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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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kehrte sie in die Küche zurück. Sie schüttete die Beeren in ein Holzfass, gab Honig vom Zeidler, dem Wabenschneider, eine Schote Vanille und schließlich mehrere Kannen Branntwein darüber. Diese Mischung musste nun sechs bis acht Wochen ruhen, nur gelegentlich umgerührt werden. Desgleichen bereitete sie einen Quittenlikör zu. Aus dem Keller holte sie einen Korb mit Quitten, die sehr schön gelb waren, befreite sie von dem Flaum, legte sie in ein anderes Fass, gab ebenfalls Branntwein, Honig und Wasser darüber. Der Inhalt musste einmal am Tag gerüttelt werden. Später musste sie den Quittensaft abseihen und mit einem Trichter in irdene Krüge füllen, die sie mit einem Stopfen verschloss. Elisabeth bereitete Butter, indem sie Milchrahm so lange rührte, bis sich goldene Klumpen bildeten. Die knetete sie mit ein wenig Salz durch, wickelte die Batzen in Pergament und brachte sie zum Kühlen in den Keller. Agnes kochte die Bettwäsche des Klosters in einem großen Zuber aus, hängte sie zum Trocknen auf die Leinen im Waschhaus, um sie später mit einem Plätteisen zu bügeln und zusammenzulegen. Die Ordensgewänder wusch sie mit der Hand, nahm Seife und ein Waschbrett zu Hilfe. Der Kardinal hielt Predigten, erteilte die Beichte und schrieb in der klostereigenen Bibliothek Texte ab.
    Anfang Februar, nach einer längeren Periode starken Frostes, begann es zu schneien. Weiche, filigrane Flocken schwebten vom Himmel herab, tanzten und zergingen, wenn sie auf den Boden trafen. Das Treiben wurde immer dichter, und bald bedeckte ein weißes Tuch die Berge, den Garten, das Kloster und die nahe Stadt. Mit weiteren Plünderungen war nicht zu rechnen, denn die Heere lagen in ihren Winterquartieren.
    Das Leben im Kloster ging seinen beschaulichen Gang. In der Bibliothek, einem Ort der Gelehrsamkeit, war es nicht verboten, leise miteinander zu sprechen. Und so suchte Elisabeth den Kardinal, wie schon oft, nach dem Mittagessen dort auf. Der Duft nach altem Leder und Staub empfing Elisabeth. An den Wänden waren Regale angebracht, in denen Hunderte von Büchern eingereiht standen. Elisabeth liebte diesen Raum über alles. Hier konnte sie nicht nur ihre Lektüre auswählen, um während der Vakanz oder abends vor dem Schlafengehen noch darin zu lesen, hier war sie auch dem Kardinal ein wenig näher als in der Kirche oder bei den gemeinsamen Mahlzeiten, bei denen ja bekanntlich kein Wort über ihre Lippen kommen durfte. Ihre Beziehung war inniger geworden, ohne dass der Kardinal die Grenzen, die ihm sein Amt und die Regeln des Klosters auferlegten, jemals auch nur annähernd überschritten hätte.
    »Womit seid Ihr gerade beschäftigt, Herr Weltlin?«, fragte Elisabeth.
    Der Kardinal war in eine graue Kutte gekleidet, die er stets während der Arbeit im Scriptorium, einem abgeteilten Raum der Bibliothek, trug. Sein Gewand und seine Hände waren farbig verziert.
    »Mutter Regiswind hat mich beauftragt, einige Bücher zu kopieren«, sagte er. »Die Druckereien in der Gegend arbeiten zur Zeit nicht, kriegsbedingt oder auch wetterbedingt, ich weiß es nicht so genau. Da drüben«, er zeigte auf das Scriptorium, »liegt eine lateinische Bibel, die der Erzbischof von Speyer gernekopiert haben möchte. Er weiß ja nicht, dass ich hier bin. Normalerweise macht das Mutter Regiswind selbst, oder sie beauftragt eine ihrer Nonnen damit. Aber sie ist, wie Ihr wisst, in dieser Zeit zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt.«
    »Zum Beispiel mit der Pflege von Kranken, hier im Kloster und in der Stadt«, ergänzte Elisabeth. »Und sie verteilt milde Gaben an die Armen.«
    »So ist es«, versetzte der Kardinal.
    »Wie geht denn das mit dem Kopieren?«, wollte Elisabeth wissen. Daheim in Calw hatte es zwar eine Druckerei gegeben, aber dort hatte sie nie Zutritt erhalten.
    »Der Auftraggeber, in diesem Fall der Erzbischof, bestimmt die Ausführung und Ausgestaltung des Buches. Gold, Pigmente und die Grundlagen für die einzelnen Farben haben wir hier im Kloster. Ich bekomme den Schreibgrund, das Papier, in Form einer Doppelseite zugeschnitten. Das liniere ich und lege die Zeilenhöhe und die Begrenzung fest. Dann beginne ich zu schreiben. Dabei lasse ich die großen Initialbuchstaben weg und füge sie später ein. Die Bilder werden von einem Illustrator gemalt, der nach Fertigstellung des Textes kommt und in die vorbestimmten Stellen seine Illuminationen einträgt. Schließlich wird das Buch vom Binder in Leder eingebunden.«
    »Und das Schreiben

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