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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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ich bin, barfuß zu ihm und liege in seinen Armen.
    «Mein Sohn», fordert er, nachdem er mich gehalten und geküsst und sein raues Kinn an meiner Wange gerieben hat. «Wo ist mein Sohn? Geht es ihm gut?»
    «Er ist kräftig, und es geht ihm gut. Er ist schon fast fünf Monate alt», sagt meine Mutter, während sie das enggewickelte Bündel hereinbringt und fließend in einen tiefen Knicks sinkt. «Seid willkommen zu Hause, Sohn Edward, Euer Gnaden.»
    Zärtlich macht er sich von mir frei und ist schon bei ihr. Ich hatte vergessen, wie schnell er sich bewegt, leichtfüßig wie ein Tänzer. Er nimmt seinen Sohn aus den Armen meiner Mutter, und auch wenn er ein «Dankeschön» flüstert, sieht er sie gar nicht. Er geht mit dem Baby zum Fenster, und Baby Edward öffnet die dunkelblauen Augen und gähnt – sein kleiner Rosenknospenmund öffnet sich, und er sieht seinem Vater ins Gesicht, als wollte er die ernsthafte Prüfung der grauen Augen erwidern.
    «Mein Sohn», sagt er leise. «Elizabeth, vergib mir, dass du ihn hier zur Welt bringen musstest. Um alles in der Welt – das habe ich nicht gewollt.»
    Ich nicke still.
    «Wurde er meinem Wunsch gemäß auf den Namen Edward getauft?»
    «Ja.»
    «Und er gedeiht?»
    «Wir fangen gerade an, ihn an feste Nahrung zu gewöhnen», erklärt meine Mutter stolz. «Und er nimmt sie an. Er schläft gut und ist ein aufgeweckter kleiner Bursche. Elizabeth hat ihn selbst gestillt, er hätte keine bessere Amme haben können. Wir haben hier gut für deinen kleinen Prinzen gesorgt.»
    Edward sieht sie an. «Ich danke dir für deine Fürsorge», sagt er. «Und dafür, dass du mit meiner Elizabeth hiergeblieben bist.» Er sieht an sich hinab. Seine Töchter, Elizabeth, Mary und Cecily, haben sich um ihn versammelt und starren ihn von unten an, als sei er ein merkwürdiges, wildes Tier, vielleicht ein Einhorn, das mitten in ihre Kinderstube galoppiert ist.
    Er kniet sich hin, um nicht so hoch über ihnen aufzuragen, das Baby noch in der Armbeuge. «Meine Mädchen, meine kleinen Prinzessinnen», begrüßt er sie leise. «Erinnert ihr euch an mich? Ich war lange weg, länger als ein halbes Jahr, trotzdem bin ich noch euer Vater. Viel zu lange waren wir getrennt, und es gab keinen Tag, an dem ich nicht an euch und eure schöne Mutter gedacht und mir geschworen habe, zu euch zurückzukehren und euch in die euch gebührenden Stellungen zu versetzen. Erinnert ihr euch an mich?»
    Cecilys Unterlippe bebt, aber Elizabeth sagt: «Ich erinnere mich an dich.» Sie legt die Hand auf seine Schulter und sieht ihm furchtlos ins Gesicht. «Ich bin Elizabeth, die Älteste. Ich erinnere mich an dich, die anderen sind noch zu klein. Erinnerst du dich an mich, an deine Elizabeth? Prinzessin Elizabeth? Eines Tages werde ich Königin von England, wie meine Mutter.»
    Wir lachen, und er steht wieder auf, reicht meinerMutter das Baby und nimmt mich in den Arm. Richard und Thomas treten vor und knien sich nieder, damit er sie segnet.
    «Meine Jungen», sagt er liebevoll. «Wie müsst ihr es verabscheut haben, hier eingesperrt zu sein.»
    Richard nickt. «Ich habe mir die ganze Zeit gewünscht, bei dir zu sein, Sire.»
    «Nächstes Mal», verspricht Edward ihm.
    «Wie lange bist du schon in England?», frage ich, meine Worte kaum vernehmbar, denn er macht sich daran, mein Haar zu lösen. «Habt ihr eine Armee?»
    «Ich bin mit deinem Bruder und meinen wahren Freunden zurückgekommen», antwortet er. «Mit meinem Bruder Richard, deinem Bruder Anthony, Hastings natürlich und allen, die mit mir ins Exil gegangen sind. Nun gesellen sich Weitere dazu. Mein Bruder George hat Warwick verlassen und kämpft wieder an meiner Seite. Wir drei Brüder sind uns direkt unter Warwicks Augen vor den Mauern von Coventry in die Arme gefallen. George hat Lord Shrewsbury mitgebracht. Und Sir William Stanley ist mir zur Seite getreten. Andere werden noch zu uns stoßen.» Ich denke an Warwicks Macht und seine lancastrianische Verwandtschaft, an die französische Armee, die Margarete von Anjou mit sich führt, und weiß, dass das nicht genügt.
    «Heute Abend kann ich bleiben», sagt er. «Ich musste dich einfach sehen. Aber morgen muss ich in den Krieg ziehen.»
    Ich kann ihm kaum glauben. «Du verlässt mich morgen schon wieder?»
    «Geliebte, es war riskant, überhaupt herzukommen. Warwick hat sich in Coventry verkrochen, er wird sich weder ergeben, noch will er eine Schlacht riskieren, denn er weiß, dass Margarete von Anjou kommt,

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