Die Königliche (German Edition)
verstand Bitterblue nicht. »Warum wirft jeder hier alles Problematische in den Fluss?«
»Er war dabei, den Kampf zu verlieren«, sagte Giddon. »Er war kurz davor, die Krone zu verlieren. Damit Spook und Fox nicht wieder Einfluss über Sie bekommen, hat er sie in den Fluss geworfen und ist dann weggerannt.«
»Und hat sich damit selbst belastet!«, rief Bitterblue. »Was für ein Verbrechen ist es, eine Krone in den Fluss zu werfen?«
»Das größere Verbrechen wird sein, dass die Krone überhaupt in seinem Besitz war und er sie so in den Fluss werfen konnte«, sagte Giddon. »Ein Mitglied der Monsea-Wache – ganz zu schweigen von viel zu vielen Zeugen – hat es beobachtet. Als der Wachmann die drei Schläger befragte, erfanden sie eine Geschichte darüber, dass sie Saf nur deshalb verfolgt und geschlagen hätten, weil er etwas zurückgestohlen habe, dass er ihnen vor Monaten geschenkt hätte.«
»Das ist gar keine erfundene Geschichte«, sagte Bitterblue jämmerlich.
»Nein«, räumte Giddon ein, »vermutlich nicht.«
»Aber … wollen Sie damit sagen, dass sie zugegeben haben, dass sie die Krone hatten und versucht haben, sie wiederzubekommen?«
»Ja«, sagte Giddon. »Sie selbst, für sich selbst. Um Spook und Fox zu schützen, Königin, und um zu kontrollieren, was von der Sache bekannt wird. Jetzt sind Spooks Schläger zwar im Gefängnis, aber die Monsea-Wache wird keine Ruhe geben, bis sie auch Saf geschnappt hat.«
»Werden Spooks Schläger gehängt?«
»Möglicherweise«, sagte Giddon, »das kommt darauf an, was Spook ausrichten kann. Wenn sie gehängt werden, wird Spook dafür sorgen, dass ihre Familien reich beschenkt werden und rundum abgesichert sind. So lautet vermutlich die Abmachung.«
»Ich werde nicht zulassen, dass Saf gehängt wird«, sagte Bitterblue. »Ich werde nicht zulassen, dass Saf gehängt wird! Wo ist er hin? Ist er im Zugbrückenturm?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Giddon. »Ich bin zurückgeblieben, um zu sehen, wie es weiterging. Sobald es dunkel ist, werden wir nach ihm schauen.«
»Wir müssen den ganzen Tag warten?«, fragte Bitterblue. »Wir wissen es nicht vor heute Abend?«
»Ich war anschließend in der Druckerei, Königin«, sagte Giddon. »Da war er natürlich nicht, aber alle anderen, und sie hatten keine Ahnung, dass er vorhatte, die Krone zu stehlen.«
»Ich bringe ihn um.«
»Sie waren mit ihren eigenen Problemen beschäftigt«, sagte Giddon. »Gestern Abend hat es in der Druckerei gebrannt, Königin, bevor Saf weggegangen ist. Bren hat eine Rauchvergiftung genau wie zwei Mitglieder der Lienid-Torwache, weil sie beim Versuch, das Feuer zu löschen, eingeschlossen wurden.«
»Was?«, rief Bitterblue. »Geht es ihnen gut?«
»Alle sind überzeugt, dass sie wieder gesund werden, Königin. Saf hat seine Schwester aus dem Feuer gezogen.«
»Wir müssen Madlen zu ihnen schicken. Helda, kümmerst du dich bitte darum? Und was ist mit der Druckerei, Giddon?«
»Die Druckerei ist noch zu retten. Aber Tilda hat mich gebeten, Ihnen zu sagen, dass Ihre neu geschriebenen Manuskripte zum größten Teil verbrannt sind und dass sie Ihnen so bald keine Lettermatrizen liefern können. Bren hat gestern den ganzen Tag an Mustern gearbeitet, die sie Ihnen zeigen wollte, aber sie können sie in dem Durcheinander nicht finden.«
»Oh«, sagte Hava und stellte klappernd ihren Becher auf der Kaminbank ab. »Königin«, sagte sie, griff in die Tasche und reichte Bitterblue etwas. »Das ist aus dem Beutel gefallen.«
Bitterblue nahm Hava den Gegenstand ab und starrte ihn an. Es war eine kleine Holzmatrize des ersten Buchstabens des dellianischen Alphabets.
Bitterblue schloss die Finger um die Matrize, stand auf und ging benommen zur Tür.
In ihrem Turmzimmer leuchtete der Himmel seltsam durch die Glasdecke. Schnee wirbelte gegen das Fenster.
Als sie eintrat, wandte sich Thiel um, um sie zu begrüßen.
Runnemood ist in etwas Schreckliches verwickelt , hatte er einmal zu ihr gesagt. Ich dachte, wenn ich versuche zu verstehen, warum er so etwas tut, könnte ich ihn zur Vernunft bringen. Ich kann nichts anderes denken, als dass er wahnsinnig ist.
»Guten Morgen, Königin«, sagte Thiel.
Bitterblue war jenseits allen Vortäuschens, jenseits aller Gefühle, ihr Körper war nicht in der Lage aufzunehmen, was ihr Verstand unweigerlich langsam zu verstehen begann.
»Runnemood, Thiel?«, sagte sie leise. »Was es wirklich nur Runnemood?«
»Was, Königin?« Thiel erstarrte.
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