Die Köchin und der Kardinal
Kardinal.
»In ein Kloster?«, fuhr Agnes auf. »Das ist nun der letzte Ort, an den ich in meinem Leben gehen wollte!«
»Es ist der einzige Ort, an dem wir drei jetzt sicher sein können«, beschied der Kardinal.
»Und wenn ich mich weigere?«
Dann wirst du eben eine Trosshure!, dachte Elisabeth in einem Anfall von Ärger. Konnte sich Agnes nie in das fügen, was gegeben und notwendig war?
»Ihr werdet mit uns gehen, Agnes«, meinte der Kardinal. »Denn es gibt sonst keinen Platz für Euch.«
Anscheinend fügte sich Agnes in ihr Schicksal, doch sie schmollte weiter vor sich hin. Schließlich erreichten sie, ohne aufgehalten zu werden, Karlsruhe, wo sie in einer sauberen Herberge Quartier nahmen.
»Eines wollte ich noch fragen, Herr Weltlin«, sagte Elisabethbeim Abendessen zum Kardinal. Er hatte inzwischen bürgerliche Kleidung angelegt. Agnes war hinausgegangen, um sich auf dem Abtritt zu erleichtern.
»Woher wusstet Ihr, dass wir uns auf der Rückfahrt von Trier nach Speyer befanden?«
»Euer Besuch beim Bischof hatte wohl einiges Aufsehen erregt. Wir sind nicht nach Straßburg gefahren, sondern ich habe die Reiter überredet«, er machte das Zeichen für Geld, »stattdessen nach Speyer zu fahren, was für sie eins war. Und dem Bischof war es dann letztendlich auch eins, glaube ich. Diese Reiter hatten die Geschichte von Eurer Audienz aufgeschnappt. Und so bin ich Euch dann gefolgt.«
»Was für eine wunderbare Fügung«, sagte Elisabeth. Leiser sagte sei: »Wessen wart Ihr angeklagt, Herr Weltlin?«
»Ich stehe im Verdacht, ketzerische Schriften in meinem Besitz zu haben und ketzerisches Gedankengut zu verbreiten«, antwortete er flüsternd.
»O Gott«, entfuhr es Elisabeth. »Hat er etwas herausgefunden?«
»Nein, es gab keinerlei Beweise, so dass er mich freilassen musste.«
»Wollt Ihr gar nicht wissen, ob ich meinen Rucksack noch bei mir habe?«, fragte Elisabeth.
»Ich habe ihn gesehen, schon oben im Rheintal«, antwortete der Kardinal. »Und ich wusste, dass Ihr ihn immer bei Euch haben würdet. Hat jemand hineingeschaut?«
»Nein. Die Vorstellung, wir könnten es in die Höhle des Löwen tragen, ist wohl zu ungeheuerlich gewesen, so dass niemand auf diesen Gedanken kam.«
Agnes kehrte an den Tisch zurück.
»Ich habe an die Äbtissin des Klosters Lichtenthal geschrieben«, erklärte der Kardinal. »Sie erwartet uns. Ich habe Euch beide als brave Katholikinnen ausgegeben, und ich hoffe, Ihr werdet Euch auch so benehmen.«
»Die Feuertaufe hat schon im Dom zu Speyer stattgefunden«, sagte Elisabeth und lachte. Der Kardinal und ausnahmsweise auch einmal Agnes stimmten in das Lachen ein.
»Weiß die Äbtissin, dass Ihr …?«, fragte Elisabeth den Kardinal nach einer längeren Pause, in der sie ihrem Essen zusprachen.
»Die Abtei Lichtenthal liegt auf der linken Seite der Oos und ist somit dem Bischof von Speyer unterstellt«, antwortete der Kardinal. Damit war von vornherein klar, dass sie sehr auf der Hut sein mussten.
Gegen Mittag des folgenden Tages kamen sie im Kloster Lichtenthal an. Es hatte sich überhaupt nichts verändert. Die Stadt Baden mit ihrem Schloss stand trutzig da wie eh und je, das Wasser der Oos floss schwarz und tiefgründig am Kloster vorbei. Durch ein Tor in der Klostermauer erreichten sie die Anlage mit Abtei- und Konventsgebäuden und der spitzgiebeligen Klosterkirche. Inmitten des Hofes, um den sich die Klostergebäude gruppierten, stand eine Kastanie, die ihre kahlen Zweige in den Himmel reckte. Die Schwester Pförtnerin führte sie zu dem Raum, in dem die Äbtissin Regiswind wohnte und arbeitete. Die Äbtissin war hochgewachsen und knochig, blickte aber mit wachen Augen in die Welt. Ihr Habit bestand aus einem weißen Ordensgewand mit schwarzem Skapulier und ebensolchem Zingulum. Die drei verneigten sich vor ihr.
»Seid willkommen in unserem Kloster des Lichts«, sagte sie. »Der Herr segne Euch und behüte Euch. Habt Ihr eine gute Reise gehabt?«
»Das haben wir, Mutter Regiswind, wie man eben gut reisen kann in diesen Zeiten«, entgegnete der Kardinal.
»Ihr kommt von Speyer?«
»Ebendaher, Mutter Regiswind. Johann von Werth hat die Stadt eingenommen, wie Ihr sicher erfahren habt.«
»Er dient dem Habsburger, aber gewiss nicht, weil er denselben Glauben hat. Tod und Verwüstung bringt er über dasLand! Ich schäme mich manchmal, so wie er katholisch zu sein!«
»Ihr seid eine verwandte Seele, Mutter Regiswind«, sagte der Kardinal schmunzelnd.
»Das
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