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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Flügel sind wie tausend blaue, türkis- und indigofarbene Augen. Schauspieler inszenieren ein
tableau vivant
der Jungfrau Maria mit den Heiligen – eine Ermahnung, tugendsam und fruchtbar zu sein. Die Menschen sehen in mir Gottes Wahl zur Königin von England. Chöre singen bei meinem Einzug in die Stadt, Rosenblätter regnen auf mich herab. Ich bin ich selbst, mein eigenes Tableau: die englische Frau aus dem Haus Lancaster, die gekommen ist, um Königin von York zu werden. In mir verbinden sich Frieden und Einigkeit.
    Die Nacht vor meiner Krönung verbringe ich in den prachtvollen königlichen Gemächern im Tower, die für meinen Aufenthalt neu eingerichtet worden sind. Ich mag den Tower nicht. Ein Schauer läuft mir den Rücken herunter, als ich in meiner Sänfte unter den Fallgattern hindurchgetragen werde. Anthony sieht zu mir herüber.
    «Was ist?»
    «Ich mag den Tower nicht; er riecht nach Feuchtigkeit.»
    «Du bist wählerisch geworden», sagt Anthony. «Du bist schon jetzt verwöhnt, weil der König dir große Paläste geschenkt hat, den Herrensitz in Greenwich und dazu noch den in Sheen.»
    «Das ist es nicht», widerspreche ich und versuche, mein Unbehagen zu benennen. «Es ist, als gebe es hier Gespenster. Sollen meine Söhne auch hier übernachten?»
    «Ja, die ganze königliche Familie übernachtet hier in den königlichen Gemächern.»
    Mein Gesicht verzieht sich vor Unbehagen. «Ich mag es nicht, wenn meine Jungen hier sind», sage ich. «Dies ist ein Unglücksort.»
    Anthony bekreuzigt sich, sitzt ab und hebt mich aus der Sänfte. «Lächeln», befiehlt er mir im Flüsterton.
    Der Konstabler des Towers heißt mich willkommen und händigt mir die Schlüssel aus. Jetzt ist es nicht an der Zeit, Vorahnungen nachzuspüren oder den Geistern von Jungen, die hier im Tower verschwinden.
    «Seid gegrüßt, allergnädigste Königin», sagt er, und ich nehme Anthonys Hand und lächle. Ich höre das Murmeln der Menschenmenge, meine außergewöhnliche Schönheit übertrifft ihre Erwartungen.
    «So außergewöhnlich nun auch wieder nicht», flüstert Anthony mir zu. Ich muss den Kopf abwenden und aufhören zu kichern. «Zum Beispiel im Vergleich zu unserer Mutter.»
    Am nächsten Tag findet in Westminster Abbey meine Krönung statt. Der Herold ruft die Namen der Herzöge und Grafen aus. Die größten und vornehmsten Familien Englands und der ganzen Christenheit haben sich versammelt. Für meine Mutter, die mit den Schwestern des Königs, Elizabeth und Margaret, meine Schleppe trägt, ist es ein Triumph. Für Anthony, einen Mann so sehr von dieser Welt und doch so fern von ihr, ist es, glaube ich, ein Narrenschiff, er wünscht sich sicher weit weg. Für Edward ist es eine Zurschaustellung seines Wohlstandes und seiner Macht vor einem Land, das nach einer mächtigen und wohlhabenden königlichen Familie dürstet. Ich empfinde während der Zeremonie nichts als Angst: Ich bin verzweifelt bemüht, im richtigen Tempo zu gehen, daran zudenken, die Schuhe abzustreifen und barfuß auf den Brokatteppich zu treten, in jeder Hand ein Zepter zu halten, meine Brust für die Salbung zu entblößen, den Kopf unter dem Gewicht der Krone ruhig zu halten.
    Drei Erzbischöfe haben die Aufgabe, mich zu krönen, darunter Thomas Bourchier, dazu ein Abt und rund zweihundert weitere Geistliche sowie mehr als tausend Chorsänger, die Loblieder auf mich anstimmen und Gottes Segen für mich erbitten. Meine weiblichen Verwandten begleiten mich; wie sich herausstellt, habe ich Hunderte. Zuerst kommt die Familie des Königs, dann meine Schwestern, meine Schwägerin Elizabeth Scales, meine Cousinen, meine Burgunder Cousinen   – Verwandtschaft, die nur meine Mutter aufspüren konnte – und sämtliche anderen schönen Ladys, die eine Empfehlung ergattern konnten. Alle Damen wollen meiner Krönung beiwohnen, alle wünschen sich einen Platz an meinem Hof.
    Der Tradition gemäß ist Edward offiziell nicht einmal dabei. Er sieht zusammen mit meinen kleinen Söhnen hinter einer Zwischenwand zu: Ich darf ihn nicht sehen, sein Lächeln kann mich nicht ermutigen. Ich muss dies ganz allein durchstehen, und Tausende von Fremden beobachten jede meiner Bewegungen. Nichts darf mich ablenken von meiner Erhebung aus dem Landadel zur Königin von England, von einer Sterblichen zu einem göttlichen Wesen an Gottes Seite. Als sie mich krönen und salben, wird aus mir ein neues Wesen, das über den Sterblichen steht, nur eine Stufe unterhalb der Engel, der

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