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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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gibt es dem Kuppler, und der rennt damit zur Toilette.
    Wir anderen - Sankt Prolaps und Miss America, Schwester Vigilante und die Baronin -, wir rennen kreischend und heulend hinterher. Und uns allen folgt Agent Plaudertasche mit seiner Kamera und sagt: »Bitte keine Schlägerei. Bitte keine Schlägerei. Bitte...«
    Graf Schandmaul spult sein Diktiergerät zurück, um sich noch einmal den Trommelwirbel des heißen Popcorns in der Mikrowelle anzuhören. Und das leise »Ping«, als es fertig ist.
    Hinter der Snackbar stehen nur noch der Killerkoch und Mrs. Clark.
    Für Mutter Natur ist unser Gespenst ihre Freundin Lentil. Für Miss Rotz ist das Gespenst ihre krebskranke Englischlehrerin. So wie wir das Essen ungenießbar gemacht haben, genauso könnte unser Gespenst auch das gemeinsame Werk von zwei oder drei Leuten sein. Von uns.
    In der Toilette rauscht die Spülung. Die Spülung rauscht noch einmal. Aus dem gekachelten Raum dringt ein hallendes Stöhnen. Ein frischer Schwall Wasser schwappt aus der Tür und saugt sich in den Rand des blauen Teppichs.
    Das Wasser, in dem durchweichte Papierfetzen schwimmen. Papier und Popcorn. Noch ein Geschenk von unserem Gespenst.
    Mrs. Clark starrt in die offene Mikrowelle und sagt: »Ich kann immer noch nicht glauben, dass wir sie umgebracht haben ...«
    Agent Plaudertasche schnüffelt die gebutterte Luft und sagt: »Hätte schlimmer kommen können.«
    In dem Wasser, das aus der Toilette über den Boden schwappt, angespült auf dem blauen Teppich im Foyer, sieht man kleine Stücke Fell. Buntes Katzenfell. Ein schmales schwarzes Lederhalsband. Ein paar bleistiftdünne Knochen.
    Inzwischen ist auch Direktorin Dementi zu uns gestoßen. Sie kommt gerade rechtzeitig, um den Schädel mit den winzigen Zähnen zu sehen, sauber abgenagt und von der Toilette wieder ausgespuckt.
    Auf einem Schildchen an dem Halsband steht: »Miss Cora.«
    Mrs. Clark wendet sich von Direktorin Dementis Miene ab, beobachtet sie im Spiegel hinter der Snackbar weiter und sagt: »So? Wie hätte jemand denn noch schlimmer umgebracht werden können?«

Urlaub auf Amerikanisch
Ein Gedicht über Agent Plaudertasche
    »Amerikaner nehmen Drogen«, sagt Agent Plaudertasche, »weil sie mit
    ihrer Freizeit nicht klarkommen.«
    Stattdessen nehmen sie Percodan, Vicodin, Oxycontin.

    Agent Plaudertasche auf der Bühne, in einer Hand seine
    Videokamera, eine Maske,
    hinter der sich eine Hälfte seines Gesichts verbirgt.
    Der Rest von ihm in einem braunen Anzug von der Stange.
    Braune
    Schuhe.
    Eine senfgelbe Weste. Das glatte braune Haar nach hinten
    gekämmt.
    Gelbe Fliege und weißes Frackhemd.
    Auf dem Weiß dieses Hemdes
    flimmern Filmstars.

    Kein Scheinwerfer, sondern ein Film strahlt ihn an. Agent
    Plaudertasche ist eine Leinwand,
    auf der das Publikum eines Theaters zu sehen ist.
    Reihenweise Leute, die vollkommen tonlos
    Beifall klatschen.

    Auf der Bühne steht Agent Plaudertasche. Er schont sein linkes Bein,
    steht fast die ganze Zeit ein wenig nach rechts geneigt.
    Anstelle eines Auges sieht man das rote
    RECORD
    der Videokamera leuchten.
    Anstelle eines Ohrs das eingebaute
    Mikrofon. Damit er nur sich selber hört.

    Agent Plaudertasche sagt: »Amerikaner sind Weltmeister,
    wenn es ums Arbeiten geht.«
    Ums Lernen. Um Wettbewerb.
    Aber wenn es ums Entspannen geht, sind wir Versager.
    Das bringt nichts ein. Keine Siegesprämie.
    Der Entspannteste Sportler wird bei den Olympischen Spielen
    nicht gesucht.
    Der Faulste Mensch der Welt bekommt keinen Werbevertrag.

    Sein Kameraauge auf Autofokus. Er sagt: »Wenn es ums Gewinnen
    und Verlieren geht, sind wir spitze.«
    Und ums Durchhalten. Nicht aber, wenn es ums
    Hinnehmen geht. Schulterzucken und Toleranz, das gibt's bei
    uns nicht.

    »Stattdessen«, sagt er zu sich, »haben wir Marihuana und
    Fernsehen. Bier und Valium.«
    Und Krankenversicherungen.
    Um uns nach Bedarf wieder aufzuladen.

Krüppel
Eine Erzählung von Agent Plaudertasche
    Genau in dieser Minute betrachtet Sarah Broome ihr bestes Nudelholz. Schwingt es, prüft, wie schwer es ist. Klatscht es sich in die offene Hand. Sie schiebt Dosen und Flaschen auf dem Regal über ihrer Waschmaschine hin und her, schüttelt die Kanne mit dem Bleichmittel, um festzustellen, wie viel davon noch übrig ist.
    Wenn sie mich hören könnte, wenn sie nur mal zuhören würde, würde ich ihr sagen, es ist in Ordnung, dass sie mich tötet. Das würde ich ihr sogar jetzt noch sagen.
    Mein Mietauto steht nicht weit von hier,

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