Die Königin der Weißen Rose
atmen, die er atmete. Sie würde immer ein anderes Wesen sein, ein Wesen, das andere Musik hörte, einen anderen Klang vernahm, mit einem anderen Element vertraut war.
Er verstand, dass sie eine Zeit für sich allein brauchte. Er verstand, dass sie die Augen schließen und sich unter die Wasseroberfläche sinken lassen musste, dass sie mit dem Schwanz schlagen und durch die Kiemen atmen musste, um die Freuden und Prüfungen einer Ehefrau zu vergessen – nur für eine Weile, nur einmal im Monat. Ihre Kinder waren gesund und schön; er wurde immer wohlhabender, und ihr Schloss war berühmt für seinen Reichtum und wegen der großen Schönheit und Anmut seiner Herrin. Besucher kamen von weit her, um sich das Schloss anzusehen, dessen Herrn und seine schöne, geheimnisvolle Frau.
Kaum bin ich zur Königin gekrönt worden, mache ich mich daran, meine Familie zu etablieren. Meine Mutter und ich werden die größten Ehestifterinnen des Königreichs.
«Wird das nicht noch mehr Feindseligkeit erregen?», frage ich Edward. «Meine Mutter hat eine Liste derjenigen Lords erstellt, die meine Schwestern heiraten sollen.»
«Es führt kein Weg daran vorbei», versichert er mir. «Sie beschweren sich, du seist eine arme Witwe aus unbekannter Familie. Also musst du den Stand deiner Familie verbessern, indem du sie mit dem Hochadel verheiratest.»
«Wir sind so viele, ich habe unzählige Schwestern, ich schwöre, wir werden alle heiratsfähigen jungen Männer für uns beanspruchen. Und dann sind keine Lords mehr übrig.»
Er zuckt die Achseln. «Dieses Land ist schon zu lange in Lancaster und York gespalten. Lass eine große neue Familie entstehen, die mich unterstützt, wenn York wankt oder Lancaster droht. Du und ich, wir müssen uns mit dem Adel verweben, Elizabeth. Lass deiner Mutter freie Hand, wir brauchen Cousins und Cousinen, Schwäger und Schwägerinnen in jeder Grafschaft. Ich erhebe deine Brüder und deine beiden Grey-Söhne in den Adelsstand. Wir müssen um dich herum eine große Familie schaffen, für deine Stellung und zu deinem Schutz.»
Ich nehme ihn beim Wort und gehe zu meiner Mutter. Sie sitzt an dem großen Tisch in meinem Zimmer, umgeben von Papieren mit Stammbäumen, Verträgen und Landkarten wie eine Feldherrin, die Truppen aufstellt.
«Ich sehe, du bist die Göttin der Liebe», bemerke ich.
Sie blickt kurz auf, konzentriert und mit gerunzelter Stirn. «Hier geht es nicht um Liebe, hier geht es ums Geschäft», entgegnet sie. «Du hast deine Familie, um die du dich kümmern musst, Elizabeth, und es wäre besser, wenn du sie mit wohlhabenden Männern und Frauen vermählst. Du wirst ein Geschlecht gründen. Deine Aufgabe als Königin besteht darin, die Adligen deines Landes zu beobachten und zu befehligen: Kein Mann darf zu mächtig werden, keine Frau zu tief fallen. Ich habe es selbst erfahren, denn mir war die Eheschließung mit deinem Vater verboten. Wir mussten den König um Vergebung bitten und eine Strafe zahlen.»
«Ich hätte gedacht, deswegen wärst du nun auf der Seite der Freiheit und der wahren Liebe.»
Sie lacht kurz auf. «Als es um meine Freiheit und Liebe ging: ja. Wenn es um die richtige Aufstellung deines Hofes geht: nein.»
«Dann tut es dir sicher leid, dass Anthony schon verheiratet ist, nun, da du eine großartige Partie für ihn finden könntest?»
Meine Mutter wirft mir einen finsteren Blick zu. «Mir tut es leid, dass sie unfruchtbar und kränklich ist», sagt sie freiheraus. «Du kannst sie als Hofdame hierbehalten, denn sie kommt aus der besten Familie, aber ich glaube nicht, dass sie uns Söhne und Erben schenken wird.»
«Du wirst Dutzende von Söhnen und Erben haben», prophezeie ich ihr, als ich mir ihre langen Listen ansehe, auf denen sie zwischen den Namen meiner Schwestern und den Namen englischer Adliger kühne Pfeile gezeichnet hat.
«Ja, das glaube ich auch», sagt sie zufrieden. «Und nicht einer ist darunter, der kein Lord ist.»
Also feiern wir einen Monat lang Hochzeit. Jede einzelne meiner Schwestern wird mit einem Lord verheiratet, nur Katherine nicht – bei ihr steigere ich mich und verheirate sie mit einem Herzog. Er ist keine zehn Jahre alt, ein mürrisches Kind, Henry Stafford, der kleine Duke of Buckingham. Warwick hatte ihn für seine Tochter Isabel ausgesucht. Doch da der Junge seit dem Tod seines Vaters ein Mündel des Königs ist, steht er mir zur freien Verfügung. Ich bekomme eine Vergütung dafür, dass er unter meinem Schutz steht, und ich
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