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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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Gottesdienst gehen wollte, kam Pater Josef. Er hat ihm erzählt, dass er Euch vor zwei Nächten am Rhein gesehen habe. Doch Ihr wart nicht allein. Ein junger Mann sei in Eurer Begleitung gewesen, und Pater Josef vermutet, dass es ein Offizier der Feinde gewesen sei.«
    O Gott, sie waren beobachtet worden! Und ausgerechnet von Pater Josef, dem Patrioten.
    »Ihr müsst fliehen«, fuhr Christoph fort. »Packt Euch etwas zum Essen in Euren Rucksack und nehmt den Weg am Rhein entlang, auf der eidgenössischen Seite. Ich wünsche Euch alles Gute!« Mit diesen Worten drehte er sich um und war wieder in der Menge verschwunden. In Elisabeths Kopf drehte sich alles. Sie bahnte sich vorsichtig einen Weg durch die Menschen, die dicht gedrängt standen. Elisabeth lief zum Lager, holte den Rucksack aus ihrem Zelt, warf ein paar Kleider in ihre Reisetasche und eilte zum Küchenzelt hinüber. Hier packte sie einen Schinken, zwei Brote, Wurst und einen Schlauch mit Wein in ihren Rucksack. Sie vergewisserte sich, dass der Beutel mit den Dukaten, die sie von Bernhard für ihre Dienste erhalten hatte, noch an ihrem Gürtel befestigt war. Auch die beiden Kochbücher waren noch da. Zu guter Letzt steckte sie eines der scharfen Messer ein. Elisabeth trat aus dem Zelt heraus und schaute sich vorsichtig um. Die Lagerinsassen waren, bis auf wenige Alte, noch beim Gottesdienst versammelt. Die Klänge eines weiteren geistlichen Liedes wehten zu ihr herüber. Elisabeth blinzelte der Sonne zu, die schon frühlingshaft wärmte, und wanderte zum Rhein hinüber. Wenn jemand sie fragen würde, wohin sie gehe, würde sie sagen: zum Fluss, Wasser holen. Sie kam zu der Stelle, an der Jakob vor zwei Nächten das Bootfestgemacht hatte. Es war fort, dafür reckten sich zwei blutige, zerfetzte Hände aus dem Gebüsch. Elisabeth schreckte zusammen. Sie wanderte hinter ihrem eigenen Schatten her, denn die Sonne stand in ihrem Rücken. Nur wenige Fußgänger und Reiter waren unterwegs, beachteten sie aber nicht weiter. Sie ließ die Stadt Rheinfelden hinter sich und ging auf dem Uferweg des Rheins entlang. Die Schweizer Berge lagen linker Hand, mächtig ragten sie auf, mit Schneekronen auf den Gipfeln bis tief in die Täler herunter. Vor ihr lag die alte Stadt Basel. Was hatte Jakob bei ihrem Abschied gesagt? Er würde zur Festung Breisach reiten. Bernhard wollte zur Burg Rötteln, nach Neuenburg und nach Freiburg. Diese Orte musste Elisabeth also weiträumig umgehen. Sie wandte sich nach Norden.
    Jakob hatte Lörrach verlassen und wandte sich der Straße nach Kandern zu. Er fühlte sich gehetzt, spürte die Armee Bernhards immer in seinem Nacken, und er merkte, dass seine Angst sich auf seinen Rappen Ferdl übertrug. Der schüttelte öfter als sonst den Kopf, schnaubte und ließ die Mähne fliegen. Der Wind kam von Westen, von den Vogesen, schüttelte die Bäume und Sträucher, die immer noch kahl ihre Zweige in den Himmel reckten. Innerhalb zwei weiterer Tage erreichte Jakob die Festung Breisach. Ferdl klapperte die Steige zur Burg hinauf. Sie wurde von dem mächtigen, graubraunen Klotz des Stefansmünsters überragt. In der Ferne konnte Jakob den Rhein und das Straßburger Münster erkennen, im Südosten, im Dunst der Ferne, das von Freiburg. Dem Torwächter gab er sich als Offizier van Werths zu erkennen. Man hatte offensichtlich schon von dessen Gefangennahme gehört. Ein Diener führte Jakob in den Burghof hinein. Er war von hohen Wänden aus rötlichem Gestein eingeschlossen. Jakob sah Stallungen, ein Ritterhaus, eine Schmiede und eine Küche, die an das Ritterhaus angebaut war. Vor dem Küchenbau wurde ein riesiger Ochse am Spieß gebraten, Jakob konnte das Fett riechen, das in die Glut tropfte.Das Wasser lief ihm im Munde zusammen, denn er hatte auf seiner Reise nicht viel zum Essen bekommen. Hans Heinrich IX. von Reinach, seines Zeichens Feldzeugmeister der kaiserlichen Armee, war ein mittelgroßer, korpulenter Mann Ende dreißig mit fleischigen Lippen. Jakob wusste, dass er an der Schlacht bei Nördlingen teilgenommen hatte und zur Belohnung für seine Verdienste 1634 als Kommandant der Feste Breisach eingesetzt worden war. Die Kemenate des Kommandanten war mit dunklem, edlem Holz ausgekleidet und der Boden mit feinsten Teppichen belegt; an den Wänden hingen Gemälde von Schlachten. In einer Ecke stand ein Himmelbett, in der Mitte ein Tisch, an dem von Reinach vor einer Karaffe Wein saß. Er goss einen frischen Becher ein, hielt ihn Jakob entgegen

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