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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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er sei geboren worden, um im Bett neben mir zu sterben. Nie zuvor hat er «So Gott will» gesagt. Für ihn zählte allein sein eigener Wille, nicht der Wille Gottes.
    In der Tür zögert er. «Sollte ich sterben, dann geh mit den Kindern nach Flandern», sagt er. «In Tournai gibt es ein Armenhaus, ein Mann dort schuldet mir noch einen Gefallen. Er ist ein unehelicher Cousin deiner Mutter oder etwas in der Art. Er würde dich als Verwandte aufnehmen. Eine Geschichte, wie du zu ihm kommst, haben wir uns schon ausgedacht. Ich habe ihn besucht, und wir haben alles durchgesprochen, für den Fall, dass ihr ihn braucht. Ich habe ihn schon bezahlt und dir seinen Namen aufgeschrieben. Der Zettel liegt auf dem Tisch in deiner Kammer. Lies ihn und verbrenn ihn dann. Du kannst bei ihm wohnen, und wenn der Krieg vorüber ist, kannst du in ein eigenes Haus ziehen. Aber versteck dich erst für ein, zwei Jahre dort. Wenn mein Sohn erwachsen ist, kann er vielleicht Anspruch erheben auf das, was sein ist.»
    «Sprich nicht davon», sage ich heftig. «Du hast noch nie eine Schlacht verloren, du verlierst auch diese nicht. Du kommst noch in dieser Woche nach Hause zurück, ich weiß es genau.»
    «Das ist wahr», sagt er. «Ich habe noch nie eine Schlacht verloren.» Er bringt ein Lächeln zustande. «Aber bisher bin ich auch noch nie auf Warwick persönlich gestoßen. Und ich habe nicht genügend Männer. Ich begebe mich in Gottes Hände, und wir siegen, so Gott will.»
    Und damit ist er fort.

    Am Ostersonntag, zur Morgendämmerung, fangen langsam, eine nach der anderen, Londons Kirchenglocken an zu läuten. Die Stadt liegt ruhig da, noch verdüstert von den Karfreitagsgebeten, sorgenumwölkt: eine Hauptstadt, die zwei Könige hatte und jetzt keinen mehr hat, weil Edward abmarschiert ist und Henry in seinem Zug mitführt. Was soll aus England werden, wenn beide in der Schlacht fallen? Was wird aus London? Was wird aus mir und meinen schlafenden Kindern?
    Mutter und ich haben den ganzen Tag genäht, mit den Kindern gespielt und unsere vier Kammern aufgeräumt. Wir haben unsere Gebete zum Ostersonntag aufgesagt, Eier gekocht und angemalt, um sie zu Ostern zu verschenken. Wir sind in die Messe gegangen und haben die heilige Kommunion empfangen. Sollte uns irgendwer für Warwick ausspionieren, dann müsste er berichten, dass wir uns ruhig verhalten und zuversichtlich scheinen. Aber jetzt, wo das Licht des Nachmittags grau wird, stehen wir zusammen an dem kleinen Fenster über dem Fluss, der so nah an uns vorbeifließt. Mutter öffnet die Fensterflügel,um dem leisen Dahinplätschern zu lauschen, als könnte der Fluss Nachrichten von Edwards Armee bringen und uns sagen, ob der Sohn aus dem Hause York die Schlacht gewinnt und nach Hause zurückkehrt.
    Warwick hat seine Festung Coventry verlassen. Er marschiert schnell auf London zu und scheint gewiss, Edward zu schlagen. Die lancastrianischen Lords haben sich unter seiner Standarte zusammengefunden. Halb England ist auf seiner Seite, und die andere Hälfte wartet darauf, dass Margarete von Anjou an der Südküste landet. Der Hexenwind, der sie im Hafen festgehalten hat, hat sich gelegt. Wir sind schutzlos.
    Edward sammelt Männer aus der Stadt und den Vororten von London, dann macht er sich auf nach Norden, um gegen Warwick anzutreten. Seine Brüder Richard und George sind an seiner Seite. Sie reiten die Reihen der Fußsoldaten ab und trichtern ihnen ein, dass das Haus York unter diesem König noch nie eine Schlacht verloren hat. Die Männer lieben Richard. Sie vertrauen ihm, obwohl er erst achtzehn ist. George hat Lord Shrewsbury und dessen Armee im Gefolge und all die, die mit ihm in jede Schlacht gehen, ohne sich darum zu kümmern, auf welcher Seite sie sind, weil sie ihrem Lehnsherrn folgen. Eine Armee von neuntausend Mann, mehr nicht. William Hastings reitet, treu wie ein Hund, zu Edwards Rechter. Mein Bruder Anthony bildet das Schlusslicht und behält, skeptisch wie immer, die Straße hinter ihm im Auge.

    Es wird dunkel, allmählich erwägen sie, das Nachtlager aufzuschlagen, da kommen Richard und Thomas zurückgeritten. Edward hatte sie ausgeschickt, der Armee aufder großen Straße nach Norden vorauszureiten und die Gegend auszukundschaften. «Er ist da, Euer Gnaden!», ruft Thomas. «Warwick ist hier, in voller Stärke! Sie liegen vor Barnet, in Schlachtformation, auf einem Kamm, der sich von Westen nach Osten quer über die Straße zieht. Wir kommen nicht an ihnen vorbei. Er

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