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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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habe ich auch schon gedacht, dass unser Glauben nicht mehr gar so glaubwürdig daherkommt«, antwortete die Äbtissin.
    »Ist in der Stadt alles beim Alten?«
    »Nein, Herr Weltlin, es hat sich einiges verändert. Markgraf Wilhelm hatte ja die Belagerung aufgeben müssen, weil die Bewohner zu gut versorgt waren. Später hat er dann den Papst angerufen, der Markgraf Friedrich befahl, den Platz im Schloss zu räumen. Der ist dann nach Durlach gegangen.«
    »Dann ist Baden also jetzt wieder katholisch?«
    »Die Bewohner wissen nicht mehr, woran sie sind. Vielleicht kommt morgen wieder ein Schwede und will, dass alles erneut protestantisch wird? Wir hier in unserem Kloster sind immer katholisch gewesen und werden es auch bleiben. Wir versuchen, die alten Werte aufrechtzuerhalten und leben nach den Regeln des heiligen Benedikt, ernähren uns von unserer Hände Arbeit, bestellen den Garten und helfen den Armen und Kranken. Unser Tagesablauf ist bestimmt von den Horen, von Gebet und Arbeit. Und Ihr seht, dass das Kloster fast gänzlich unversehrt durch diesen Krieg gekommen ist. Aber nun genug geredet.« Sie griff nach einer kleinen Glocke. Eine junge Nonne erschien.
    »Margarethe, führe doch unsere Gäste zu den Zimmern, die ich für sie vorgesehen habe. Ich erwarte Euch zur Vesper und dann zum Abendessen.«
    Sie folgten Margarethe einen schmalen Gang entlang. Agnes bekam eine Zelle am Anfang, Elisabeth eine am Ende des Ganges. Der Kardinal sollte in einem anderen Gebäude untergebracht werden. Die Zelle war einfach, aber nicht ohne Behaglichkeit ausgestattet. Außer dem Bett und einer Truhe befanden sich ein Tisch und ein Stuhl darin, um vielleicht abends noch ein wenig bei Kerzenschein lesen zu können. Der Boden warmit einem Schafswollteppich bedeckt. Eine Kohlenpfanne würde für Wärme sorgen. Elisabeth räumte ihre Sachen ein, verstaute den Rucksack in der Truhe und ging zum Brunnen hinaus, um sich Gesicht und Hände zu waschen. Die Wolken hingen tief über dem Schwarzwald und über der Ebene. Dann war es Zeit für die Vesper. Elisabeth lief zur Kirche hinüber, aus der schon gregorianische Gesänge erklangen. Sie setzte sich neben Agnes in eine Bank. Der Kardinal hatte seinen Platz ganz vorn. Wie Engel sahen die Nonnen in ihren weißen Gewändern aus. Der Kardinal erhob sich, trat vor den Altar und sagte: »Die ehrwürdige Mutter Regiswind hat mich gebeten, bei Euch das Priesteramt auszuüben, solange ich hier zu Gast bin. Der Herr segne Euch und behüte Euch. Der Herr lasse Sein Angesicht leuchten über Euch und gebe Euch Frieden.«
    Der Gottesdienst verlief nicht viel anders als diejenigen, die Elisabeth kannte, nur beim Abendmahl wurde es ihr wieder ein wenig klamm zumute, als sie hörte, es sei der Leib des Herrn, den sie esse, und sein Blut, das sie trinke. Sich mit Weihwasser zu benetzen vergaß sie auch diesmal nicht, ermahnte vorher leise Agnes, daran zu denken. Die Äbtissin hatte die beiden Schwestern nicht gefragt, aus welchem Wohnort sie kamen. Aber sie würde es noch wissen wollen. Elisabeth hatte sich entschlossen, die Stadt Rottenburg als ihre Heimat anzugeben, die war auf jeden Fall erzkatholisch, und sie kannte sich dort aus. Zum Essen trafen sich die Nonnen im Refektorium. Während der Mahlzeiten durfte nicht gesprochen werden. Eine Schwester las aus den Werken des heiligen Benedikt vor. Es gab eine Graupensuppe, Brot und Butter.
    Elisabeth und Agnes lebten sich schnell im Kloster ein, lernten, sich an die Stundengebete zu halten, und passten sich dem immer gleichen Tages- und Nachtrhytmus an. Auch als Gäste waren sie gehalten, die strengen Regeln des Klosters zu befolgen. Der Kardinal riet ihnen, zu ihrem eigenen Schutz auch das Habit der Zisterzienserinnen zu tragen. Mutter Regiswindfragte Elisabeth und Agnes, welche Arbeit sie gern im Kloster verrichten wollten. Nach einem Gespräch über ihre besonderen Vorlieben und Fähigkeiten wurde Agnes der Wäscherei zugeteilt, Elisabeth der Küche. Neben der Zubereitung des Frühstücks und der Mahlzeiten oblag Elisabeth auch das Herstellen von Likören, die das Kloster auf dem nahen Markt in Baden verkaufte. Um einen Schlehenlikör anzusetzen, verließ Elisabeth mit zwei Eimern in den Händen die Küche, um sich in den hintersten Winkel des Gartens zu begeben, wo die Schlehenbüsche standen. Es war neblig, Gras, Büsche und Bäume waren mit Reif bedeckt. Die Schlehen würden umso besser sein, je mehr Frost sie bekommen hatten. Mit den vollen Eimern

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