Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)
die Beine abgebissen.«
»Was soll nun werden?«, fragte Gladwyn verzagt. »Gorwyn und Terric sind tot, Eidard verwundet …«
»Es geht schon«, gab der Clansmann zähneknirschend bekannt, der noch immer grässliche Schmerzen zu leiden schien, sie jedoch tapfer unterdrückte.
»Wir sind in die Festung des Feindes eingedrungen, nur das zählt«, sagte Ferghas rau. »Wir wussten alle, worauf wir uns einlassen, also fangt mir jetzt nicht an zu flennen wie die Waschweiber! Dag?«
Die feste Stimme des Hochländers riss Dag aus seiner Lethargie. Ferghas hatte recht! Sie waren hier, um eine Mission zu erfüllen, der Angriff der Höhlenwürmer hatte nichts daran geändert. »Wo sind wir?«, wollte er wissen.
»In einem Stollen, etwa sechs Ellen breit und ebenso hoch. Adern von Leuchtgestein durchziehen die Decke, die Wände sind mit Runenzeichen bemalt.«
»Was für Runen?«, fragte Dag. »Sind es drei senkrechte Striche mit einer Art Dach darüber?«
»Verdammt richtig.«
Dag nickte. »Das bedeutet, dass dieser Gang zum Kerker führt. Folgen wir ihm in die Richtung, in die die Rune deutet, müssten wir zu einem der Hauptstollen gelangen. Von dort aus führen Stufen in die Tiefe – und zu meinem Vater.«
»Worauf warten wir dann noch?«, fragte Henquist. »Tun wir, wozu wir hier sind.«
»Wir müssen uns vorsehen«, warnte Dag. »Wir sind jetzt im Schlupfwinkel des Feindes. Wenn wir entdeckt werden oder einer Patrouille in die Arme laufen, sind wir verloren.«
»Ihr habt es gehört, Leute«, knurrte Ferghas.
Und sie gingen weiter.
12
A ryanwen rannte, so schnell sie konnte, auf der verzweifelten Suche nach einem Fluchtweg, während sie hinter sich aufgeregte Rufe hörte. Die Wachen schlugen Alarm – nicht lange, und aus dem Palast würde es kein Entkommen mehr geben!
So dankbar sie dafür war, dass das Kleid, das sie trug, von dunkelblauer Farbe war und sie in der hereinbrechenden Dunkelheit zumindest vor flüchtigen Blicken bewahrte, so sehr verwünschte sie den reich bestickten Brokat, der schwer war und sie am Laufen hinderte. Den Saum mit den Händen raffend, hastete sie den Wehrgang hinab, dem Tor entgegen, das den einzigen Ausgang aus dem Palast bildete. Noch mochte ihre Autorität als Königin genügen, um den Auslass zu erzwingen – schon in wenigen Augenblicken jedoch würde sich dies grundlegend geändert haben.
Aryanwens Gedanken rasten.
Vigor war hinter das Geheimnis gekommen, dessen war sie sicher. Sie kannte Lavan zwar als ruchlosen Machtmenschen und Intriganten, nicht jedoch als Mann von großer Kombinationsgabe. Dass nur die halbe Wahrheit ans Licht gekommen war und weder Lavan noch der Zwerg etwas von der Existenz Alannahs ahnten, tröstete Aryanwen kaum; ihre Hoffnung war es gewesen, die Spuren so weit zu verwischen, dass der König die erfolglose Suche nach seinem vermeintlichen Erben irgendwann aufgeben und ihn für tot halten würde. Doch dieser Plan war kläglich gescheitert! Einmal mehr hatte Vigor ihre Kreise gestört, und sie konnte nicht anders, als den verbrecherischen Zwerg dafür zu hassen. Wo auch immer er auftauchte, säte er nichts als Zwietracht und Verderben.
Sie erreichte das Ende des Wehrgangs. Auf dem Turm, der sich über der Mauer erhob, stand eine Wache, die sie jedoch nicht bemerkt zu haben schien. So leise und rasch sie es vermochte, huschte Aryanwen die Stufen hinab, die sich in enger Drehung in die Tiefe wanden, und gelangte in die Torhalle. Fackeln, die in eisernen Wandhalterungen steckten, erhellten das Gewölbe, in dem ein Trupp Soldaten Wache hielt, allesamt Mitglieder der königlichen Garde.
Aryanwen fasste sich ein Herz. Sie ließ den Saum ihres Kleides los und richtete sich auf, versuchte ihren stoßweisen Atem zu kontrollieren und so würdevoll wie möglich auszusehen, während sie auf die Männer zutrat.
»Wachen!«
»Die Königin!«
Ein Ruck schien durch die Männer zu gehen, die zu beiden Seiten des verschlossenen Tores auf Holzschemeln gesessen und sich miteinander unterhalten oder gespielt hatten. Karten und Würfel fielen zu Boden, als die Soldaten aufsprangen und Haltung annahmen. Das Königswappen von Tirgaslan schimmerte im Fackelschein auf ihren blauen Röcken.
»Zu Diensten, meine Königin«, schnarrte der Hauptmann.
»Öffnet das Tor«, wies Aryanwen die Männer an, ihre innere Unruhe dabei so sorgsam wie möglich verbergend.
»Mei-meine Königin?« Der Hauptmann, ein grimmig aussehender Veteran, der schon an die fünfzig Winter
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