Die Köchin und der Kardinal
müde, um noch eine Entscheidung zu treffen. Sie ließ die Kutsche rollen.
12.
Sie fuhren gerade durch ein einsames Wäldchen, dessen Bäume schwer mit Schnee beladen waren. Der Kutscher hatte Mühe, die Pferde auf dem gefrorenen Weg voranzutreiben. Elisabeth hörte das Rasseln einer anderen Kutsche hinter sich. Sie steckte ihren Kopf aus dem Fenster. Die Kutsche gehörte einer begüterten Person, wie man am kunstvoll verzierten Verdeck und an der reichen Ausstattung sehen konnte. Elisabeth erschrak, als sie die Eskorte von zehn Reitern sah. Hatten sie es auf sie abgesehen? Die Reiter holten auf, kamen immer näher. Elisabeth zog schnell ihren Kopf zurück. Sie rief dem Kutscher zu: »Ich glaube, wir werden verfolgt! Mach Er doch ein wenig schneller!«
»Wenn ich nur könnte, wie ich wollte!«, schrie der Kutscher zurück. Elisabeth hörte das schneidende Geräusch, mit dem die Begleitsoldaten, die hinten auf dem Wagen standen, ihre Degen zogen. Herr im Himmel, was stand ihnen nun wieder bevor? Agnes war inzwischen aufgewacht und rieb sich die Augen.
»Was ist denn los?«, fragte sie schlaftrunken.
»Es ist nichts«, versuchte ihre Schwester sie zu beruhigen. »Wir sind gleich zurück in Speyer.«
»Aber die Soldaten haben doch ihre Degen gezogen?«
»Ist nur eine Vorsichtsmaßnahme, falls wir angegriffen werden.«
Die zehn Soldaten waren offensichtlich dicht hinter ihrem Wagen. Elisabeth hörte die Degen aneinanderklirren. Die anderen waren in der Übermacht, lange würden ihre Leute dem Kampf nicht standhalten können. Und was würde dann mit ihnen geschehen? Elisabeth wagte es sich nicht auszumalen.Der Weg wurde ebener und breiter. Der Kutscher trieb die Pferde unbarmherzig an, so dass sie durch das Wäldchen flogen. Aber auch die Reiter und die andere Kutsche wurden schneller. Schließlich überholten sie die ihre, kamen davor zum Stehen und zwangen sie, anzuhalten.
»Brr!«, rief der Kutscher. Jetzt war alles verloren. Agnes klapperten die Zähne. Eine Gestalt stieg aus dem Wagen, wie Elisabeth mit einem Blick nach hinten erkannte. Schwarze Soutane mit roten Knöpfen. Aber das war doch …
»Habt keine Angst, Kutscher!«, rief der Kardinal. »Wir kommen in freundlicher, wenn nicht in rettender Absicht. Lasst die beiden Damen in mein Gefährt steigen, sie sind gute Bekannte von mir.«
Elisabeth stieg aus dem Wagen und eilte dem Kardinal entgegen. »Herr Weltlin!«, rief sie überglücklich. »Wie kommt Ihr nur hierher?«
»Das werde ich Euch später erklären«, sagte er. »Jetzt holt Agnes und Euer Gepäck und steigt ein.«
Elisabeth tat, wie ihr geheißen. Agnes fügte sich ohne ein Wort. Sie sah immer noch sehr bleich aus. Mit ihren Säcken und dem Rucksack gingen sie zur anderen Kutsche hinüber.
»Mir soll’s recht sein«, brummte der Kutscher. »Bezahlt haben sie ja schon.«
Die Soldaten hatten in ihrem Kampf innegehalten. Sie sahen mit großen Augen zu ihnen herüber, während sie einstiegen. Der Kutscher des Kardinals trieb seine Pferde an. Der Wagen gewann rasch an Fahrt. Sie fuhren nun nach Westen, in die Rheinebene hinein. Bevor sie nach Speyer gelangten, bog der Kutscher rechts ab und nahm die Straße nach Karlsruhe.
»Wie ist es Euch ergangen, Herr Weltlin?«, wollte Elisabeth vom Kardinal wissen. Er saß den beiden Mädchen gegenüber und musterte Elisabeth immer wieder voller Freude.
»Ich wurde vom Bischof in Trier gefangengesetzt und mehrmals verhört«, sagte er.
»Aber warum denn?«, fragte Agnes. »Was habt Ihr denn getan, Herr Weltlin?«
»Es war ein Irrtum, jemand ganz anderes wurde gesucht, jemand, der gegen die Gebote der Kirche verstoßen hatte. Es war auch kein peinliches Verhör, wie Ihr vielleicht befürchtet, Agnes. Ein wenig Würde gesteht man den Geistlichen doch noch zu.«
»Und dann?«, fragte Elisabeth atemlos. Sie wusste genau, dass der Kardinal in Gegenwart von Agnes nicht die Wahrheit über das Geschehene sagen konnte. Agnes schaute wieder teilnahmslos zum Fenster hinaus, an dem gelbbraune, nasse Wiesen und kahle Bäume vorbeizogen.
»Dann schickte er mich unter Bewachung nach Straßburg zurück. Das war aber nun der letzte Ort, an dem ich in diesem Augenblick sein wollte. Ich musste zurück nach Speyer, um zu schauen, was dort geschehen war. Schließlich war es auch die Sorge um Euch, Elisabeth. Und um Agnes«, fügte er schnell hinzu.
»Wohin fahren wir eigentlich?«, wollte Agnes wissen.
»In ein Kloster in der Nähe von Baden«, sagte der
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