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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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schmerzten, und sein Magen war wie verschnürt. Das sind die Nerven, dachte er, nichts weiter als die
Nerven.
    Während des ganzen Unternehmens hatte er sich wohl
gefühlt. Keine Spur von Schwäche, selbst wenn er daran
dachte, das Sturmgewehr abfeuern zu müssen, das man ihm in die
Hand gedrückt hatte. Er hielt die Waffe in seiner mächtigen
Hand, als würde er eine überdimensionale Pistole
tragen.
    Okay, du mußtest keinen umlegen. Es ging alles glatt wie
geschmiert. Warum dann diese Schauer?
    Er wußte es. Er wollte es zwar nicht glauben, aber er
wußte es trotzdem. Es ging los. Sein Herz schlug wie rasend. Wenn ich nicht bald meinen Stoff kriege, wird mein Körper
auseinanderfallen.
     
    William Palmquist raste zum Telefon und drückte die
EIN-Taste, noch bevor das erste Klingelzeichen verklungen war. Ruths
sonst so liebliches, rundes Gesicht sah sorgenvoll aus.
    »Alles in Ordnung?« fragten sie fast gleichzeitig.
    Normalerweise hätten sie jetzt gelacht, doch diesmal nickte
er nur, als er sagte: »Die haben uns aus dem Labor abberufen.
Wir dachten, es sei eine Sonneneruption oder so was.«
    »Aber es ist noch schlimmer«, fuhr er fort. »Die
Terroristen haben die Kolonie besetzt.«
    »Ich weiß.« Ruth riskierte einen Blick über
die Schulter. »Hier an den Landedocks sind bewaffnete RUV-Wachen
aufgestellt.«
    »Geht’s dir gut? Hat man dich belästigt?«
    »Nein. Man sagte uns nur, wir sollten alle nach Hause gehen
und in unseren Wohnungen bleiben, bis wir weitere Befehle
erhielten.«
    Er schüttelte den Kopf. »Genau das hat man uns auch
gesagt, als man uns aufforderte, alle Geräte abzuschalten und
die Farm zu verlassen.«
    »Ich werde daheim sein, wenn ich einen Zug erwischen
kann.
    Hier gibt es einen Menschenauflauf. Alle Außenbediensteten
wurden gleichzeitig abberufen.«
    »Ich bin nur froh, daß du nicht draußen bleiben
mußtest. Ich habe mir sehr viel Sorgen gemacht.«
    »Mir geht’s gut, Bill«, sagte sie und lächelte
ihm zu. »Es wird alles gut gehen.«
    »Natürlich«, log er und wußte, daß auch
sie ihre Angst zu verbergen suchte.
     
    »Sie müssen mit ihnen verhandeln!«
    Cesar Villanova lächelte freudlos. »Ich wage zu
bezweifeln, ob man mich anders behandeln wird wie die anderen.
Schließlich war ich nie einer von ihnen.«
    Boweto erhob sich aus seinem Sessel und schritt die ganze
Länge des Tisches ab. Die übrigen am Tisch flüsterten
in kleinen, erschrockenen Gruppen oder starrten einfach ins Nichts,
wie Al-Hazimi.
    Am Ende des Tisches angekommen, wandte sich Boweto um und sagte:
»Sie müßten zumindest versuchen, mit ihnen zu
reden. Sie blicken zu Ihnen auf. El Libertador war ihr Held
– überall in der Welt.«
    »Bis ich mich bereit gefunden habe, mit Ihnen zu
verhandeln«, meinte Villanova.
    Boweto blickte finster vor sich hin. »Glauben Sie, daß
sie sich gegen Sie gewandt haben?«
    »Freilich.«
    »Unsinn. Sie würden nicht…«
    Die Tür schwang auf, und alle Stimmen verstummten. Einer der
bewaffneten Guerillas, ein blasser, pickliger Jüngling, der sein
Sturmgewehr auf eine Weise trug, als wär’s ein Stück
von ihm, rief: »Scheich Al-Hazimi!«
    Al-Hazimi erhob sich. »Hier bin ich.«
    Der Bursche deutete dem Scheich mit einer brüsken Bewegung
seiner Waffe an, ihm zu folgen.
    Al-Hazimi warf den anderen noch einen kurzen Blick zu, der etwa
› Wer weiß?‹ heißen sollte, und folgte
dem jungen Mann. Unmittelbar vor der Tür des Konferenzsaales
standen zwei RUV-Wachtposten, der eine war ein Mädchen. Beide
trugen automatische Waffen. Die Wache schloß die Tür,
während der Jüngling den Korridor entlangschlurfte, ohne
einen Blick hinter sich zu werfen. Al-Hazimi folgte ihm.
    Sie traten ins Freie, überquerten einen gepflegten Rasen und
gingen auf ein niedriges, langgestrecktes Gebäude aus weiß
angestrichenem Zement zu. Die Anlagen und Straßen der Siedlung
waren menschenleer. Der normale nachmittägliche
Fußgängerverkehr hatte aufgehört.
    Im Gebäude angekommen, ging der junge Mann stracks auf eine
Tür ohne Aufschrift zu und rüttelte daran. Von drinnen
antwortete eine gedämpfte Stimme. Der Bursche öffnete die
Tür und forderte Al-Hazimi brüsk zum Eintreten auf.
    Der Scheich stand nun im Hintergrund von einer merkwürdigen
Art Theater, vor Sitzreihen, die nach oben anstiegen, eine Art Pult
vor jedem Sitz. Die meisten Sitze waren nicht besetzt, doch unten in
den ersten beiden Reihen saßen Techniker über Konsolen
gebeugt, und ihre Finger glitten über die

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