Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Titel: Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
ohne größere Wirkung. Bislang.«
    Dag schnaubte. »Ihr glaubt immer noch, dass ich daran etwas ändern könnte. Warum nur?«
    Dwethan blieb stehen und ließ ein tiefes Seufzen vernehmen. »Du wirst nicht aufhören, mir Fragen zu stellen, oder?«
    »Erst, wenn ich Antworten bekommen habe, alter Mann.«
    »Das dachte ich mir. Auch damit erinnerst du mich übrigens an jemanden, den ich einst kannte. Er hat mich ebenfalls unentwegt mit überflüssigen Fragen gelöchert und mich einen alten Mann genannt.« Er unterbrach sich für einen Moment, und es kam Dag vor, als würden die Gedanken des Greises für einen Moment in die Vergangenheit schweifen. »Dennoch muss es dir genügen, wenn ich dir sage, dass jedwede Kreatur der Schöpfung eine Aufgabe zu erfüllen hat – und deine ist noch nicht erfüllt.«
    »Und was macht Euch da so sicher?«
    »Das werde ich dir sagen, wenn es so weit ist«, erwiderte Dwethan und setzte den Marsch fort. »Die Zeit bis dahin solltest du damit zubringen, herauszufinden, wer du bist. Ein weiser Mann hält maß und nutzt die Zeit, die ihm gegeben ist.«
    »Ein weiser Mann …«, wiederholte Dag flüsternd – als ihn die Erkenntnis mit der Wucht eines Hammerschlags traf. »Jetzt weiß ich es!«, rief er aus und blieb abrupt stehen.
    »Schon?« An der Art, wie Dwethans Stimme sich veränderte, merkt Dag, dass sich der Alte wieder zu ihm umwandte. »Du hast nur ein paar Augenblicke gebraucht, um herauszufinden, wer du bist?«
    »Um herauszufinden, wer Ihr seid«, verbesserte Dag. »Eure Stimme kam mir die ganze Zeit über merkwürdig bekannt vor, aber ich wusste nicht, woher. Aber jetzt ist es mir eingefallen.«
    »Nun?«
    »Es liegt fast ein Jahr zurück, auf einem Brunnenplatz in Tirgaslan … Ihr hieltet eine Rede.«
    »Strafpredigt trifft es wohl besser.«
    »Es ist also wahr«, stellte Dag fest. »Ihr wart dieser Wanderprediger.« In den Tiefen seiner Erinnerung suchte er nach einem Gesicht, aber er wurde nicht fündig. Der Prediger damals hatte ein weites Gewand getragen, und seine Züge waren von einer Kapuze verhüllt gewesen.
    »Ich habe versucht, das Meine zu tun, um die Menschen von ihren Irrwegen abzubringen«, gab Dwethan zu. »Aber sie haben nicht auf mich hören wollen.«
    »Mehr als das«, erinnerte sich Dag. »Die aufgebrachte Menge wollte Euch in den Brunnen stürzen, aber plötzlich wart Ihr entkommen.«
    »Einfältige zu täuschen, ist nicht weiter schwer«, gab der Alte zurück und Dag hätte schwören können, dass er dabei grinste. »Sie mögen ihr Augenlicht noch besitzen, aber ihre Blindheit reicht weit tiefer als …«
    Plötzlich verstummte er.
    »Was ist?«, fragte Dag.
    »Schhh«, machte Dwethan nur – und tödliche Stille schien ringsum wie ein Vorhang herabzufallen.
    Die Geräusche des Waldes verstummten schlagartig.
    Kein Nager raschelte mehr durchs Unterholz, kein Vogel schrie. Auch der Specht hatte sein Tagwerk aufgegeben, und selbst das Zirpen und Summen der Insekten war nicht mehr zu vernehmen. Der Geruch, der die feuchte Luft tränkte, hatte sich ebenfalls verändert; statt der süßen Würze des Waldes roch Dag nur mehr den beißenden Gestank von Fäulnis und Verwesung.
    »Was …?«, wollte er flüsternd fragen, doch eine knochige, von Falten zerfurchte Hand legte sich auf seinen Mund und versiegelte ihn.
    Dag blieb reglos stehen. Sein Herzschlag beschleunigte sich, er hörte das Blut in seinen Adern rauschen. Was in aller Welt hatte das zu bedeuten?
    Da spürte er es.
    Es war dieselbe Art von Veränderung, die er auch in der Einsiedlerhöhle wahrgenommen hatte, kurz nachdem Tiff … nachdem der Wechselbalg seine Tarnung abgelegt und seine wahre Gestalt angenommen hatte. Die Bosheit, die in der Luft lag, war beinahe körperlich zu spüren, ein Gefühl eisiger Kälte und tödlicher Gefahr.
    Dwethan packte ihn am Ärmel und zog ihn mit. Nicht wissend, welche Beschaffenheit der Boden unter seinen Füßen hatte, stolperte und taumelte Dag dem alten Mann hinterher, bis sich seine Füße in Schlingkraut verhedderten und er das Gleichgewicht verlor. Mit einem Keuchen ging er zu Boden, landete inmitten großer Blätter, die sich raschelnd über ihm schlossen. Sofort wollte er wieder hochfahren und sich auf die Beine raffen, aber der Alte hielt ihn zurück.
    »Schhh«, machte Dwethan noch einmal, diesmal unmittelbar neben Dags Ohr. Und obwohl es nur ein tonloses Zischen war, glaubte Dag, eine Spur von Furcht darin zu erkennen. Was, bei den glorreichen

Weitere Kostenlose Bücher