Die Kolonie
überleben.«
Cyrus Cobb hatte alle seine Besucher zu einem Arbeitsessen
geladen. Nun waren die Tische abgedeckt, und da sich die Gäste
zu kleinen Gruppen zusammenfanden, um anstehende Fragen zu
besprechen, entschuldigte er sich und begab sich in sein Büro.
Der Konferenzraum befand sich im obersten Stockwerk des
Verwaltungsgebäudes. Cobbs Büro aber lag im
Erdgeschoß, drei Stockwerke tiefer. Er ließ den Aufzug
stehen und begann die Treppen hinunterzusteigen.
Als er um die Ecke bog, um die nächste Treppe zu nehmen,
tauchte eine Gruppe von Männern und Frauen vor ihm auf, die die
Treppe heraufstürmten, Gewehre in der Hand.
Und David war mitten unter ihnen!
»Was, in aller Welt…«
Augenblicklich war er umzingelt.
»Stehenbleiben!« rief ein dunkelhäutiger Mann mit
ernstem Gesicht. Die Gruppe drängte die Treppe hinauf, aber
David und ihr Anführer blieben auf dem Treppenabsatz stehen.
»Dr. Cobb…« In Davids Gesichtsausdruck vermischten
sich Schuldbewußtsein, Scham und Zorn.
»Sie sind Cyrus Cobb«, sagte der Anführer und
fuchtelte ihm mit einer blaugrauen automatischen Pistole vor dem
Gesicht herum.
»Wer, zum Teufel, seid ihr?« grollte Cobb.
»Sie können mich Tiger nennen. Ich bin der Anführer
der RUV, und Sie sind mein Gefangener.«
»Die sind drauf und dran, die ganze Kolonie zu
besetzen«, meinte David und schaute traurig drein. »Sie
haben bereits das Kommunikationszentrum und die Docks in ihrer
Gewalt. Eine weitere Gruppe ist dabei das Kraftwerk zu
besetzen.«
»Und dich haben sie auch erwischt, was?« meinte
Cobb.
David breitete die Hände in einer hilflosen Geste aus. Sein
Gesicht war knochendürr, hager, seine Augen lagen tief in den
Höhlen und waren von dunklen Ringen umgeben, an seinem Kinn
sproß ein mehrere Tage alter blonder Bart.
»Sie werden mich jetzt in Ihr Büro führen«,
sagte Hamud zu dem alten Mann. »Ich möchte Ihr fabelhaftes
Überwachungssystem sehen – das Nervenzentrum der Kolonie,
wie man mir berichtet hat.«
Cobb spürte plötzlich seine Jahre. Er ließ die
Schultern hängen. Doch David nahm ihn am Arm und hielt ihn fest.
Cobb schaute den jungen Mann an. Etwas in seinen Augen…
Cobb richtete sich kerzengerade auf und sagte scharf: »In
Ordnung, mein Täubchen. Folgen Sie mir!«
Sie stiegen die Treppe zum Erdgeschoß hinunter. Cobb sah die
verstreuten Leichen der Sicherheitsgarde. Die Fliesen des
Fußbodens waren blutbefleckt. Am Haupteingang standen zwei
Guerillas. Zwei weitere räkelten sich in den Sesseln der Halle,
die Gewehre im Schoß. Sie hatten nicht im Traum daran gedacht,
die Leichen beiseitezuschaffen.
Mit zusammengepreßten Lippen und innerlich kochend vor Wut
führte Cobb Hamud und David durch das Außenbüro in
sein Beobachtungskabinett.
Hamud starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die Hunderte von
Bildschirmen, die in dem hohen, gewölbten Raum angebracht waren.
Cobb begab sich zu seinem Podium und stellte sich neben den hohen
Drehsessel. David machte unsicher ein paar Schritte zwischen den
beiden hin und her.
»Ich kann alles sehen!« rief Hamud und drehte sich
mehrmals um die eigene Achse. »Das ist ja, als wäre man
Allah!«
Sein wie ein Gott, sagte David bei sich. Da war die
Empfangshalle, durch die sie gekommen waren. Und auf dem
nächsten Bildschirm waren die Raumschiffdocks zu sehen, wo jetzt
die Arbeiter ausgeladen wurden, die von den Plattformen
zurückkehrten. Dörfer und Wälder, Seen und Kulturland,
von gelb lackierten Maschinen gepflegt, die nicht größer
waren als ein Golfwagen.
Hamud drehte sich um und erblickte einige Bildschirme, die
komplizierte Mechanismen zeigten. Auf anderen Schirmen wiederum waren
riesige Bäume zu sehen, eine ganze tropische Welt ohne
Gebäude irgendwelcher Art. Daneben aber zeigten andere
Bildschirme niedrige Paläste aus Steinen von reinstem Weiß
und Kristall, mitten in diese tropische Landschaft gesetzt. An einem
der Gebäude konnte er die Embleme des Scheichs Al-Hazimi
entdecken.
»Wo steht dieses Haus?« fragte er und zeigte auf den
Bildschirm.
Der alte Cobb blickte eher zornig als erschrocken drein. »In
Zylinder B, wo die Mitglieder des Gremiums wohnen.«
»Scheich Al-Hazimi?«
»Ja. Und die anderen – Garrison, St. George, alle
fünf.«
Hamud grinste hämisch. »Ich werde jedem von ihnen einen
Besuch abstatten. Der Scheich war früher einmal mein
Arbeitgeber.«
»Er ist nicht daheim«, versetzte Cobb trocken. »Er
nimmt an der Konferenz mit Boweto und El Libertador
Weitere Kostenlose Bücher