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Die Königliche (German Edition)

Die Königliche (German Edition)

Titel: Die Königliche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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so dass er sie wie ein Kind Brust an Brust trug. Sie schlang ihre Arme und Beine um ihn, als wäre er die Säule der Erde, einfach weil es keine andere Möglichkeit gab. Er raste die Leiter hinauf. Erst als er sie auf einer Art festem Untergrund absetzte, konnte sie über ihre Entrüstung nachdenken. Und dann war keine Zeit mehr dafür, weil er sie weiterzerrte über etwas, das sie jetzt plötzlich als Dach erkannte. Er schob sie hinauf auf das höhere Dach eines höheren Hauses und zog sie hinter sich her. Sie rannten, stiegen eine rutschige Blechschräge hinauf, über einen First, auf der anderen Seite wieder hinunter, dann auf ein anderes Dach, dann noch eins und noch eins.
    Er zog sie die Schräge des sechsten oder siebten Daches hoch zu einer angrenzenden Mauer und glitt an ihr hinab in die Hocke. Sie ließ sich neben ihm fallen und drückte sich zitternd gegen die schöne, stabile Mauer.
    »Ich hasse dich«, sagte sie. »Ich hasse dich.«
    »Ich weiß«, erwiderte er. »Tut mir leid.«
    »Ich bringe dich um«, sagte sie. »Ich …«
    Ihr war übel. Sie kehrte ihm den Rücken zu, wankte auf Knien über das Dach, krallte sich mit den Händen an rutschigem Blech fest und versuchte, gegen den bitteren Geschmack in ihrem Mund anzukämpfen. Eine Minute verstrich, während es ihr erfolgreich gelang, sich nicht zu übergeben. Sie fragte kläglich: »Und wie kommen wir hier wieder runter?«
    »Das ist die Druckerei«, sagte er. »Wir klettern direkt durch das Fenster da in Brens und Tildas Schlafzimmer. Keine Leitern mehr, versprochen. In Ordnung?«
    Die Druckerei. Nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte, kam es Bitterblue so vor, als wollte das Blech des Daches sie doch nicht abwerfen. Sie verlagerte vorsichtig das Gewicht, bis sie mit dem Rücken zur Wand saß, und rückte das Manuskript von Küssen in Monsea zurecht, das in einer Tasche vor ihrem Bauch hing. Dann warf sie einen Blick zu Sapphire hinüber. Er lag mit angezogenen Knien auf dem Rücken, das Profil im Dunkeln, und betrachtete den Himmel. Sie sah ein schwaches Glitzern in einem seiner Ohren.
    »Tut mir leid«, sagte sie leise. »Ich habe Höhenangst.«
    Er wandte ihr den Kopf zu. »Keine Sorge, Sparks. Sag mir einfach, wenn ich dir irgendwie helfen kann. Vielleicht mit Rechnen?«, schlug er fröhlich vor und wurde munter. Er steckte die Hand in seine Manteltasche und holte eine goldene Scheibe heraus, die sie wiedererkannte. »Hier«, sagte er und warf ihr die schwere Uhr in den Schoß. »Sag mir, wie spät es ist.«
    »Ich dachte, die wolltest du der Familie des Uhrmachers zurückgeben«, sagte Bitterblue.
    »Ah.« Er sah verlegen aus. »Stimmt, und das mache ich auch noch. Sie gefällt mir einfach so gut.«
    »Sie gefällt dir«, schnaubte Bitterblue. Sie öffnete die Uhr, las die Zeit ab – halb fünfzehn –, saß einen Augenblick mit den Zahlen in einem leeren Raum und verkündete Saf dann, dass es vierundzwanzig Minuten vor zwölf sei.
    »Anscheinend ist die ganze Stadt heute früh dran«, erwiderte Saf trocken.
    »Sie haben uns nicht gehört, oder? Wir würden doch nicht hier sitzen und uns die Sterne angucken, wenn sie immer noch hinter uns her wären, stimmt’s?«
    »Ich habe ein paar Hühner aufgescheucht, bevor ich die Leiter hochgeklettert bin«, sagte er. »Hast du den Radau nicht gehört, den sie veranstaltet haben?«
    »Ich war von der festen Überzeugung abgelenkt, dass ich sterben würde.«
    Ein Lächeln. »Nun, sie haben unseren Lärm übertönt, und als wir das Dach erreicht haben, waren auch die Hunde wach, worauf ich gehofft hatte. An den Hunden ist keiner vorbeigekommen.«
    »Du kennst den Stall.«
    »Er gehört einem Freund. Ich war auf dem Weg dorthin, als du aufgetaucht bist.«
    »Ich hätte dir beinahe ein Messer in den Bauch gerammt.«
    »Ja, ich erinnere mich. Ich hätte dich da in der Gasse lassen sollen. Das hätte gereicht, um sie von mir abzulenken.«
    »Wer war das? Diesmal waren es nicht einfach Schlägertypen, oder, Saf? Es waren die Leute, die versucht haben, Teddy umzubringen.«
    »Lass uns lieber darüber reden, was du da in der Tasche hast«, sagte Saf, legte einen Fuß über das Knie des anderen Beins und gähnte die Sterne an. »Hast du mir ein Geschenk mitgebracht?«
    »Das habe ich tatsächlich«, sagte sie. »Es ist ein Beweis dafür, dass ich dir helfen kann, wenn du mir hilfst.«
    »Ach ja? Dann immer her damit.«
    »Wenn du denkst, ich würde mich hier wegbewegen, irrst du dich.«
    Er kam auf dem

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