Die Kolonie
teil.«
Cobb drückte einen Schalter, und auf dem größten
Bildschirm mitten auf der gegenüberliegenden Wand erschienen die
Konferenzteilnehmer an einem Tisch, ins Gespräch vertieft.
»Ja, da ist der Scheich«, sagte Hamud mit einem
heißen Gefühl der Befriedigung, das ihn durchströmte.
»Ich werde ihn bei der Konferenz besuchen… und dann werde
ich mich aufmachen und mal nachsehen, wie diese
Milliardärshäuser eigentlich ausschauen.«
Völker der Welt! Sturmeinheiten der RUV haben Eiland Eins
besetzt. Die Festung der Multis wurde erstürmt, ihre Macht
über die Energieversorgung aus dem Weltraum gebrochen. Die
Konzerne und ihre Steigbügelhalter in der Weltregierung werden
nie mehr in der Lage sein, den Energiepreis so hoch anzusetzen,
daß die armen Völker dieser Erde ihn nicht bezahlen
können. Ein neuer Tag bricht an!
Wir von der RUV legen folgende bedingungslose Forderungen vor:
(1) Alle Anti-RUV-Aktivitäten müssen überall auf der
Welt mit sofortiger Wirkung eingestellt werden; (2) die Weltregierung
ist aufzulösen; (3) die Nationalen Regierungen müssen der
RUV ihre Pforten öffnen; (4) alle multinationalen Konzerne
müssen unter der Kontrolle der RUV in kleinere,
nichtmonopolistische Einheiten unterteilt werden.
Solange diese Forderungen nicht erfüllt werden, wird von
den Sonnensatelliten keine Energie mehr an irgendeine Empfangsstation ausgestrahlt.
Unter den Gefangenen, die wir auf Eiland Eins als Geiseln
festhalten, befinden sich u. a.: Kowie Boweto, amtierender
Präsident der Weltregierung; T. Hunter Garrison von den Garrison
Enterprises; Scheich Gamal Al-Hazimi…
- Rundfunksendung über alle Frequenzen
von Eiland Eins am 7. Dezember 2008.
38. Kapitel
Gamal Al-Hazimi saß am Konferenztisch, als die RUV-Nachricht
von der Machtübernahme über alle privaten und kommerziellen
Rundfunk- und Fernsehsender sowie Hologrammkanäle über die
Erde verbreitet wurde.
Die Konferenzteilnehmer ahnten nichts von dem, was um sie herum
vorging. Al-Hazimi saß tief in seinen geschnitzten Sessel
zurückgelehnt und verfolgte die mit eiskalter Höflichkeit
geführte Diskussion zwischen den Diplomaten. Seine Gedanken aber
wanderten zu seiner Tochter.
Kowie Boweto schien sich zu langweilen. Seine Adjutanten schlugen
sich mit Verfahrensfragen, Protokollen und Tagesordnungspunkten
herum. Der Afrikaner sah aber ganz danach aus, als wollte er all dem
Gerede ein Ende machen und El Libertador direkt ansprechen.
Auch der Lateinamerikaner schien unzufrieden, registrierte Al-Hazimi.
Er war hierhergekommen, um Verträge auszuhandeln und nicht, um
die Dinge zu zerreden.
Bahjat dürfte inzwischen eingetroffen sein, dachte
Al-Hazimi. Ob sie es mir übelnehmen wird, daß ich sie
nicht am Landedock begrüßt habe? Wie dem auch sei, ich
muß die Zügel straff halten. Ich habe es vor allem meiner
mangelnden Strenge zu verdanken, daß sie mir entglitten
ist.
»Die Besteuerung ist eine viel zu komplizierte Angelegenheit,
um sie auf die vorläufige Tagesordnung zu setzen«, sagte
ein Funktionär der Weltregierung. Seine Stimme hörte sich
sanft und gepflegt an, als wäre er darauf bedacht, keinen auf
irgendeine Weise zu verletzen. Man wird dich zum Schweigen
bringen, bevor du’s dir versiehst, murmelte Al-Hazimi
unhörbar vor sich hin.
Der Argentinier, der als El Libertadors Sprecher fungierte,
zuckte die Achseln. »Mag sein. Doch die Frage der lokalen
Autonomie…«
Ich könnte mich entschuldigen und zum Landedock gehen, sagte sich Al-Hazimi. Oder noch besser, ich könnte sie in
ihrem Quartier aufsuchen, sobald sie gelandet ist. Dann würde es
zwar so aussehen, als hätte ich sie erwartet, aber um ihrer
Ankunft nicht…
»Nein!«
Das Wort fiel zwar ganz leise, doch alle, die um den langen Tisch
herumsaßen, hörten plötzlich auf zu sprechen. Einen
Augenblick lang war nichts weiter zu hören als das Summen der
Ventilatoren in den Schächten, die in die Decke eingebaut
waren.
Aller Augen richteten sich auf El Libertador.
»Ich sage nein.« Seine ruhigen grauen Augen musterten
die Leute am Konferenztisch, dann ruhte sein Blick auf Boweto.
»Wir sind hier, um uns zu verständigen und nicht, um
darüber zu debattieren, wie viele Engel auf einer Nadelspitze
tanzen können.«
Boweto grinste, wobei er die Zähne entblößte.
»Das ist auch meine Meinung«, sagte er und ließ die
Hand leicht auf die Tischplatte fallen.
»Aber Sir«, bemerkte der Adjutant, der neben ihm
saß, »diese Dinge sind viel zu wichtig,
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