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Die Koenigin der Schattenstadt

Die Koenigin der Schattenstadt

Titel: Die Koenigin der Schattenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Meduza aus. Die Finsterfäden versuchten, das Gefährt zu packen, schafften es aber nicht, weil Cortez den Vogel drehte und wendete und die wildesten Ausweichmanöver flog, die man sich nur denken konnte.
    »Glaubst du, dass es funktioniert?« Das kam von Kamino.
    Cortez pfiff durch die Zähne. »Wenn es nicht funktioniert, dann haben wir ein Problem.« Er sah sie frech grinsend von der Seite an und fügte hinzu: »Schätzchen.«
    Kamino zog ein Gesicht. »Nenn mich nicht Schätzchen.«
    »Du weißt, wie ich es meine.«
    »Schau nach vorne, Cortez«, wies sie ihn an. Und legte ihm die Hand auf die Schulter, wenn sie auch nur kurz dort ruhte.
    Jordi hielt die Luft an, als der Falke an Geschwindigkeit gewann. Wie ein Blitz schoss er am Nachthimmel auf die Wand zu, die unüberwindbar aussah.
    Die Blockade!
    »Die Schiffe sind aus Gibraltar«, flüsterte Kopernikus leise.
    Was immer das bedeuten mag, dachte Jordi nervös.
    Die riesigen Galeonen, die vor ihnen in den Himmel ragten und einen Ring um ganz Lisboa bildeten, waren jedenfalls an Größe und Eleganz mit nichts zu vergleichen, was der Junge jemals zuvor in seinem Leben gesehen hatte.
    Wie fliegende Städte, die auf den Rümpfen gewaltiger Schiffe errichtet worden waren, so schwebten sie über den Wassern und über dem Land. Sie schleuderten Fetzen aus Finsternis auf die Stadt. Große Löcher taten sich in den prallen Bäuchen auf und Kanonen, die im Verborgenen lebten, schossen ihre Kälte hinaus in die Welt. Die Finsterfetzen schlugen überall in der Stadt ein und Lisboa, das bei ihrer Ankunft noch ein Ort voll fremder Magie gewesen war, verwandelte sich so schnell in einen Hort der Schatten, dass es wie ein schlechter Traum anmutete, was hier geschah.
    Am Himmel und auf der Erde tobte eine Schlacht, die nicht einmal eine richtige Schlacht war. Die Fäden der Meduza packten die Fluggeräte, die panisch zu fliehen versuchten, und zerrten sie in die Tiefe, während glänzend weiße Zeppelingleiter von betörender Unschuld die Galeonen mit gleißenden Lichtstrahlen angriffen. Ihre schlanken Leiber schwebten durch die Lüfte wie Wunder aus einer fremden Zeit.
    »Das ist die Stadtwache«, bemerkte Cortez.
    »Was habt Ihr vor?«, fragte Jordi den Kapitän, der den Steuerknüppel in einer flinken Bewegung herumriss und dann nach vorne drückte. »Auf und davon, hindurch und hinfort«, antwortete der nur. Und bevor Jordi fragen konnte, was er damit meinte, ging der Falke auch schon in einen schrägen Sturzflug über. Zwei Galeonen von der Größe normaler Schiffe flogen im Abstand von mehreren Hundert Metern auf sie zu. Ihre Segel aus Nacht und Nichts füllten sich mit der Luft, den die Gebläsemaschinen ausatmeten, und Jordi konnte die Besatzungen mit den Silbermünzenaugen erkennen.
    Er stutzte.
    Die Silbermünze!
    Sie hatte den Schatten zu durchtrennen vermocht. Eine Waffe in dem Chaos der Schatten.
    Bevor er dem Gedanken weiter nachhängen konnte, stürzte der Falke in die Tiefe.
    »Wollen wir doch mal sehen, ob die genauso schlau sind wie wir«, murmelte Cortez. Der Falke schoss auf die beiden Galeonen zu, dann tauchte er weiter ab. Die fliegenden Schiffe waren unfähig, den Kurs zu korrigieren, und fuhren aufeinander zu, bis sie sich krachend ineinander verhakten.
    Der Falke stieg wieder in die Höhe und änderte den Kurs.
    »Das ist doch Irrsinn!«, schrie Jordi, als er erkannte, was Cortez vorhatte.
    »Kennst du einen anderen Weg?«
    Jordi schwieg.
    »Siehst du?«
    »Das werden wir nicht schaffen.«
    Santiago Cortez grinste erneut sein breites Goldzähnegrinsen und nicht zum ersten Mal glaubte Jordi, dass er verrückt sein musste.
    Der Kapitän dagegen konzentrierte sich ganz und gar auf den Falken, den er steuerte, und bemerkte nicht im Geringsten, dass ihm Kamino Regalado einen bewundernden Blick zuwarf.
    Dann stieß der Falke mit dem Schnabel voran in die Tiefe. Der Bauch der Galeone kam näher und wurde immer größer. »Ist vielleicht so was wie ein Flaggschiff«, grummelte Cortez. »Meine Güte, dass sich etwas so Riesiges überhaupt in der Luft halten kann.«
    Rasend schnell näherten sie sich der Galeone.
    Und plötzlich konnte Jordi erkennen, dass sich an Deck tatsächlich eine ganze Stadt befand. Es gab Straßen, Gassen und Plätze, alle in Dunkelheit gefangen. Matrosen mit Silbermünzenaugen liefen in diesem Labyrinth umher und über ihnen lebte ein Firmament aus pechdunklem Segeltuch, das nur wehte, weil die rostigen Gebläsemaschinen rumpelnd einen

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