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Die Koenigin der Schattenstadt

Die Koenigin der Schattenstadt

Titel: Die Koenigin der Schattenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Schreie der Menschen. Die unglücklichen Fluggeräte, die mit den hungrigen Fäden der Meduza in Berührung kamen, strauchelten und stürzten dann mit Getöse ab. Staubwolken erhoben sich in den Nachthimmel, überall dort, wo eine Flugmaschine in ein Haus gerast und kunstvolle Bauwerke aus blendend weißem Stein in brennende und rauchende Trümmerhaufen verwandelt hatte.
    »Werden wir Nuria dort treffen?«, fragte sie und presste ihre Lippen zusammen. »Ich meine, in der Schattenstadt?«
    »Nein.« Der Schatten schüttelte den Kopf. »Nuria lebte zwar unter Schatten, seit sie auf der Flucht ist. Aber die Stadt aus Nacht und Nirgendwo kann sie nicht betreten. Das können nur wir Schatten. Und du.«
    »Aber warum gerade ich?«
    Er warf ihr einen langen Blick zu. »Du bist die Mephistia, Catalina.« Er schnitt mit einer Handbewegung ihre Frage ab. »Später. Wenn wir uns nicht beeilen, ist sie fort.«
    »Wen meint Ihr nun schon wieder?«, fragte Catalina verwirrt. »Nuria? Ich denke, sie kann die Stadt nicht betreten.«
    »Nein.« Márquez waberte so schnell auf und ab, dass seine Gestalt ganz verzerrt war. »Ich meine die Stadt der Schatten. Sie ist eine Wanderstadt, das ist sie schon immer gewesen. Sie wird nicht auf uns warten.«
    Catalina seufzte. Hilflos sah sie von dem Schatten zum Kater.
    Sie kannte sich nicht aus mit Wanderstädten. Wie auch?
    »Bist du bereit?« Márquez hatte ihr sein Gesicht zugewendet, doch sie konnte seinen Blick nicht deuten, dafür war es inzwischen zu dunkel geworden.
    War sie bereit? Sie wusste es nicht.
    »Die Flüsterer«, drängte Márquez. »Sie werden bald hier sein. Dann ist es zu spät. Deine Großmutter würde mir das nicht verzeihen.« Die Furcht in seiner Stimme wurde zur Panik, wie ein Sturm aus Eis und Schnee.
    »Wer sind sie wirklich, diese Flüsterer?«
    Hektisch schaute er sich um, dann sagte er: »Einer von ihnen kam zu uns in die Windmühle. Er war es, der meinen Körper in Besitz nahm, er war es, der trennte, was niemals getrennt werden durfte.«
    »Die Flüsterer sind die Harlekine?«
    Er nickte.
    Catalina erschauerte allein beim Gedanken an diese Wesen. Sie verspürte nicht das geringste Interesse daran, einem Harlekin zu begegnen. Überall in Barcelona waren sie aufgetaucht und immer war ein eiskalter Hauch ihr Vorbote gewesen. In Eivissa hatten sie Makris de los Santos und ihr selbst aufgelauert. Sie hatten die Culebra dazu angestiftet, die arme Zigeunerhexe zu vergiften.
    Plötzlich fauchte Miércoles. Noch immer stand er auf dem Brunnenrand. Er breitete seine Flügel zur vollen Spannweite aus und funkelte Catalina an. In seinen Raubtieraugen stand derselbe Blick wie damals, als er ihr in Malfuria geholfen und ihr die Bibliothek im Herzen des Rabensturms gezeigt hatte. Ein bisschen Ähnlichkeit hatte er in diesem Moment sogar mit der großen Harpyie, die den Brunnen bewachte.
    »Catalina! Was ist nun?«
    »Wie werden wir die Stadt betreten?«
    »Wir müssen in die allertiefste Dunkelheit hinabtauchen«, erklärte Márquez. »Jede Art von reiner Dunkelheit ist ein Tor, durch das man in die Schattenstadt hineingelangen kann.« Er trat an den Brunnenrand und spähte hinunter. »Der Chafariz hier ist so ein Tor.«
    Sie schwieg. Lange.
    Tauschte einen Blick mit dem Kater, der sie noch immer unverwandt anstarrte.
    Keine Worte der Zustimmung kamen über ihre Lippen. Aber irgendwann nickte sie.
    Catalina hatte ihre Entscheidung getroffen.
    »Dann schnell.« Der Kartenmacher floss einmal um die hohe Skulptur in der Mitte des Brunnens herum.
    Ein leises Zischen war zu vernehmen, als der Drache langsam seinen Kopf senkte. Die Ranken zu seinen Füßen wisperten und raschelten aufgeregt und der Rosenefeu streckte sich unruhig.
    Catalina war nicht entgangen, dass die Pflanzen in Lisboa ein seltsames Eigenleben führten. Sie waren lebendiger als ihre Artgenossen in Barcelona, machten Geräusche, bewegten sich schlangengleich an den weiß getünchten Hauswänden entlang. Man musste vorsichtig sein, durfte ihnen nicht zu nahe kommen.
    Das Mädchen wusste nicht, was geschehen würde, wenn man dies tat. Aber sie hatte gesehen, wie machtvoll sich manche der Pflanzen gegen die Finsternis zur Wehr gesetzt hatten.
    Der alte Kartenmacher berührte die schlanken Rankenwurzeln, einem Knäuel Hölzer gleich, an denen noch Blätter und Blüten sprossen. Kaum merklich erschauderten sie, als der Schatten über sie hinwegglitt.
    Catalina spähte in den Brunnen. »Ich kann ein Licht erkennen,

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