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Die Königliche (German Edition)

Die Königliche (German Edition)

Titel: Die Königliche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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Algen, das andere rötlich wie seine verkniffenen Lippen. »Viele Leute in Monsea verbrennen ihre Toten, Königin«, fuhr er fort, »aber es ist nicht die traditionelle Gepflogenheit aus Monsea, wie Ihre Ratgeber sicher wissen. Es war König Lecks Gepflogenheit. Es ist seine Tradition, die wir pflegen, wenn wir unsere Toten verbrennen. Vor König Leck haben die Menschen in Monsea den Leichnam in ein mit Kräutern aromatisiertes Tuch gewickelt und um Mitternacht in der Erde bestattet, und zwar so lange, wie die Aufzeichnungen zurückreichen. Die das noch kennen, tun es immer noch.«
    Bitterblue musste plötzlich an den Friedhof denken, über den sie in den Nächten meistens lief, und an Ivan den Ingenieur, der Wassermelonen mit Grabsteinen vertauscht hatte. Was hatte es für einen Zweck, die Dinge zu betrachten, wenn man sie nicht sah? »Wenn das stimmt«, sagte sie, »warum sind wir dann nicht zur ursprünglichen Bestattungsart zurückgekehrt?«
    Ihre Frage richtete sich an Thiel, der mit geduldigem und besorgtem Blick vor ihr stand. »Ich nehme an, wir wollten die Leute nicht unnötig aufregen, Königin«, sagte er.
    »Aber warum sollte es sie aufregen?«
    Runnemood antwortete: »Es gibt keinen Grund, unsere Trauernden zu verstören, Königin. Wenn die Menschen eine Feuerbestattung wollen, warum sollten wir sie davon abhalten?«
    »Aber was ist daran Nach-vorne-Schauen?«, fragte Bitterblue verwirrt. »Wenn wir uns von Leck lösen wollen, warum machen wir dann den Menschen nicht bewusst, dass man in Monsea die Toten traditionellerweise beerdigt?«
    »Es ist nur eine Kleinigkeit, Königin«, sagte Runnemood. »Es spielt kaum eine Rolle. Warum sollte man die Menschen an ihren Kummer erinnern? Warum sollte man ihnen das Gefühl geben, sie hätten ihren Toten vielleicht auf die falsche Art die letzte Ehre erwiesen?«
    Es ist keine Kleinigkeit , dachte Bitterblue. Es hat was mit Tradition und Respekt zu tun und damit, wieder aufleben zu lassen, was es bedeutet, aus Monsea zu sein. »Ist der Leichnam meiner Mutter verbrannt oder beerdigt worden?«
    Die Frage schien Thiel sowohl zu überraschen, als auch zu erschrecken. Er ließ sich auf einen der Stühle vor ihrem Schreibtisch fallen und antwortete nicht.
    »König Leck hat Königin Ashens Leichnam verbrannt«, verkündete Todd, der Bibliothekar, »in der Nacht ganz oben an der Spitze des Fußwegs auf der Monster Bridge. Dort hielt er gerne solche Zeremonien ab. Ich glaube, ihm gefiel die großartige Kulisse und das Schauspiel der vom Feuer angestrahlten Brücken.«
    »War irgendjemand dabei, dem sie wirklich etwas bedeutet hat?«, fragte sie.
    »Nicht, dass ich wüsste, Königin«, sagte Todd. »Ich zumindest nicht.«
    Es war Zeit, das Thema zu wechseln, denn Thiel machte ihr Sorgen, wie er mit diesem leeren Blick da vor ihr saß. Als hätte seine Seele ihn verlassen. »Warum sind Sie hier, Todd?«, fragte Bitterblue barsch.
    »Viele Menschen haben die Traditionen von Monsea vergessen, Königin«, sagte Todd störrisch. »Vor allem die Bewohner des Schlosses, wo Lecks Einfluss am größten war, und vor allem die vielen Menschen in der Stadt und im Schloss, die nicht lesen können.«
    »Alle im Schloss können lesen«, entgegnete Bitterblue.
    »Ach ja?« Todd ließ eine kleine Lederrolle auf ihren Schreibtisch fallen und verbeugte sich gleichzeitig, wobei er sich irgendwie über die Geste lustig zu machen schien. Dann wandte er sich um und verließ den Raum.
    »Was hat er Ihnen gebracht?«, fragte Runnemood.
    »Haben Sie mich belogen, was die Statistiken über Lesefähigkeit angeht, Runnemood?«, fragte Bitterblue zurück.
    »Natürlich nicht, Königin«, sagte Runnemood verärgert. »Alle Bewohner des Schlosses können lesen und schreiben. Was wünschen Sie? Eine erneute Bestandsaufnahme zum Thema?«
    »Ja, eine erneute Bestandsaufnahme sowohl im Schloss als auch in der Stadt.«
    »Sehr gut. Eine erneute Bestandsaufnahme, um die Verleumdungen eines eigenbrötlerischen Bibliothekars auszuräumen. Ich hoffe, Sie erwarten nicht, dass wir bei jeder Anschuldigung, die er erhebt, Beweise vorlegen.«
    »Mit den Bestattungen hatte er Recht«, erwiderte Bitterblue.
    Runnemood atmete aus und sagte geduldig: »Das mit den Bestattungen haben wir nie bestritten, Königin. Es war das erste Mal, dass wir darüber gesprochen haben. Nun, was hat er Ihnen gebracht?«
    Bitterblue zog an dem Band, das die kleine Rolle zusammenhielt. Das Leder öffnete sich vor ihr. »Nur eine weitere

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