Die Köchin und der Kardinal
mir?«, fragte er in näselndem Ton.
Elisabeth gab sich einen Ruck.
»Wir sind Freunde des Kardinals von Weltlin«, sagte sie. »Er ist in der Weihnachtsnacht in einer Kutsche weggebracht worden. Nun wollten wir uns nach seiner Gesundheit erkundigen und ihn fragen, ob wir weiter in seinem Gefolge bleiben dürfen.«
Der Bischof antwortete nicht. Er schaute auf einen Punkt über den Köpfen der beiden Frauen. Eine Fliege summte am Fenster entlang. Endlich schien er sich darauf zu besinnen, dass eine Frage an ihn gestellt worden war.
»Thomas Weltlin und ich hatten eine Meinungsverschiedenheit, die wir aber ausräumen konnten. Ich habe ihn gestern nach Straßburg zurückgeschickt, damit er dort seinen Verpflichtungen nachgehen kann.«
Elisabeth merkte, wie enttäuscht sie war. Eigentlich hatte sie gehofft, der Kardinal würde schon bald nach Speyer zurückkehren und weiter seine schützende Hand über sie halten. Nun waren sie dem als grausam bekannten Jan van Werth ausgeliefert, auch wenn das bedeutete, dass sie in der Nähe von Jakob war. Am liebsten hätte sie beide bei sich gehabt, auch wenn ihr die Unmöglichkeit dessen bewusst war.
»Hat er … irgendetwas über seine Köchin und seine Näherin gesagt?«, fragte sie vorsichtig.
»Er erwähnte eine junge Frau, die so vorzüglich kochen könne, dass er sie in seine Dienste genommen habe«, antwortete Philipp von Sötern. »Seid froh, dass Ihr etwas könnt, das man immer brauchen kann, in Zeiten des Krieges und des Friedens. Mein Begehr ist zum Beispiel auf den Ausbau dieses Schlosses gerichtet. Ist das, was Ihr bisher gesehen habt, nicht magnifique ?«
Elisabeth wusste, dass dieses Wort »wunderbar« bedeutete, und meinte mit einem Nicken: »Es ist wirklich wunderbar und schöner als alles, was ich bisher gesehen habe, Exzellenz.« Agnes nickte begeistert dazu. Das schien das Herz des Bischofs zu erweichen. Er plauderte über seine Baupläne und über die Kriegszeiten.
»Seid Ihr gut katholisch?«, fragte er. Beide nickten wie auf ein Kommando. »Dann werde ich Euch mal etwas verraten. Bernhard von Sachsen-Weimar ist schon auf dem Weg hierher, um sich mit den Franzosen zu vereinen. Sie werden den abgrundschlechten Johann von Werth aus Speyer vertreiben. Dann kann er sein Winterquartier aufschlagen, wo immer er will, aber nicht bei uns!«
Und sie beide würden dann zwischen die Fronten geraten, dachte Elisabeth.
»Wir bedanken uns für Eure gnädige Audienz, Exzellenz!«, sagte sie. Sie machte einen Knicks, Agnes tat es ihr nach. Es würde ihnen nichts anderes übrigbleiben, als schleunigst nach Speyer zurückzukehren, um nicht einem Trupp von Soldaten in die Hände zu fallen. Der Kutscher hatte auf sie gewartet. Inzwischen hatte ein feiner Sprühregen eingesetzt, der alles wie durch einen grauen Schleier erscheinen ließ und den Boden mit einer Eisschicht überzog. Die Kutsche setzte sich Richtung Südosten in Bewegung, dorthin, wo neuerdings ein weiterer Schauplatz des Kriegs entstehen sollte. Je höher sie in die Berge hinaufkamen, desto kälter wurde es. Immer wieder rutschte das Pferd auf dem glatten Boden aus. Elisabeth spürte eine große Müdigkeit. Ihre Schwester hatte die Augen geschlossen und schien zu schlafen. Schließlich konnte Elisabeth keinen klaren Gedanken mehr fassen. Sie wollte weg von hier, wollte Ruhe und Frieden, wollte Jakob und den Kardinal an ihrer Seite haben. Aber das war ein Ding der Unmöglichkeit. Je mehr sie sich der Stadt Speyer näherten, desto mehr Soldaten sah Elisabeth, die sie eindeutig als Söldner Kaiser Ferdinands erkannte. Washatten die hier zu suchen? Die Antwort folgte auf dem Fuße: Sie waren auf Raubzügen ins Umland unterwegs, denn viele von ihnen hatten Ferkel, Hühner und Rinderhälften hinter sich auf dem Sattel. Andere zogen Karren nach der Stadt hin, beladen mit Brot, Getreide, Butter und Wintergemüse, andere führten Holz, Decken und Wäsche mit sich. Wie kam es eigentlich, dass der Oberst van Werth seinen Leuten keinen Sold zahlen konnte, wie Bernhard von Sachsen-Weimar es offensichtlich tat? Bernhard wurde vom Kardinal Richelieu, von Ludwig XIII. und den Schweden unterstützt, van Werth dagegen erhielt vom habsburgischen Kaiser keinen einzigen Gulden. Und von dieser Diebesbeute sollte sie dem Oberst, Jakob und ihren Männern Mahlzeiten bereiten, derweil die Leute auf dem Lande hungern und frieren mussten? Sollten sie nicht besser dem Kardinal Weltlin nach Straßburg folgen? Doch Elisabeth war zu
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