Die Köchin und der Kardinal
allem solltest auch du froh und dankbar sein, dass du nicht mehr eingesperrt bist.«
»Pah«, machte Agnes. »Wären wir doch in Straßburg geblieben! Was musste der Kardinal auch weiterziehen und in dieses gottverdammte Nest reisen!«
»Agnes, das will ich nicht gehört haben! Aber ein wenig hast du ja auch recht. In Straßburg oder auf dem Schloss wären wir sicherer gewesen, das sehe ich jetzt auch.«
Argwöhnisch schaute Agnes ihre Schwester an. »Hast du gewusst, dass dieser kaiserliche Söldner mit seinem Heer vor Speyer liegt? Hast du deshalb dem Herrn Weltlin in den Ohren gelegen, mit dorthin zu fahren?«
»Nein, das habe ich nicht gewusst«, antwortete Elisabeth und war froh, dass sie nicht rot wurde. »Der Kardinal hatte eine dringende Einladung vom Erzbischof, deshalb sind wir gereist. Das weißt du doch.«
Agnes schien sich damit zufriedenzugeben.
»Ich werde jetzt einmal versuchen, herauszufinden, wohin der Kardinal gebracht worden ist«, meinte Elisabeth.
»Tu das«, gab ihre Schwester zurück. »Ich werde mich erst einmal hinlegen und mich von dem ganzen Schrecken erholen.«
Auf deinem Bett in der Bischofspfalz hast du lange genug liegen können, dachte Elisabeth. Aber sie sagte nichts mehr. Stattdessen stieg sie die Treppe hinunter und überlegte sich, bei wem sie Nachforschungen anstellen könnte, ohne sich verdächtigzu machen. Beim Priester im Dom? Vielleicht doch lieber nicht. Warum nicht mit dem Wirt der Pilgerherberge anfangen? Elisabeth betrat den Schankraum, in dem viele der kaiserlichen Soldaten saßen. Sie trat an die Theke zum Wirt.
»Darf ich Euch etwas fragen?«, sagte sie mit gedämpfter Stimme.
»Ja, wenn es nichts kostet«, antwortete der Wirt und lachte dröhnend. Stille trat ein, alle Augenpaare waren auf sie gerichtet. Elisabeth wartete, bis jeder sich wieder seinem Getränk und seinem Nachbarn zugewandt hatte und der Lärm im Gastraum anschwoll.
»Nun, was möchtet Ihr wissen?«, fragte der Wirt. Elisabeth nagte an ihrer Lippe. »Wann kommt denn der Erzbischof einmal wieder nach Speyer?« Damit hoffte sie, ein allzu persönliches Interesse ihrerseits zu verbergen.
»Das kann niemand sagen«, meinte der Wirt und wiegte bedenklich den Kopf hin und her. »Jetzt, wo es Kaiser Ferdinand sozusagen in unsere Reihen geschafft hat.«
»Ein Hoch auf den Kaiser!«, rief einer der Söldner. »Wagt nur nicht, ein Wort gegen ihn zu sagen.« Er hob drohend die Faust gegen den Wirt.
»Beruhigt Euch, ich habe nichts gegen Euren Kaiser, im Gegenteil. Wer bei mir zu Gast ist und anständig bezahlt, ist immer willkommen.«
»Vielleicht müsst Ihr bald wieder die Gegenseite verköstigen, Herr Pilgerwirt«, ließ sich ein anderer vernehmen.
»Wie kommst du darauf?«, wunderte sich sein Nachbar.
»Ich habe Gerüchte gehört, nach denen Bernhard von Sachsen-Weimar sich auf dem Weg von Aschaffenburg nach Speyer befinden soll«, entgegnete der Söldner.
»Haha, er konnte die Stadt nicht einnehmen, und Geld hat er sicher auch keins mehr«, setzte der Erste dagegen.
»Das glaubst aber auch nur du«, mischte sich ein Dritter ein. »Am ersten November hat es in Paris einen Vertrag gegeben, dahat der Bernhard zwölftausend Mann und fünfhunderttausend Livres vom französischen König gekriegt!«
»Na ja, wir werden eh nicht lange hierbleiben, wie ich unseren Oberst kenne. Bald werden wir wieder auf Beutefang gehen müssen.« Damit wandte sich der Erste seinen Kameraden zu.
»Wisst Ihr etwas über einen Kardinal, der aus der Stadt mit einer Kutsche weggebracht worden ist?«, wandte Elisabeth sich nun wieder an den Wirt.
»Ja, das war doch nach der Mitternachtsmesse im Dom«, meinte der Wirt und kratzte sich den Bart. »Ich stand draußen, als einige Personen abgeführt wurden. Der Kardinal wurde in die Kutsche gestoßen. Ich meine, einer der Söldner hat zum Kutscher gesagt: Nach Trier, in den Bischofspalast.«
Elisabeth atmete erleichtert auf. Nun wusste sie wenigstens, wo sich der Kardinal befand. Sie würde sich darum kümmern müssen, nach Trier zu gelangen. Am Abend war die Pilgerherberge leer, so dass Elisabeth und Agnes es wagen konnten, sich in die Schankstube zu setzen und etwas zum Essen zu bestellen. Es gab nur noch eine Brotsuppe, alles andere hatten die Söldner verzehrt. Die Tür öffnete sich, und Jakob erschien im Rahmen. Elisabeth hätte sich fast verschluckt. Jakob war in Begleitung von Johann von Werth. Sie brachten Schneestiem mit herein. Elisabeth überlegte fieberhaft.
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