Die Königin der Weißen Rose
seiner Kinder. Wenn sein Sohn und Erbe stirbt, wissen wir, wer es ist. Dann wissen wir, dass der Fluch, mit dem wir ihn vor so vielen Jahren belegt haben, wirkt, Generation um Generation, bis seine Linie ausgestorben ist. Wenn er am Grab seines eigenen Sohnes steht, hat unser Fluch gewirkt. Dann wissen wir, wer unseren Jungen getötet hat und dass unser Fluch ihm das genommen hat, was er uns genommen hat. Wenn er nur noch Mädchen als Erben hat, erkennen wir ihn.»
Er tritt durch die Tür und wirft uns über die Schultereinen Blick zu, dabei verzerrt ein trockenes Lächeln seinen Mund. «Wisst ihr denn nicht, dass es nur eines gibt, was noch schlimmer ist, als wenn die eigenen Wünsche nicht in Erfüllung gehen?», fragt er uns. «So wie es mir widerfahren ist. Ich habe mir gewünscht, König zu sein, und jetzt bin ich König, und es bereitet mir nicht die geringste Freude. Elizabeth, hat deine Mutter dir nicht beigebracht, vorsichtig mit deinen Wünschen zu sein?»
«Sie hat mich davor gewarnt», erwidert sie ruhig. «Und seit du den Thron meines Vaters geraubt hast und dazu meinen Onkel und meine geliebten Brüder, habe ich gelernt, mir nichts mehr zu wünschen.»
«Dann täte sie gut daran, dich vor der Wirkung eures Fluchs zu warnen.» Er bedenkt mich mit einem bitteren Lächeln. «Weißt du nicht, dass der Wind, den du herangepfiffen hast, um Warwick zu vernichten, ihn aus Calais weggeblasen hat und seine Tochter auf See ihr Kind verlor? Das war eine Waffe für uns, die niemand sonst heraufbeschwören konnte. Erinnerst du dich nicht, dass der Sturm zu lange angedauert hat? Dass er fast deinen Gemahl ertränkt hätte und uns alle mit ihm?»
Ich nicke.
«Deine Flüche wirken zu lange und treffen die Falschen», sagt er. «Vielleicht kommt der Tag, da du dir wünschst, mein rechter Arm sei stark genug, um dich zu schützen. Vielleicht kommt der Tag, da du den Tod des Sohnes und Erben eines anderen betrauerst, selbst wenn er schuldig ist, selbst wenn dein Fluch den Richtigen trifft.»
König Richard nimmt fürchterliche Rache an den Lords und Anführern der Rebellion; den geringeren Männernvergibt er, weil sie irregeleitet wurden. Er kommt dahinter, dass Margaret Beaufort, die Gemahlin seines Verbündeten, Lord Stanley, die Ränkeschmiedin hinter dem Anschlag war und dass sie als Mittlerin zwischen ihrem Sohn und dem Duke of Buckingham fungierte. Er verbannt sie in das Haus ihres Ehemannes und ordnet scharfe Bewachung an. Ihre Verbündeten – Bischof Morton und Dr. Lewis – fliehen ins Ausland. Mein Sohn Thomas Grey ist davongekommen, er lebt jetzt am Hofe von Henry Tudor in der Bretagne. Es ist ein Hof junger Männer, hoffnungsvoller Rebellen, glühend vor Ehrgeiz und hehren Zielen.
König Richard beschwert sich über meinen Sohn Thomas Grey, er sei ein Rebell und Ehebrecher, als seien Hochverrat und Ehebruch ähnlich gelagerte Verbrechen. Er klagt ihn wegen Hochverrats an und setzt einen Preis auf seinen Kopf aus. Thomas schreibt mir aus der Bretagne, wenn Henry Tudor hätte landen können, wäre die Rebellion gewiss in unserem Sinne ausgegangen. Ihre Flotte wurde durch den Sturm, den Elizabeth und ich gegen Buckingham herbeigerufen hatten, in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Der junge Mann, der uns zu Hilfe kommen wollte, wäre beinahe ertrunken. Thomas hat keine Zweifel, dass Henry Tudor eine Armee aufbringen kann, die groß genug ist, um einen Prince of York zu besiegen. Er schreibt, Henry werde wieder nach England übersetzen, sobald die Winterstürme vorbei seien, und diesmal werde er bestimmt gewinnen.
Um sich selbst auf den Thron zu setzen
, schreibe ich meinem Sohn.
Er gibt schon länger nicht mehr vor, für das Erbe meiner beiden Jungen zu kämpfen.
Mein Sohn antwortet: «Nein, Henry Tudor kämpft für niemanden, außer für sich selbst. Das hat er wahrscheinlich immer getan und wird es immer tun. Aber der Prinz,wie er sich selbst nennt, wird dem Hause York zur Krone verhelfen, denn er wird Elizabeth ehelichen und sie zur Königin von England machen, und ihr Sohn wird König von England. Dein Sohn hätte König von England werden sollen. Aber deine Tochter könnte noch Königin werden. Soll ich Henry ausrichten, dass Elizabeth ihn heiratet, wenn er Richard besiegt? Es würde unsere ganze große Familie auf seine Seite bringen, und ich kann nicht erkennen, was für eine Zukunft du und meine Halbschwestern haben, solange Richard auf dem Thron sitzt und ihr euch im Asyl versteckt.»
Ich
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