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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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Zumindest
hatte sie einen Balkon und Fenster, die ins Grüne gingen. Doch
das hatte schließlich jeder.
    Bevor er sich’s versah, saß sie neben ihm, sie tranken
Kaffee und unterhielten sich.
    »Fühlen Sie sich hier oben nicht einsam?« fragte
Evelyn. »Ich meine, jeder andere kann auf die Erde reisen und
seine Freunde oder seine Familie besuchen. Sie müssen sich ja
furchtbar verlassen vorkommen, wenn Sie die ganze Zeit allein hier
herumsitzen.«
    »So schlimm ist es auch wieder nicht«, erwiderte er.
»Ich habe ein paar Freunde.«
    »Ist Ihre Familie auch hier?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe keine
Angehörigen.«
    »Oh, dann sind sie wahrscheinlich auf der Erde.«
    »Nein«, sagte er. »Ich… ich habe einfach
keine.«
    »Sie stehen ganz allein?«
    »Nun, ich habe das bisher nicht so gesehen. Doch ja, ich
glaube, ich bin alleinstehend.«
    Evelyn schwieg einen Augenblick lang. Sie sieht aus wie ein
beleidigtes Kind, dachte David.
    »Auch ich bin hier oben ganz allein«, sagte sie mit
sanfter Stimme. »Es… es macht mir Angst, so weit von meinen
Freunden und meiner Familie entfernt zu sein.«
    Er hob ihr Kinn zu sich empor und küßte sie. Sie
klammerte sich einen Augenblick lang an ihn, dann öffneten sich
ihre Lippen, und sie wurde plötzlich leidenschaftlich. Er
spürte, wie sich ihr Körper an den seinen drängte, und
er hielt sie fest umschlungen. Sie lehnten sich zurück,
streckten sich nebeneinander auf der Couch aus, und er begann, ihr
das Kleid von der Schulter zu streifen.
    »So schaffen wir’s nicht«, flüsterte sie, und
in ihrer Stimme war ein leises Kichern. Als er sie zärtlich
berührte, richtete sie sich kurz und geschmeidig auf und zog das
Kleid über den Kopf. Eine weitere schnelle Bewegung ihrer
Hüften, und sie war nackt. Er begann sich seines Hemdes zu
entledigen.
    »Schschsch.« Sie küßte ihn und flüsterte
dann: »Laß mich machen. Lehn dich zurück und
schließ die Augen.«
    Sie brauchte bedeutend länger, um ihn auszuziehen, viel
länger, als er bei ihr gebraucht hatte, aber David kümmerte
sich nicht darum. Er spürte ihre Hand, ihren Körper, ihre
Zunge an sich, ihr schweres, welliges Haar an seinen Oberschenkeln
– er streckte die Hand nach ihr aus und zog sie zu sich herauf.
Sie schwang sich auf ihn, wie er sich in den Sattel seines Motorrades
geschwungen hatte, und nach einem kurzen heftigen Ritt explodierte er
in ihr.
    Irgendwie fand er sich mit ihr im Schlafzimmer wieder unter einer
schmeichelweichen Decke. Sie lag neben ihm, den Kopf in die Hand
gestützt, während die andere Hand leicht über seinen
Brustkorb streichelte.
    »Ich muß eingenickt sein«, stammelte er.
    »Hmm«, erwiderte sie, dann lehnte sie sich herüber
und küßte ihn. Er erwiderte ihren Kuß, und sie
umarmten sich wieder. Diesmal ließen sie sich Zeit.
    Dann lagen sie im Bett beieinander, und er starrte zur schattigen
Decke hinauf.
    »Jetzt hast du wohl keine Angst mehr vor der
Dunkelheit?«
    »Nein, diese Dunkelheit tut gut. Ich spüre deine
Nähe. Ich bin nicht mehr allein.«
    »Ich mag wetten, daß du als Kind immer mit einem
Teddybären geschlafen hast.«
    »Natürlich«, erwiderte sie. »Du
nicht?«
    »Ich hatte ein Computerterminal an meinem Bett. Und der
Bildschirm war auf der anderen Seite in die Wand eingelassen.
Freilich habe ich über Teddybären gelesen. Christopher
Robin und all diese Geschichten.«
    »Bist du immer allein gewesen?« fragte Evelyn.
    »Nun, eigentlich nicht. Ich hatte stets eine Menge Leute um
mich… Freunde, Dr. Cobb…«
    »Aber keine Familie?«
    »Nein.«
    »Nicht einmal die Mutter?«
    Er drehte sich auf dem Kissen um und schaute sie an. In der
Dunkelheit konnte er ihre Züge nicht erkennen, er sah nur den
Mondglanz ihres Haares und die Kurven ihrer nackten Schulter.

    »Evelyn«, sagte er langsam. »Ich darf nicht
darüber sprechen. Man möchte aus mir keine sensationelle
Story machen. Die Medien würden hier einfallen wie ein Rudel
Wölfe.«
    »Du bist das Retortenbaby.«
    Seiner Brust entrang sich ein tiefer Seufzer. »Also
weißt du’s.«
    »Ich nahm es an. Auf der Erde war ich beim Nachrichtenmedium.
Dort kursierten ähnliche Gerüchte schon seit
Jahren.«
    »Ich bin ein genetisches Experiment«, sagte er,
»ein genetischer Versuch besonderer Art. Ich wurde nicht auf die
übliche Weise geboren. Ich wurde hier in den biologischen Labors
gezeugt. Ich bin das erste und einzige Retortenkind auf der
Welt.«
    Für einen langen Augenblick verhielt sie sich still.

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