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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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Eiland
Eins war dem ständigen Hunger und der Gefahr gewichen.
Gleichzeitig aber war er dauernd auf dem Sprung. Er hatte gelernt,
wie ein Hase zu schlafen.
    Für einen Augenblick dachte er an Evelyn. Sie wollte,
daß ich die Welt sehe, wie sie wirklich ist, erinnerte er
sich, während er auf seine braunen, rissigen Hände
hinunterblickte. Ich frage mich, ob sie auch nur die Hälfte
davon kennt, was ich erlebt habe.
    Bahjat saß neben ihm und döste. Sie sah recht
zerbrechlich und verwundbar aus. Das lange schwarze Haar fiel
über ihre Schultern, ihre vollen Lippen waren leicht
geöffnet.
    Aber wir sind Feinde, sagte David zu sich. Sobald wir in
New York sind, wird sie mich ihren Freunden von der RUV ausliefern.
Ich aber möchte bei der Dienststelle der Weltregierung einen
kurzen Besuch abstatten.
    Die Monate des Beisammenseins, die Zeit, in der sie alle Gefahren
miteinander teilten, ihr gemeinsames Leben, die Zeit, in der sie
gemeinsam dem Tod ins Auge geblickt hatten – all das war nun
vorbei. Darum wollte sie letzte Nacht nicht mit mir schlafen, dachte er.
    Und dies allein war der Grund.
    Schließlich berührte das Flugzeug den Boden, nachdem es
endlos die Dunstkuppel umkreist hatte, die über New York lag.
David bewegte sich mit den Passagieren vorwärts, die sich leise
unterhielten und im Aussteigen begriffen waren, mit Bahjat stets auf
den Fersen. Sie hatte ihn rechtzeitig gewarnt, daß das
Flughafengebäude von RUV-Leuten besetzt sei, die ihn
beobachteten, ob er auch keinen Fluchtversuch unternahm.
    Als sie durch den Gang auf den Sperrbezirk des
Flughafengebäudes zugingen, ergriff David spontan Bahjats Hand,
die sie ihm willig überließ.
    Außer den etwa 70Passagieren ihres eigenen Fluges konnte
David in dem verwahrlosten Flughafengebäude keinen Menschen
entdecken. Durch die geborstenen, verschmierten Fensterscheiben
konnte David ein paar Flugzeuge erkennen, die vor dem Gebäude
standen, aber sie sahen verlassen und irgendwie leblos aus.
    »Ich erinnere mich an früher«, klagte einige
Schritte vor David ein Passagier vernehmlich. »Damals, einen Tag
vor Thanksgiving, ha! Da ging es hier zu wie in einem Tollhaus. Es
ging einfach irre zu.«
    »Jetzt ist es besser«, meinte die kleine Frau an seiner
Seite. »Wir müssen uns nicht mehr durch die Menge
drängen.«
    Da sie kein Gepäck hatten, schlenderten sie aus dem
Gebäude – immer noch Hand in Hand – und über die
leere Straße zu einem riesigen Parkplatz. Der Parkplatz war nur
halb voll, und die meisten Autos waren Wracks: verrostet, ohne
Räder, zerbrochene Scheiben, aufgerissene Verdecke.
    Die Sonne stand tief über den Dächern jenseits der
Straße, und sie versuchte vergeblich, gegen den Dunst
anzukämpfen. Sie wärmte nicht, und der feuchte Wind, der
vom Wasser blies, drang in Davids dünne Kleider.
    Ein verhutzelter grauhaariger Mann kroch zwischen den parkenden
Autos hervor und begrüßte Bahjat. Sie unterhielten sich
kurz auf arabisch.
    Er führte sie in den entferntesten Winkel des großen
Parkraums, wo einige vermutlich noch betriebsbereite Wagen standen.
Bahjat ließ Davids Hand los und folgte ihm.
    Dieser Teil des Parkplatzes war bewacht, und einige junge
Männer mit dunklem Gesicht standen an einem zerbeulten,
sandfarbenen viertürigen Wagen. Der Alte komplimentierte Bahjat
in den Fond und hielt David die Tür auf. Dann stand er am Wagen
und winkte freundlich, während sich die jungen Leute auf den
Vordersitzen breitmachten und der Wagen davonfuhr.
    »Weiß der Fahrer, wo wir hinsollen?« fragte
David.
    »Bestimmt«, erwiderte Bahjat.
    »Wissen Sie’s?«
    »Nein«, gab sie zu.
    Ihr Ziel entpuppte sich als ein verlassenes altes Gebäude in
der Nähe eines großen Parks in Manhattan. David glaubte,
die Schrift an der Fassade noch einigermaßen entziffern zu
können: PLAZA, buchstabierte er. Sie fuhren an der Frontseite
vorbei, bogen um die Ecke, wo dann der Wagen hielt.
    Wortlos führten die zwei jungen Leute Bahjat und David durch
einen Seiteneingang ins Hotel. Alle Fenster waren verhängt und
die Türen durch gezackte Metallplatten ersetzt. An einer der
Türen klebte ein Plakat mit ausgefransten Rändern, das zu
einer öffentlichen Versteigerung einlud.
    Die Halle war voller Menschen, und es herrschte reges Treiben. Im
Saal herrschte Stimmengewirr. Fast alle waren bewaffnet. Die Leute
trugen Pistolen im Gürtel oder ein Gewehr über der
Schulter, Männer und Frauen. Einige von ihnen trugen sowohl
Pistolen als auch Gewehre.
    In der

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