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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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selbst, die Farben?«
    »Ich schreibe mit einer Gänsefeder, von denen es hier genügend gibt.« Er lächelte. »Die Nonnen haben sich gewiss nicht das Vergnügen einer Martins- oder Weihnachtsgans entgehen lassen. Ich schreibe mit Dornrindentinte, aus den Rinden der Schlehenbüsche. Sie ist haltbarer als zum Beispiel Eisengallustinte. Die Farben werden aus verschiedenen Mineralien und Pflanzensäften hergestellt.«
    »Ich hätte nicht übel Lust, mich auch einmal darin zu versuchen«, sagte Elisabeth versonnen. »Ich könnte zum Beispiel das Kochbuch der Anna Weckerin fein säuberlich abschreiben. Oder ein eigenes entwerfen.« Sie klatschte in die Hände. »Ja,das wäre eine schöne Beschäftigung für mich, die auch helfen würde, die lange Winterzeit zu verkürzen.«
    »Wo habt Ihr denn das Kochbuch der Anna Wecker?«, fragte der Kardinal.
    »Nachdem Ihr es mir damals in Baden auf dem Schloss übergeben hattet, tat ich es zu den anderen Büchern in meinem Rucksack.«
    Der Kardinal blickte sie überrascht an und nickte dann. »Dort sollen sie auch bleiben«, meinte er.
    »Was ist, wenn der Erzbischof persönlich kommt und die fertige Bibel abholen will?«, fragte Elisabeth.
    »Wahrscheinlich schickt er einen Kurier«, meinte der Kardinal. »Aber selbst, wenn er käme, hat niemand etwas zu befürchten. Es dauert auch noch einige Monate, bis ich fertig bin.«
    »Dann fange ich schon mal mit dem ersten Rezept an«, sagte Elisabeth. Sie ging hinüber zum Scriptorium, nahm im Schein einer Öllampe eine Gänsefeder und tauchte sie in das Tintenfass. Sie schrieb das erste Rezept auf, das ihr in den Sinn kam: die gebratene Leber, die sie in Calw zubereitet hatte, bevor Johann von Werth mit seinen Söldnern gekommen war. Sie schrieb, Seite an Seite mit dem Kardinal, bis die Glocke zur nächsten Andacht läutete.
    »Darf ich wiederkommen?«, fragte sie den Kardinal.
    »Mutter Regiswind wird froh sein, dass ihre Bibliothek um so ein schönes Kochbuch bereichert wird«, antwortete er. »Aber gebt Acht, dass Ihr Euch auch ein wenig erholt von Arbeit, Gebet und Schreiben!«
    »Ich habe so wenig Zeit«, versetzte Elisabeth. »Immer denke ich, sie reicht nicht aus für mein Leben!«
    »Alles hat seine Zeit«, meinte der Kardinal. »Und alles wird reifen und zum Vorschein kommen. Ihr könnt es nicht zwingen!«
    »Ja, Herr Weltlin, aber das Buch möchte ich fertig schreiben, solange ich noch im Kloster bin.«
    »Wie lange denkt Ihr, dass das sein wird?«
    »Ich weiß es nicht. Wenn der Krieg vorbei ist?«
    »Ich fürchte, dass das noch lange nicht der Fall sein wird«, sagte der Kardinal.

13.
    Nach einer milderen Periode schlug der Winter noch einmal mit voller Kraft zu. Das Flüsschen Oos gefror zu einer Eiskaskade, von den Dächern hingen dicke Zapfen, und von den Bergen her hörte Elisabeth des Nachts die Wölfe heulen, nur unterbrochen von den klagenden Rufen der Käuzchen. Aber dann war die kalte Jahreszeit endlich zu Ende. Warme Luft kam von Süden heran, Schnee und Eis begannen zu schmelzen. Wann immer sie Zeit erübrigen konnte, hielt Elisabeth sich im Scriptorium auf und schrieb ihre Rezepte nieder. Sie nahm eine Einteilung dafür vor, aber nicht wie die Weckerin nach »Mandeln, Gersten und Gemüse«, »dürrem und frischem Obst«, »Fleischwerk wildes und zahmes« und »von allerhand Fischen, Sülzen und Soßen«, sondern »Suppen«, »Vorspeisen«, »Rindfleisch, Schweinefleisch, Schaf- und Lammfleisch, Wildbret, Hühnervögel und Wildvögel«, »Fische, Muscheln und Schnecken«, »Breie, Brot und andere Backwaren«, »Gemüse und Pilze«, »Eierspeisen«, »Obst« und »Nachspeisen«. Mutter Regiswind unterstützte sie bei ihrer Arbeit, ermahnte sie aber, mehr auszuruhen. Jeden Tag wurde es ein wenig wärmer. Die ersten Anemonen erblühten über Nacht, keiner hatte gesehen, wie sie aus dem Boden herausgekommen waren. Der Likör war fertig, so dass Elisabeth auf den Markt gehen und ihn verkaufen konnte. Sie hatte die Flüssigkeiten vorher schon abgeseiht und in Bauchflaschen gegossen. Nun lud sie die Flaschen auf einen Ochsenkarren und zog zusammen mit Agnes nach Baden hinüber. Es war, als wäre Elisabeth und die Welt um sie herum aus dem Winterschlaf erwacht. Auf den Wiesen blühten Traubenhyazinthen, Blausterne, Krokusse und Primeln, in den Gärten,die sie bald erreichten, machten sich Schneeglöckchen, Märzenbecher und gelber Hahnenfuß breit. Alle Menschen, denen sie begegneten, sahen heiter und zufrieden aus.

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