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Die Königin von Theben

Die Königin von Theben

Titel: Die Königin von Theben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Mensch würde sich den diversen Abgabeverpflichtungen mehr entziehen können.
    Nach den Enttäuschungen am Anfang des ganzen Unternehmens hatte Khamudi eine geniale Idee gehabt: die ersten Zählungen in die Hand von lokalen Schreibern zu legen. Im Fall eines Irrtums – der durch offizielle Abgesandte der Hyksos stets ans Licht kam – wurden diese Schreiber auf dem öffentlichen Platz lebendig verbrannt. Die Maßnahme war äußerst effektiv gewesen: Die gebildeten Ägypter hatten sich als hervorragende Helfershelfer erwiesen. Unbarmherzig hatten sie noch den letzten Bauern, der sich in irgendeinem entfernten Winkel auf seinem Fleckchen Erde verkroch, verfolgt und in die Zählungsverzeichnisse aufgenommen.
    So konnte Khamudi mit berechtigtem Stolz seinem Herrn und Meister gegenübertreten, der damit beschäftigt war, die neuen Lohnkosten für seine Soldaten und Funktionäre in eine Tabelle einzutragen. Die Sache war ebenso einfach wie wirkungsvoll: Die Löhne von Beamten konnten in dem Maß erhöht werden, wie die Untertanen, die keine Möglichkeit hatten, sich zur Wehr zu setzen, zu immer höheren Abgaben gepresst wurden.
    »Majestät, die Volkszählung ist ein voller Erfolg!«
    »Um wie viel sind unsere Einnahmen gestiegen?«
    »Um über dreißig Prozent! Sogar die Nubier haben wir matt gesetzt. Das heißt nicht, dass Nedjeh uns nicht noch irgendwelche Familienschätze verheimlicht, aber ist das nicht fast verzeihlich?«
    »Dafür wirst du den Preis des Weizens erhöhen, dem wir ihm verkaufen. Kein Zwischenfall?«
    »Wir haben eine Patrouille verloren, die so unvorsichtig war, im Nil zu baden, an einem Ort, wo es von Krokodilen wimmelt. Man hat nur noch Fleischstücke gefunden, die an Uniformen klebten. Sonst nichts. Wer würde es wagen, sich gegen unsere Armee zu erheben? Sogar die wilden Nubier haben begriffen, dass es besser ist, Admiral Jannas aufs Wort zu gehorchen. Ein weiterer Grund zur Zufriedenheit ist die Vernichtung des Widerstands und die wachsende Zahl der ägyptischen Kollaborateure. Der Fürst von Edfu, Emheb, war selbst ein aktiver Volkszähler. Bei der thebanischen Kampagne wurden doppelt so viele Tiere gezählt als vorher angenommen, und die Besitzer von Schweinen sind von ihm persönlich aufgestöbert worden.«
    »Hat er seine eigene Stadt nicht geschützt?«
    »Nicht im Geringsten, Majestät! Als wir ihn erst einmal mit dieser offiziellen Mission betraut hatten, wuchsen ihm auf einmal die Flügel der Raffgier. Dank seiner Arbeit werden wir Edfu aussaugen können, bis nichts mehr davon übrig ist.«
    »Ernenne ihn zum Oberaufseher für die Steuern der Provinz Theben, und sorge dafür, dass seine Einnahmen ständig steigen. Seine Haltung wird sicher andere ägyptische Würdenträger anfeuern, es ihm gleich zu tun, und so wird der Verfall ihres Volkes beschleunigt.«
    Selbst der Afghane war erschöpft.
    Seit dem Beginn der Volkszählung war die kleine Gruppe der Aufständischen gezwungen gewesen, sich unaufhörlich zu bewegen und neue Quartiere zu suchen, und dabei mussten sie ständig befürchten, von einer der zahlreichen Hyksospatrouillen aufgegriffen zu werden, die Mittelägypten durchstreiften und keinen noch so abgelegenen Hof links liegen ließen.
    Mehrmals hatte ihnen die Wüste als zeitweiliger Aufenthaltsort gedient, aber der Mangel an Lebensmitteln hatte sie immer wieder zurückgetrieben in die Dörfer, deren Bewohner sich feindselig zeigten.
    Es war jetzt keine Rede mehr davon, neue Mitglieder zu gewinnen. Man musste überleben.
    »Wir halten nicht mehr sehr lange durch«, bekannte der Schnauzbart. »Die Nerven unserer Leute liegen blank. Von allen werden sie gejagt, und die Angst ist ihr ständiger Begleiter. Einige würden am liebsten nach Hause zurückkehren.«
    »Dort wird man sie hinrichten.«
    »Sie ziehen den Tod einer dauernden Flucht vor.«
    »Ich werde versuchen, mit ihnen zu reden. Und wenn es mir nicht gelingt …«
    »Du denkst doch nicht daran, diejenigen, die nicht mehr an die Sache glauben, zu töten?«
    »Weißt du eine bessere Lösung?«
    Der Afghane hatte Recht. Aber wie konnte man einen Entschluss fassen, der eine solch extreme Grausamkeit erforderte?
    »Wenn wir sie gehen lassen«, fuhr der Afghane fort, »werden sie uns verraten. Alles, was wir in diesen letzten Jahren durchgemacht haben, wird umsonst gewesen sein.«
    »Es sind unsere Kameraden, nicht unsere Feinde!«
    »Wenn sie nicht mehr mitmachen, sind sie gegen uns.«
    Einer der Aufständischen gab Alarm.

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