Die Kolonie
dass du es kaum festhalten kannst.
Ein Lambskin-Kondom ist bloß ein Stück Darm.
Jetzt verstehst du, womit ich es zu tun habe.
Eine Sekunde loslassen, und du bist ausgeweidet.
Nach oben schwimmen, um mal Luft zu holen, und du bist ausgeweidet.
Tust du das nicht, ertrinkst du.
Du hast die Wahl, auf der Stelle zu sterben oder ein paar Sekunden später.
Was meine Eltern finden werden, wenn sie von der Arbeit kommen, ist ein großer nackter, umgestülpter Fötus. Im trüben Wasser ihres Swimmingpools. Mit einem dicken Seil aus Adern und verdrehten Därmen am Boden angebunden. Das Gegenteil eines Jungen, der sich beim Wichsen erhängt. Das ist das Baby, das sie vor dreizehn Jahren aus der Klinik nach Hause getragen haben. Der Junge, von dem sie hofften, er bekäme ein Football-Stipendium und später ein BWL-Diplom. Der im Alter für sie . sorgen würde. Da treiben alle ihre Hoffnungen und Träume. Nackt und tot. Und um ihn schweben milchige Perlen vergeudeten Spermas.
Oder aber meine Eltern finden mich eingewickelt in ein blutiges Handtuch, auf halbem Weg vom Pool zum Telefon in der Küche zusammengebrochen, und das zerfetzte Ende meines Darms hängt mir noch aus der gelbgestreiften Badehose.
Worüber nicht mal die Franzosen reden würden.
Dieser große Bruder bei der Marine, der hat uns noch einen anderen guten Ausdruck beigebracht. Einen russischen. So wie wir sagen: »Das habe ich so nötig wie ein Loch im Kopf«, sagen die Russen: »Das habe ich so nötig wie Zähne in meinem Arschloch.«
Mnje eto nado kak subje w sadnjezje.
Diese Geschichten von Tieren, die sich, wenn sie in einer Falle gefangen sind, ein Bein abbeißen. Nun ja, jeder Kojote wird dir sagen, so ein paar Happen sind tausendmal besser als sterben.
Mensch ... selbst wenn du ein Russe bist, hast du diese Zähne eines Tages vielleicht mal dringend nötig.
Ansonsten bleibt dir nur eins übrig: Du musst dich verrenken. Schieb dir einen Arm unter die Kniekehle, und zieh das Bein hoch, bis in dein Gesicht. Schnapp nach deinem Arsch, beiß rein. Dir geht die Puste aus, und du knabberst an allem, bloß um wieder atmen zu können.
So was möchte man einem Mädchen nicht gleich am ersten Abend erzählen. Nicht, wenn man zum Abschied einen Gutenachtkuss erwartet.
Wenn ich dir erzählen würde, wie das schmeckt, würdest du nie mehr Calamari essen.
Schwer zu sagen, was meine Eltern mehr angeekelt hat: wie ich da reingeraten bin, oder wie ich mich da rausgeholt habe. Als ich aus dem Krankenhaus kam, sagte meine Mom: »Du hast nicht gewusst, was du getan hast, Schatz. Du hattest einen Schock.« Und sie lernte pochierte Eier kochen.
All die Leute, die entweder empört waren oder Mitleid mit mir hatten...
Das habe ich nötig wie Zähne in meinem Arschloch.
Heute bekomme ich ständig zu hören, ich bin zu dünn. Die Leute verstummen und sind stinksauer, wenn ich auf einer Party nicht den Schmorbraten esse, den sie gemacht haben. Schmorbraten bringt mich um. Schinken. Alles, was länger als zwei Stunden in meinen Innereien rumhängt, kommt wie neu wieder raus. Limabohnen oder Tunfisch, später auf dem Klo seh ich das alles wieder.
Wenn einem der komplette Darm entfernt worden ist, verdaut man Fleisch nicht mehr so richtig. Der Dickdarm ist ungefähr anderthalb Meter lang. Ich kann von Glück sagen, dass bei mir noch fünfzehn Zentimeter übrig sind. Jedenfalls habe ich das Football-Stipendium nie bekommen. Und auch kein BWL-Diplom. Meine beiden Freunde, der mit dem Wachs und der mit der Möhre, sind groß und stark geworden, aber ich habe niemals ein Pfund mehr auf die Waage gebracht als damals, als ich dreizehn war.
Noch ein großes Problem: Meine Eltern haben einen Haufen gutes Geld für diesen Swimmingpool bezahlt. Mein Dad erzählte dem Mann von der Wartungsfirma, das sei ein Hund gewesen. Unser Hund sei reingefallen und ertrunken. Und von der Pumpe weggesaugt worden. Auch als der Mann das Filtergehäuse aufbrach und einen glitschigen Strang da rauszerrte, einen triefenden Schlauch mit einer dicken orangenen Vitaminpille drin, selbst da noch sagte mein Vater bloß: »Der Köter war total verrückt.«
Selbst von meinem Zimmer oben konnte man meinen Alten sagen hören: »Den Hund konnten wir keine Sekunde allein lassen...«
Dann blieb bei meiner Schwester die Regel aus.
Selbst nachdem sie das Wasser im Pool ausgetauscht hatten, nachdem sie das Haus verkauft hatten und wir in einen anderen Bundesstaat gezogen waren, selbst nach der Abtreibung
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