Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Titel: Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
betreten. Fingerdicker Staub lag auf dem steinernen Boden, in dem keinerlei Spuren zu entdecken waren. Unberührt lag er da, und Aryanwen hatte das Gefühl, mit jedem Schritt, den sie tat, ein Stück weiter in die Vergangenheit einzutreten.
    Die Gestalt Königin Alannahs hatte sie von jeher fasziniert, und sie hatte sich manches Mal gewünscht, nicht in dieser von Krieg und Verrat geprägten Zeit zu leben, sondern in jener glorreichen Epoche der Menschheitsgeschichte, in der die Welt voller Zukunft und Möglichkeiten gewesen war. Dass ein geheimer Gang aus dieser Zeit ihr nun das Leben rettete, war eine wunderbare Wendung.
    Oder?
    Je länger der Weg durch das nur von schwachem, gelbgrünem Leuchten durchbrochene Halbdunkel dauerte, desto mehr kamen Aryanwen Zweifel. Was, wenn es keinen Weg nach draußen gab? Wenn sie sich geirrt hatte und der Stollen nirgendwohin führte? Oder wenn er in seinem weiteren Verlauf eingestürzt war und damit unpassierbar? Soweit sie es im spärlichen Licht beurteilen konnte, war das Stollengewölbe in einem schlechten Zustand. An vielen Stellen wies es Risse auf, an einigen sogar faustgroße Löcher. Und zu ihren Zweifeln gesellten sich Hunger und Durst, da sie den ganzen Tag über kaum etwas gegessen hatte, ihr Körper von den Strapazen jedoch stark entkräftet war. Alles in ihr sehnte sich danach, sich auszuruhen, und nachdem sie eine endlos scheinende Weile lang gegangen war und einen Fuß vor den anderen gesetzt hatte, gönnte sie sich tatsächlich eine Rast.
    Keuchend sank sie an der Stollenwand nieder, zog die Beine an sich und bettete ihr müdes Haupt auf die verschränkten Arme. Während sie sich ausruhte, lauschte sie in den Stollen, ob verdächtige Geräusche zu hören waren – Schritte, das Klirren von Waffen oder die Stimmen ihrer Verfolger. Doch es blieb still, und so fiel Aryanwen in unruhigen Schlaf.
    Als sie jäh wieder emporschreckte, wusste sie zunächst nicht, wo sie sich befand. Ein panischer Laut entfuhr ihr angesichts der sie umgebenden Düsternis, dann erst kehrte ihre Erinnerung zurück. Mit noch immer knurrendem Magen und brennender Kehle raffte sie sich auf die Beine und setzte ihren Weg fort. Sie wusste nicht genau, wie lange sie geschlafen hatte, aber die zaghaften Lichtschäfte, die durch die Deckenöffnungen in den Stollen fielen, legten nahe, dass der neue Tag angebrochen war. Gelegentlich blieb Aryanwen stehen und blickte in das Licht, genoss einige Augenblicke lang die Wärme und den fahlen Schein, die die aufgehende Sonne durch die Öffnung schickte, und fand darin ein wenig Trost. Ihre Hoffnung, der Stollen könnte unbeschädigt sein und sie vielleicht doch zu einem Ausgang führen, kehrte zurück.
    Bald rastete sie erneut. Was hätte sie inzwischen um ein Stück Brot oder auch nur für einen Schluck Wasser gegeben! Ihre Kehle fühlte sich an wie ausgedörrt, ihre Zunge war angeschwollen, und ihr Magen verkrampfte sich, wann immer sie auch nur an Nahrung dachte.
    Was mochte inzwischen an der Oberfläche vor sich gehen? Vermutlich hatten ihre Verfolger die eiserne Pforte längst aufgebrochen, den Zugang zum Stollen aber wohl nicht gefunden. Allerdings gab Aryanwen sich einer Illusion hin. Da man gesehen hatte, wie sie in das Mausoleum flüchtete, würde man nicht aufhören, nach ihr zu suchen, und früher oder später, davon war sie überzeugt, würden Lavans Leute den verborgenen Zugang entdecken. Bis dahin musste Aryanwen den Stollen verlassen haben – vorausgesetzt, er nahm je ein Ende.
    Obwohl sie todmüde war und entkräftet, raffte sie sich wieder auf die Beine, stolperte und wankte weiter durch das Halbdunkel, arbeitete sich voran. Irgendwann zeigten die Lichtschäfte an, dass sich der Tag dem Ende neigte – der einfallende Schein verfärbte sich gelblich und wurde schwächer. Aryanwen konnte nicht verhindern, dass sie Panik überkam. Offenbar folgte sie diesem Stollen nun bereits einen ganzen Tag lang – wollte er überhaupt kein Ende nehmen?
    Sie zwang sich, weiterzugehen, dachte dabei an Dag und an ihre kleine Tochter, die sie um jeden Preis wiedersehen wollte. Der Gedanke gab ihr Kraft und trieb sie weiter an, bis sie dem Zusammenbruch nahe war und sich kaum noch aufrecht halten konnte. Ihre Beine schmerzten, ebenso wie ihr Magen und ihre ausgedörrte Kehle, und sie war kurz davor, der Versuchung nachzugeben und sich einfach auf den Stollenboden zu legen, um zu schlafen – als sich verschwommene Konturen aus dem Halbdunkel

Weitere Kostenlose Bücher