Die Königliche (German Edition)
»Passen Sie bloß auf, was Sie zu der Königin sagen, junger Mann, oder Sie verschwinden gleich wieder durchs Fenster, und zwar schnell. Sie haben ihr bisher nichts als Ärger eingebracht.«
»Auf jeden Fall«, sagte Saf und warf Helda einen vorsichtigen Blick zu, »werde ich heute Nacht die Krone stehlen.«
Bitterblue kam urplötzlich wieder zu Atem. »Was? Wie?«
»Der Haupteingang zur Höhle wird von drei Männern bewacht. Aber ich glaube, es gibt noch einen Eingang, denn da ist ein Wachmann, der immer ein bisschen vom Haupteingang entfernt sitzt, in einer Senke, in der ein Haufen Steine liegt.«
»Aber Saf«, sagte Bitterblue, »du gründest deine Vermutungen und deinen Angriffsplan einzig auf die Position eines Wachmanns? Du hast den Eingang nicht selbst gesehen?«
»Sie haben vor, dich zu erpressen«, entgegnete Saf. »Sie wollen das Recht, einen neuen Gefängnisvorsteher auszuwählen, drei neue Richter für dein Oberstes Gericht und die Monsea-Wache, die für die Oststadt zuständig ist, sonst werden sie es öffentlich machen, dass die Königin eine Affäre mit einem bürgerlichen Dieb aus Lienid hatte, der während eines Rendezvous ihre Krone gestohlen hat.«
Bitterblue war erneut sprachlos. Dann gelang es ihr, Luft zu holen. »Das ist mein Fehler«, sagte sie. »Ich habe zugelassen, dass sie so viel von dem, was passiert ist, mitbekommen hat.«
»Ich bin diejenige, die das zugelassen hat, Königin«, sagte Helda leise. »Ich bin diejenige, die sie hergebracht hat. Mir gefiel ihre Gabe, keine Angst zu kennen, ohne leichtsinnig zu sein. Sie war so nützlich für die heiklen Aufgaben, wie oben in die Fenster zu klettern, und sie hatte ein solches Potenzial als Spionin.«
»Ich glaube, ihr vergesst beide, dass sie ein Profi ist«, sagte Saf. »Sie hat sich doch schon vor langer Zeit in deine Nähe begeben, oder? Ihre Familie hat schon seit Ewigkeiten in diesem Schloss gestohlen und Fox hier in deiner Nähe platziert. Und ich habe ihr die Arbeit kinderleicht gemacht, indem ich ausgerechnet deine Krone gestohlen und sie ihnen direkt ausgehändigt habe. Das ist dir doch bewusst, oder? Ich habe ihr eine größere Beute geliefert, als sie je hätte hoffen können, selbst zu stehlen. Ich wette, sie kennt jeden Winkel deines Schlosses, jede Geheimtür. Ich wette, sie hat sich von Anfang an in Lecks Labyrinth zurechtgefunden. Diese Schlüssel, die ich ihr aus der Tasche geklaut habe, waren wahrscheinlich ein Familienschatz – ich wette, ihre Familie hat sie schon, seit Leck gestorben ist und alle im Schloss angefangen haben, seine Sachen auszusortieren. Sie ist ein Profi, genau wie der Rest ihrer Familie, aber noch heimtückischer, weil sie vor nichts Angst hat. Ich glaube nicht, dass sie überhaupt ein Gewissen hat.«
»Das ist interessant«, sagte Bitterblue. »Glaubst du, für ein Gewissen ist Angst nötig?«
»Was ich glaube, ist, dass sie dich ohne Krone nicht erpressen können«, sagte Saf. »Weshalb ich sie heute Nacht stehlen werde.«
»Mit der Hilfe meiner Lienid-Torwache, meinst du wohl.«
»Nein«, sagte Saf scharf. »Wenn du Wachen erübrigen kannst, schick sie zur Druckerei. Ich kann das allein, und zwar ohne Aufsehen zu erregen.«
»Wie viele Männer bewachen die Höhle, Saf?«, fuhr Bitterblue ihn an.
»Also gut«, sagte er. »Ich nehme Teddy, Bren und Tilda mit. Wir haben Erfahrung mit solchen Sachen und wir vertrauen einander. Misch dich da nicht ein.«
»Teddy, Bren und Tilda«, murmelte Bitterblue. »Diese ganzen engen Familiengeschichten. Ich bin ziemlich eifersüchtig.«
»Du und dein Onkel, ihr regiert die halbe Welt«, schnaubte Saf und duckte sich dann hinter einen Sessel, als die äußere Tür knarrend aufging.
»Es ist Giddon«, verkündete Bitterblue.
Als Saf hinter dem Sessel auftauchte, setzte Giddon eine ausdruckslose Miene auf. »Ich warte, bis er weg ist, Königin«, sagte Giddon.
»Genau«, entgegnete Saf ironisch. »Dann kommt jetzt also mein theatralischer Abgang. Solltest du mir nicht irgendwas zu stehlen geben, falls Fox mich dabei sieht, wie ich aus dem Fenster klettere, und ich eine Ausrede brauche?«
Helda marschierte zum Tisch, nahm eine silberne Gabel, marschierte zurück zu Saf und hielt sie ihm brüsk entgegen. »Ich weiß, das entspricht nicht dem Standard Ihrer sonstigen Beute«, sagte sie düster.
»Stimmt«, sagte Saf erneut und nahm die Gabel entgegen. »Danke, Helda.«
»Saf«, sagte Bitterblue. »Sei vorsichtig.«
»Keine Sorge, Königin«,
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