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Die Koenigin der Schattenstadt

Die Koenigin der Schattenstadt

Titel: Die Koenigin der Schattenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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auf den Händen und Armen, und sie war es gewesen, die Catalina zur Mephistia gemacht hatte.
    Der Flüsterer hatte sich aus dem breiten Chafariz erhoben und war auf den alten Kartenmacher zugetreten.
    »Catalina! Bitte! Du musst in die Windmühle gehen. Dort findest du alles, was du brauchst!« Der alte Márquez hatte sich zwischen Catalina und das Wesen mit dem zerfallenen Gesicht aus Papier und alter Haut gestellt und ihm etwas zugezischt, das Catalina nicht verstehen konnte.
    Dann, ohne jegliche Vorwarnung, streckte der Flüsterer seine Hand aus und griff in den Schatten des Kartenmachers hinein. Es ging so schnell, dass Catalina erst gar nicht verstand, was gerade geschehen war. Der Arm des Flüsterers steckte bis zum Ellenbogen im Körper des Kartenmachers, der still, ganz still wurde, und dann immer durchsichtiger.
    »Lauf!« Es war nur das eine Wort, das wie Luft klang, die dem Körper entwich.
    Catalina war erschrocken zwei Schritte zurückgetreten.
    Natürlich wusste sie, dass dies nicht der echte Kartenmacher war, aber das machte den Schmerz nicht erträglicher. Er war Arcadio Márquez, für sie war er der Kartenmacher, der ihr wie ein Vater gewesen war, zwei Jahre lang, die ihr jetzt, da alles endete, wie die Ewigkeit vorkamen.
    Die durchsichtigen Augen des alten Mannes hatten sie flehend angeblickt.
    Er tut dies für mich, dachte sie. Er tut das, damit ich fliehen kann. Und wenn ich ehren will, wofür er stirbt, dann muss ich gehen.
    Und sie hatte es getan.
    Sie hatte sich umgedreht.
    Langsam.
    Dann war sie gerannt.
    Jetzt lief sie die Straße entlang, die Rua da Tapada hieß, und verschloss ihre Ohren vor der Stille hinter ihr, die entsetzlicher war als alle Schreie.
    Sie schlug genau den Weg ein, den der alte Mann ihr gewiesen hatte. Irgendwo dort hinten würde die Windmühle sein. Hoffte sie. Denn wenn sie das nicht tat, dann . . .
    Was?
    Sie spürte, wie ihr die Beine zitterten.
    Sie rannte so schnell, dass ihr der Atem in der Kehle brannte, immer an Miércoles’ Seite, der schnellen Schrittes und mit eng an den Katzenkörper gefalteten Schwingen neben ihr herlief.
    Ohne Unterlass sprang sie über Hindernisse, wich wandelnden Häusern und Pflanzen aus und sah nicht zurück.
    In der Schattenstadt gab es Pflastersteine, die wie kleine Inseln über die Straßen trieben. Wenn man geschickt die Balance hielt, dann konnte man sich auf ihnen ein Stück tragen lassen. Doch man musste achtgeben, rechtzeitig auf den nächsten aufzuspringen, bevor der Stein mit anderen Gegenständen zusammenstieß.
    Catalina gab sich Mühe, sprang von einem Stein zum nächsten. Die Wut, die sie in sich trug, wurde aus der Trauer geboren.
    Sie glaubte nicht mehr daran, dass Márquez sie in der Windmühle aufsuchen würde. Es war vorbei, endgültig. Sie hatte gesehen, wie der Flüsterer den Schatten ihres Meisters nahezu ganz leer getrunken hatte, und nichts und niemand auf dieser Welt würde ihn wieder zu ihr zurückbringen können.
    War das der Tod, wie die Schatten ihn starben?
    Catalina rannte weiter, fort vor den Fragen.
    Lebendige Häuser liefen an dem Mädchen vorbei, überquerten die Straße. Die Fundamente schoben sich Stück um Stück in alle Himmelsrichtungen. Die Stadt aus Nacht und Nirgendwo war tatsächlich eine Wanderstadt, ganz so, wie der Kartenmacher es ihr gesagt hatte. Sie war bunt, nicht etwa grau, und auch nicht schwarz. Der Ort, an dem die Schatten lebten, war ein Abbild fremder Orte, deren Formen jemand ausgemalt hatte.
    Catalina hatte kaum Zeit, sich umzuschauen. Und doch kam ihr vieles so bekannt vor, dass sie sich fühlte, als sei sie in einem seltsamen Traum gefangen. Da waren Kanäle, die sich durch die Stadt zogen. Lange Gefährte, ganz ähnlich den Gezeitengondeln Barcelonas, fuhren dort entlang. Es gab Überreste von Marktständen und hier und da erkannte Catalina sogar Mosaikeidechsen, die wie die gezeichneten Ebenbilder ihrer Verwandten in der singenden Stadt aussahen. Es gab viele Häuser, an denen sie in Barcelona schon oft vorübergegangen war, und Plätze, auf denen sie sich ausgeruht hatte. Einmal sah sie eine kleine Kapelle, die sie nur zu gut kannte. Sie hatte sich hoch oben auf dem Berg von Montjuic befunden. Dort hatte Catalina oft gesessen und mit El Cuento gesprochen, dort hatte er ihr seine Geschichten erzählt.
    Doch hier war alles verkehrt.
    Einfach nur falsch.
    Die Kapelle befand sich nicht auf einem Berg, sondern auf einer Insel, die von Kanälen umgrenzt wurde. Sie sah in der

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