Die Köchin und der Kardinal
Sollte sie so tun, als würde sie Jakob nicht kennen? Schnell schaute sie zu Agnes hinüber und schüttelte fast unmerklich den Kopf. Doch Jakob schien einen bestimmten Zweck mit seinem Besuch zu verfolgen. Er fragte, ob sie sich zu ihnen setzen dürften. Dann stellte er sich und den Oberst vor.
»Das ist Elisabeth Weber, die Köchin des Kardinals Weltlin«, sagte er zu van Werth. »Können wir nicht so jemanden brauchen?«
»So jemanden können wir freilich brauchen«, meinte van Werth. »Nur mit dem Sold ist das so eine Sache. Ich kann nur in Naturalien zahlen.«
Elisabeth wurde es warm vor Freude. Erstens hätten sie auf diese Weise ein Auskommen, außerdem würde sie ständig in der Nähe von Jakob sein. Und der Kardinal? Ihn durfte sie doch nicht einfach im Stich lassen? Sie beschloss, alles auf eine Karte zu setzen.
»Sehr gern würden wir in Eure Dienst treten«, sagte sie mit fester Stimme. »Und ich bin sicher, dass ich auch im Sinne meiner Schwester spreche. Bevor ich anfangen kann, muss ich noch nach Trier, um dem Bischof einen Besuch abzustatten.«
»Was Ihr mit dem Bischof zu tun habt, geht mich nichts an«, meinte van Werth. »Hauptsache, Ihr seid ehrlich und zuverlässig.«
»Das ist sie«, meinte Agnes, und Jakob sagte: »O ja!«
Am anderen Tag waren Agnes und Elisabeth schon früh mit einer einspännigen Mietkutsche unterwegs. Zu ihrem Schutz fuhren vier bewaffnete Soldaten mit, das war im Mietpreis des Wagens inbegriffen. Von der flachen Rheinebene mit ihren Auen und bereiften Wiesen ging es hinauf ins Pfälzer Bergland. Elisabeth wunderte sich, wie gut die Bauern und Bürger mit Vieh, Getreide und Wintergemüse eingedeckt waren. In jedem Metzgerladen gab es Fleisch und Würste zu kaufen, bei jedem Bäcker weißes und schwarzes Brot und petits pains. Kühe, die gemolken werden wollten, muhten in den Ställen, Schweine suhlten sich in ihren Pferchen, Hühner und Hähne stolzierten auf den Dorfangern herum. Es waren drei Tagesreisen bis Trier, Elisabeth hatte nicht damit gerechnet, dass es so weit war. Je weiter sie nach Westen kamen, desto mehr fiel ihr auf, dass hier Truppen, vor allem französische, zusammengezogen wurden. Auf den Märkten standen die Werber und versprachen jedem, der dienen wollte, den Himmel auf Erden. Die Ärmeren unter ihnen gingen ihnen auch gewiss auf den Leim. Doch Elisabeth wusste, dass meist kein Sold gezahlt wurde oder wenn, dann nur denen mit höheren Rängen. Endlich erreichten sie das Moseltal und die alte Bischofsstadt Trier mit ihrer Porta Nigra, denTürmen und Kirchen. Der Kutscher hielt vor dem Bischofspalast.
»Das hier ist das kurfürstliche Palais von Trier, meine Damen«, meinte er und öffnete den Schlag.
»Wieso kurfürstlich?«, fragte Agnes, deren Augen zu leuchten begonnen hatten.
»Der Bischof ist gleichzeitig Kurfürst und Bischof von Trier und Speyer«, antwortete der Kutscher. »Und Nachfolger von Fürst Metternich. Das Hochschloss, in dem er wohnt, ist schon fast fertiggestellt. Fehlt noch das Niederschloss für die Wirtschaftsgebäude.«
Elisabeth zahlte den Kutscher und zog Agnes in den Eingang des Gebäudes hinein. Ein Diener in Livree saß hinter einem Tisch mit zierlich geschwungenen Beinen und fragte sie nach ihrem Begehr. Als er hörte, dass sie eine Audienz beim Bischof wünschten, wollte er in barschem Ton den Grund dafür wissen.
»Wir sind Freunde von ihm«, sagte sie. »Und möchten uns nach seiner Gesundheit erkundigen.«
Der Diener bedeutete ihnen zu warten. Etwa eine halbe Stunde später erschien er wieder und hieß sie ihm folgen. Die beiden staunten über die vielen Spiegel und Bilder, die Stuckornamente und die Böden und Treppen aus Marmor, über die sie der Diener geleitete. Schließlich blieb er vor einer der Türen stehen und klopfte.
»Entrez!«, erklang es von innen. Der Diener öffnete die Tür, machte einen Katzbuckel und ließ sie eintreten. In einem Raum von erlesenem Geschmack, wohl dem Audienzzimmer, saß Bischof Philipp von Sötern auf einem vergoldeten Thron. Er ging sicher schon auf die sechzig zu, trug ein Wams aus schimmerndem Brokat, eine Seidenhose und die seidig glänzende Mitra auf dem Kopf, die mit Gold- und Silberstickereien verziert war. Sein Gesicht wirkte streng, was von dem Spitzbart noch unterstrichen wurde. Den Mund hatte er zusammengekniffen.Elisabeth und Agnes machten tiefe Knickse vor ihm, woraufhin er ihnen gnädig seinen Ring entgegenstreckte, den sie küssten.
»Was führt Euch zu
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