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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Thron.»
    Meine Schläfen hämmern, mir zur Warnung. «Er ist tot?»
    «Er war immer zart», berichtet Nesfield gebrochen. «Er war nie ein kräftiges Kind. Doch bei seiner Amtseinsetzung hat er so gut ausgesehen, dass wir ihn Prince of Wales genannt und gedacht haben, er werde gewiss einmal   …» Er unterbricht sich, denn ihm fällt ein, dass auch ich einen Sohn hatte, der Prince of Wales war und Aussicht hatte, den Thron zu erben. «Es tut mir leid», sagt er. «Ich wollte nicht   … wie auch immer, der König hat Hoftrauer angeordnet. Ich dachte, Ihr solltet es sofort erfahren.»
    Ich nicke ernst, meine Gedanken überschlagen sich. Ist dies Melusines Werk? Ist dies das Wirken des Fluchs? Ist dies der Beweis, den ich vorhergesagt habe – dass der Sohn und Erbe des Mörders meines Sohnes sterben würde und ich den Mörder daran erkennen würde? Ist dies ihr Zeichen für mich, dass Richard der Mörder meines Sohnes ist?
    «Ich werde dem König und Königin Anne mein Beileid versichern», sage ich und wende mich zum Haus.
    «Er hat keinen Erben mehr», wiederholt John Nesfield, als könnte er den Ernst der Nachricht, die er mir überbracht hat, nicht fassen. «Alles, was er getan hat, seine Verteidigung des Königreichs, seine   … seine Übernahme des Throns, alles, was er getan hat, all die Schlachten   … und jetzt hat er keinen Erben, der ihm auf den Thron nachfolgen kann.»
    «Ja», pflichte ich ihm bei, meine Worte fallen herab wie eiskalte Steine. «All das war umsonst, er hat seinen Sohn verloren, und seine Linie stirbt aus.»

    Von meiner Tochter Elizabeth höre ich, dass der Hof in Trauer verfällt wie in ein offenes Grab. Als ertrügen sie das Leben ohne den jungen Prinzen nicht. Richard will weder Lachen noch Musik hören, alle müssen mit gesenkten Blicken umeinander herumschleichen. Es gibt weder Spiele noch Sport, obwohl das Wetter wärmer wird und sie mitten im Herzen des grünen England sind, wo es in den Hügeln und Tälern viel Wild gibt. Richard ist untröstlich. Seine zwölf Jahre währende Ehe mit Anne Neville hat ihm nur ein Kind geschenkt, und dieses Kind hat er jetzt verloren. Ausgeschlossen, dass sie so spät noch ein weiteres Kind bekommen; und selbst wenn, in diesem wilden England, das wir Yorks geschaffen haben, ist ein Baby in der Wiege noch lange kein Garant für einen Prince of Wales. Wer wüsste besser als Richard, dass ein Junge erwachsen und stark genug sein muss, um für seine Rechte zu kämpfen, für sein Leben zu kämpfen, wenn er König von England sein will?
    Er ernennt Edward zu seinem Erben, den Sohn seinesBruders, George of Clarence, den einzigen Sohn von York, der nach allgemeinem Wissen noch übrig ist. Doch nach wenigen Monaten kommt mir das Gerücht zu Ohren, dass er enterbt werden soll. Das überrascht mich nicht. Richard hat erkannt, dass der Junge zu schwach ist, um den Thron zu halten. Das ist allgemein bekannt. George of Clarence zeichnete sich durch eine verhängnisvolle Mischung aus Eitelkeit, Ehrgeiz und völligem Wahnsinn aus, ein Sohn von ihm kann unmöglich König werden. Er war ein Baby mit einem süßen Lächeln, aber schwer von Begriff, das arme Kind. Wer den Thron von England will, muss gerissen und schnell sein wie eine Schlange. Er muss zum Prinzen geboren und an einem Hof erzogen worden sein. Ein Junge, der Gefahr gewohnt ist und zur Tapferkeit erzogen wurde. Georges armer, schwachsinniger Junge könnte das niemals. Doch wenn nicht er, wer dann? Denn Richard muss einen Erben benennen und hinterlassen, und soweit er weiß, hat das Haus York jetzt nur noch Töchter. Nur ich weiß mit Gewissheit, dass es noch einen Prinzen gibt – fast wie im Märchen   –, der in Tournai wartet und wie ein armer Junge lebt, seine Bücher liest, Musik und Sprachen lernt und aus der Ferne von seiner Tante beschützt wird. In fremder Erde wächst eine Rose von York heran. Mein Sohn wird stark und wartet auf seine Zeit. Er ist jetzt der einzige Erbe des yorkistischen Throns, und wenn sein Onkel wüsste, dass er noch lebt, würde er ihn vielleicht zu seinem Erben ernennen.
    Ich schreibe an Elizabeth.
     
    Ich höre die Nachrichten vom Hof, und eines bereitet mir Sorgen: Glaubst Du, der Tod von Richards Sohn ist Melusines Zeichen an uns, dass Richard der Mörder meines Sohnes ist? Du siehst ihn jeden Tag, glaubst Du, er weiß, dass es
unser Fluch ist, der ihn vernichtet? Sieht er aus wie ein Mann, der ein solches Leid über seine Familie gebracht hat? Oder denkst

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