Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
Vom Netzwerk:
den Docks von
Galvestone –, waren sie viel zu erschöpft, um
auszuprobieren, ob ihre Freundschaft auch einer körperlichen
Beziehung standhielt.
    Doch da war etwas anderes, was heimlich, still und leise zwischen
ihnen aufblühte. David wußte, daß er sich auf Bahjat
verlassen konnte, und sie hatte die gleiche Gewißheit. Sie
waren Partner. Vielleicht ist das wichtiger, als wenn wir ein
Liebespaar wären, dachte David. Immerhin ist der Zustand
ziemlich ungewöhnlich.
    Sie wollten nach New York gemäß der telefonischen
Anweisung jenes RUV-Anführers, den sie ›Tiger‹ nannte.
David ließ es geschehen. In New York war ein Hauptquartier der
Weltregierung stationiert, irgendwo in der Nähe des ehemaligen
UN-Gebäudes.
    Sie waren vom Indianerdorf in den peruanischen Anden zu Fuß
aufgebrochen, bis sie ein freundlicher Lastwagenfahrer mitnahm.
Sobald sie in der nächsten Stadt angelangt waren, wo es Telefon
und ähnliche Einrichtungen gab, fand Bahjat sofort Freunde und
Helfer von der RUV. Sie färbten Davids blondes Haar und den
spärlichen Bart, der an seinem Kinn zu sprießen begann.
Sie verpaßten ihm auch einen dunklen Teint. Nun sahen er und
Bahjat zumindest für den oberflächlichen Betrachter wie ein
junges lateinamerikanisches Paar aus.
    Dann setzten die beiden ihre Reise mit dem Pferd fort, auf
Packeseln, in einem gestohlenen Segelboot, auf Fischerbooten,
Zügen und Bussen, einmal sogar in einer gestohlenen Limousine.
Sie fuhren durch Ecuador, segelten nach Panama durch den verrotteten
und nutzlosen Kanal, durch dampfende Urwälder hinein nach
Mexiko, und schließlich – mit falschen Papieren –
durch die Kette der schwerbewaffneten Flüchtlings- und
Zollbeamten am Rio Grande.
    Während dieser Reise beobachtete David die Menschen auf der
Erde, seine Blutsverwandten, schaute zu und sammelte Erfahrungen.
    Er erfuhr, daß Hunger nicht nur weh tat, sondern auch die
Denkweise eines Menschen beeinträchtigt. Hunger konnte den
Menschen hassen lehren.
    In Panama erfuhr er, daß die Beamten der Weltregierung
bestechlich sind, und in Galvestone, daß dies bei den
Vertretern der Multis nicht der Fall war.
    In New Orleans erfuhr er, daß man keinem trauen konnte, auch
keinem überzeugten Revolutionär.
    Der Leiter der dortigen RUV-Zentrale war ein älterer Mann,
älter als sonst die RUV-Leute waren, ein breitschulteriger
ehemaliger Hafenarbeiter über dreißig, der von
spektakulären Anschlägen träumte – von grandiosen
Aufständen, die nicht nur der Stadt New Orleans sondern auch
anderen Städten galten.
    Er hieß Brady, und sein Gesicht wies die Spuren zahlloser
Kämpfe auf, die er in den Docks bestanden hatte. Er war ein
Säufer und Kettenraucher und redete zuviel. Doch als sein Blick
auf Bahjat fiel, konnte David plötzlich feststellen, daß
es ihm die Sprache verschlug und ein schemenhafter, sorgenvoller
Ausdruck sein Gesicht überschattete.
    Nach einer Sitzung, die bei Trinken, Pläneschmieden und
Rauchen die ganze Nacht in Anspruch nahm, beschloß Brady,
daß er und seine beiden Vertrauten David an die Garrison
Corporation verkaufen würden. Diese Entscheidung gab er David in
aller Ruhe bekannt, während sie in einem verrauchten Raum voller
Bierdunst auf dem Dachboden einer Kirche saßen, die an einer
Ecke der Altstadt von New Orleans stand.
    Im Raum befanden sich Brady, die beiden Gehilfen sowie Bahjat und
David. David war überrascht und schockiert, doch die anderen
grinsten.
    »Wir werden dich mitnehmen«, sagte Brady zu
Scheherazade. »Wir werden eine Menge Spaß miteinander
haben.«
    Mit einer Kraft, deren David sich gar nicht bewußt gewesen
war, packte er den nächsten Mann, wirbelte ihn durch die Luft
und schleuderte ihn durch die altersschwache Tür, die ins
Treppenhaus führte. Die Tür zersplitterte, und der Mann
flog die Treppe hinunter. Der zweite versuchte David mit einem Messer
anzugehen, aber er kam nicht an ihn heran. David erledigte ihn mit
einem Karategriff.
    Er wirbelte herum, um dem Angriff Bradys zu begegnen, aber der
Bursche lag bereits auf den Knien, winselnd und zusammengekrümmt
wie ein Stück Elend. Über ihm stand Bahjat, die kleinen
Fäuste geballt, die Zähne gefletscht.
    Jetzt wollte Bahjat türmen, doch David, einem
plötzlichen Einfall folgend, setzte das Messer, das er vom Boden
aufgehoben hatte, Brady an die Kehle, und veranlaßte ihn, eine
Bank anzurufen und eine größere Summe für Mr. und
Mrs. Able bereitzustellen. Als die Messerspitze sein Augenlid ritzte,
willigte

Weitere Kostenlose Bücher