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Die Königliche (German Edition)

Die Königliche (German Edition)

Titel: Die Königliche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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mehr ich sehe und höre, desto klarer wird mir, wie wenig ich weiß.
    Ich will alles wissen.

Der Angriff in der Erzählstube zwei Tage später kam völlig überraschend für Bitterblue.
    Selbst direkt danach war ihr noch nicht klar, was passiert war, und sie fragte sich, warum sich Saf schützend vor sie gestellt hatte und einen Mann mit Kapuze am Arm packte und warum sich Teddy auf Saf lehnte und weggetreten und krank aussah. Der ganze Kampf lief so leise ab und die Bewegungen so extrem kontrolliert, dass Bitterblue, als sich der Mann mit der Kapuze schließlich losriss und Saf ihr zuflüsterte: »Stütz Teddy mit deiner Schulter. Verhalte dich ganz normal. Er ist nur betrunken«, dachte, Teddy sei wirklich betrunken. Erst als sie das Erzähllokal verlassen hatten und Teddys Gewicht zwischen ihnen schwer auf ihr lastete, begriff sie, dass sein Problem nicht der Alkohol war. Sein Problem war das Messer in seinem Bauch.
    Safs Ausdrucksweise, als er jetzt seinen keuchenden Freund mit glasigen Augen die Treppe hochschleppte, ließ jeden möglichen Zweifel daran, dass er ein Seemann war, verstummen. Saf legte Teddy auf dem Boden ab, zog sich das Hemd über den Kopf und riss es in der Mitte durch. Mit einer Bewegung, die Teddy – und Bitterblue – aufschreien ließ, riss er die Klinge aus Teddys Unterleib. Dann presste er ein zusammengeknülltes Stück Hemd auf die Wunde und sagte knurrend zu Bitterblue: »Kennst du die Kreuzung zwischen White Horse Alley und Bow Street?«
    Das lag in der Nähe der Ostseite des Schlosses. »Ja.«
    »Im zweiten Stock des Hauses an der südöstlichen Ecke wohnt ein Heiler namens Roke. Lauf, weck ihn und bring ihn zu Teddys Druckerei.«
    »Wo ist Teddys Druckerei?«
    »In der Tinker Street in der Nähe des Brunnens. Roke kennt sie.«
    »Aber das ist hier ganz in der Nähe. Es gibt doch bestimmt einen Heiler, der nicht so weit weg wohnt …«
    Teddy bewegte sich und fing an zu wimmern. »Roke«, rief er. »Tilda … sag Tilda und Bren …«
    Saf fuhr Bitterblue an: »Roke ist der einzige Heiler, dem wir trauen können. Verschwende keine Zeit. Lauf!«
    Bitterblue drehte sich um und rannte durch die Straßen, in der Hoffnung, dass Safs Gabe, was auch immer sie sein mochte, ihm half, Teddy während der nächsten halben Stunde am Leben zu halten, denn so lange würde der Weg dauern. Ihre Gedanken rasten. Warum sollte ein vermummter Mann in einer Erzählstube einen Schriftsteller angreifen und einen Dieb, der Wasserspeier stahl und Dinge, die bereits gestohlen worden waren? Was hatte Teddy getan, dass ihn jemand so schwer verletzen wollte?
    Und dann, nach ein paar Minuten des Rennens, verschwand die Frage, Bitterblues Verstand kühlte sich ab und der ganze Ernst der verzweifelten Lage wurde ihr bewusst. Sie kannte sich mit Messerstichen aus. Katsa hatte ihr beigebracht, wie man sie anderen zufügte, und Katsas Cousin Prinz Raffin, Erbe des Throns der Middluns und Heilkundiger, hatte ihr die Grenzen dessen erklärt, was Heiler ausrichten konnten. Das Messer in Teddys Bauch hatte tief gesessen. Wahrscheinlich waren seine Lunge, seine Leber und vielleicht sogar sein Magen unversehrt, aber trotzdem hatte es auf jeden Fall den Darm getroffen. Das könnte sein Tod sein, selbst wenn es einem fähigen Heiler gelang, die Löcher zu flicken, denn der Inhalt aus Teddys Darm konnte bereits jetzt in seinen Bauchraum laufen und zu einer Infektion führen – mit Fieber, Schwellungen, Schmerzen –, die kaum jemand überlebte. Wenn es überhaupt so weit kam. Vielleicht verblutete er auch vorher.
    Bitterblue hatte noch nie von dem Heiler Roke gehört und konnte seine Fähigkeiten nicht beurteilen. Aber sie kannte eine Heilerin, die schon Leuten mit Messern im Bauch das Leben gerettet hatte: ihre eigene Heilerin, Madlen, eine Beschenkte, die bekannt war für ihre wunderbaren Arzneien und unglaublichen chirurgischen Erfolge.
    Als Bitterblue die Kreuzung zwischen White Horse Alley und Bow Street erreichte, rannte sie weiter.
    Die Krankenstation des Schlosses lag im Erdgeschoss, östlich des großen Schlosshofs. Bitterblue, die sich hier nicht gut auskannte, huschte wie der Schatten einer Ratte durch einen Flur und riskierte es, einem Mitglied der Monsea-Wache, der unter einer Wandlaterne döste, Ashens Ring unter die Nase zu halten.
    »Madlen«, flüsterte sie. »Wo?«
    Der Mann räusperte sich erschrocken und zeigte in eine Richtung. »Den Flur entlang. Zweite Tür links.«
    Einen Augenblick später stand

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