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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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Brady ein.
    Dann rannten sie los – bis zum nächsten Computerterminal
einer Bank, der die ganze Nacht dienstbereit war, wo sie sich den
Betrag in Form eines Barschecks aushändigen ließen.
    Dann gingen sie ins beste Hotel von New Orleans, trugen sich als
Señor und Señora Pizarro ein, und während Bahjat
ausschließlich spanisch plauderte, wurden sie von einem echten,
lebendigen, uniformierten Pagen auf ihr Zimmer geführt.
    Der Portier schüttelte den Kopf, während sie zum Aufzug
gingen. Wieder so ein merkwürdiges Pärchen, grollte
er vor sich hin. Wo zum Teufel haben die bloß das Geld her?
Es ist einfach nicht mehr auszuhalten. Die Welt ist
ungerecht!
    Es war ein Zweibettzimmer. Während Bahjat die Dusche
genoß, schritt David auf dem dicken Teppich auf und ab und
fragte sich, was er mit ihr anfangen sollte. Dann kam sie wieder
heraus, ihr zarter Körper in ein Handtuch gewickelt. David war
schnell mit dem Duschen fertig, doch als er, ebenfalls ein Handtuch
um den Leib, ins Zimmer zurückkehrte, lag sie bereits in einem
der Betten und hatte ihm den Rücken zugekehrt.
    Er setzte sich auf ihre Bettkante. Bahjat aber sagte, ohne sich
umzudrehen: »Bitte, David… Ich weiß, was Sie wollen.
Ich kann nicht… ich kann einfach nicht.«
    David saß noch lange auf der Bettkante, dann erhob er sich,
beugte sich über sie, küßte ihre nackte Schulter und
begab sich ans andere Bett. Entgegen seiner Erwartung schlief er fast
augenblicklich ein.
     
    Am nächsten Morgen kauften Mr. und Mrs. Pizarro zwei
Flugkarten nach New York, nachdem Bahjat ein langes
Telefongespräch mit Neapel geführt hatte.
    »Tiger ist auf dem Weg nach New York«, sagte sie zu
David. »Wir sollten ihn dort treffen.«
    David nickte. Tiger war der Anführer. Sie würden sich in
New York treffen, und sie würde David dem RUV-Funker
übergeben. Man läßt sich eben nicht mit seinen
Gefangenen ein, dachte er bitter.
     
    Evelyn saß auf dem Balkon ihres Hotelzimmers in der Sonne.
Barbados war eine wunderschöne Insel, reich an üppigem
tropischen Grün, das die zerklüfteten Berghänge
bedeckte und der Luft jenes gewisse tropische Flair verlieh. Der
Himmel flammte orangerot, und das Meer glitzerte im gleißenden
Sonnenlicht. Irgendwo in der Ferne rauschte die Brandung und rollte
leicht gegen die mit weißem Sand bedeckte Bucht an.
    Doch die Stadt rund ums Hotel lag wie ein offenes Geschwür in
der gleißenden Sonne. Hohlwangige Kinder spielten in den
Straßen, wo früher die Touristen ihre Mietwagen geparkt
hatten. Jetzt gab es keine Touristen mehr. Die ganze Insel versank in
bodenloser Armut. Es gab keine Arbeit, außer bei den wenigen
Projekten, die die Weltregierung auf pathetische Art angekurbelt
hatte. Dennoch grassierte der Hunger, und es gab eine Menge Kinder. Wie Hamelins Ratten, dachte Evelyn. Kinder, wo man
hinschaute.
    Kinder mit ausgemergelten Gesichtern und aufgetriebenen
Bäuchen. Und alle Kinder schienen krank zu sein.
    Evelyn versuchte mit einem Kopfschütteln ihre Gedanken von
Barbados abzulenken. Du hast die größte Story des
Jahrhunderts im Griff, mahnte sie sich. Das ist nicht der
richtige Zeitpunkt, um sentimental zu werden, altes
Mädchen.
    Hamud hielt den Kontakt mit Scheherazade durch Zwischenträger
aufrecht. Und David hatte das RUV-Mädchen bei sich. Jeder war
hinter jedem her, mit mehr oder weniger Glück. Sie waren bis
nach New Orleans gekommen, doch dies war auch das letzte, was Hamud
von ihnen wußte. Er hatte den Kontakt mit ihnen verloren und
versuchte nun, diesen Kontakt wieder herzustellen.
    In der Zwischenzeit versuchte Evelyn dahinterzukommen, wie die RUV
eigentlich funktionierte. Hamud hatte sie kaum für einige
Stunden aus den Augen verloren, nachdem er sie vor Monaten in jener
Bar in Neapel aufgelesen hatte. Das hieß aber gleichzeitig,
daß auch Evelyn ihn ständig beobachtete.
    Sie hatte schnell herausgefunden, was er eigentlich wollte: Ruhm,
Berühmtheit und Publicity. Er wollte jene Schlagzeilen, die
Scheherazade gemacht hatte. Nun hatte er seinen eigenen
Medienspezialisten, seinen eigenen Publizisten. Und seinen eigenen
Ein-Mädchen-Harem. Evelyn erkannte, daß dieses
männliche Ich nur im Bett befriedigt werden konnte.
    Zumindest ist er erfinderisch, dachte sie und schnitt ein
Gesicht. Noch ein paar Wochen, und ich kann eine neue Karriere
beginnen – mit der Ausbildung von Callgirls.
    Hamud war der Meinung, er sei ein Tyrann, aber Evelyn wußte
schon seit langem, daß man mit solchen Männern dann

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