tod seiner Familie und den des Gesindes zu rächen. Johann van Werth trat an Jakob heran. »Was sinnierst du hier herum und schaust die Sterne an?«, fragte er. »Willst du nicht mit den anderen trinken und würfeln?«
»Ich brauchte einen Augenblick der Ruhe«, gab Jakob zurück. »Nach all dem Gemetzel und Geschrei.«
Die Züge des Generals verhärteten sich. »Der Krieg ernährt den Krieg, das hat schon unser General von Wallenstein gesagt, und da beißt die Maus keinen Faden ab. Wir müssen mehr raffen und Proviant zusammenbekommen. Du weißt, auf der anderen Seite des Rheins stehen die Franzosen und die Schweden.«
»Was meinst du, Jan, wie lange dieser Krieg wohl noch dauern wird?«
»Das weiß Gott
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